Folgt die Online-Plattform Swissquote der gestiegenen Nachfrage und nimmt aktuell zahlreiche weitere Kryptowährungen ins Programm, wie vor einigen Tagen schon Revolut, kommt dieser Ausbau kommt nicht von ungefähr.
Die Zeichen der Zeit sind schlecht zu übersehen: Apps und Handelsplattformen sind am Boomen, Plattformen, die ihren Kunden neben Aktien und ETFs auch das Kaufen, Halten und Verkaufen von Kryptowährungen anbieten, haben die Nase noch etwas weiter vorn. Im Ausland und im Inland.
Das hängt mit der gestiegenen Attraktivität von Kryptos zusammen, die langsam massentauglich werden, allerdings nicht nur. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie haben Private und Neukunden in Massen generell die Börsen für sich entdeckt, Anlagen in Kryptowährungen sind dabei eine willkommene Erweiterung.
Das erhöhte Interesse an Börsengeschäften belegen unter anderem die Handelszahlen von SIX im März – von Flaute keine Spur, im Gegenteil.
Privatkunden handeln autonom auf Online-Plattformen
Handelsplattformen wie Robinhood in den USA, Trade Republic in Deutschland oder auch Swissquote in der Schweiz verzeichnen einen massiven Zuwachs an Neukunden. Spezialisierte Apps, welche für ihre Nutzerinnen und Nutzer den Handel mit Kryptowährungen einfach und komfortabel gestalten, surfen auf derselben Welle.
Hatte zum Beispiel die Krypto-App der Stuttgarter Börse, Bison, unmittelbar vor der Corona-Pandemie gerade die Marke von 100'000 Nutzern geknackt, wir haben berichtet, sind ein Jahr später bereits 400'000 Kunden mit im Boot. Andere Apps und Plattformen in Deutschland, Österreich und auch in der Schweiz haben ebenfalls Hochkonjunktur, was zuweilen zu einem akuten Stau beim Onboarding führen kann, wie das Beispiel von Bitcoin Suisse zeigt, wir haben berichtet.
Der Boom von Online-Plattformen für Aktienhandel und Krypto-Apps hat Gründe
Ob Aktien, ETFs, Derivate oder eben Kryptowährungen, mit der neuen Masse der privaten Anleger ist zu rechnen. Der Zustrom ist nicht erstaunlich, hat mehrere Gründe und bleibt erklärbar.
Zum einen hält die Phase der Minuszinsen an, Banken senken vermehrt ihre Schwellen und belasten Kunden mit Strafzinsen. Die vor Jahren traditionellerweise gute Idee, Cash als Spareinlagen auf dem Konto zu halten, entwickelt sich für Privatkunden zur Geldvernichtungs-Maschine.
Ergo haben Bankkunden die Wahl, ihr Geld in Produkten ihrer Bank anzulegen oder die finanziellen Geschicke selbst in die Hand zu nehmen.
Zum anderen, und das hängt mit dem soeben ausgeführten Punkt zusammen, hat die Corona-Pandemie die Lebens- und Arbeitsgewohnheiten verändert. Zum Teil ziemlich drastisch. So wie aufs Mal sehr viel mehr Zeit für Netflix und andere Ablenkungen zur Verfügung stand, so blieb auch mehr Raum, um über die eigenen Finanzen nachzudenken.
Dazu kommt: Menschen, die von der Corona-Pandemie nicht existenziell betroffen sind, haben ihre Sparquote zum Teil erheblich erhöhen können. Fallen durch Lockdowns und Home Office bisherige Ausgaben für Auslandferien, Essengehen, Kino, Theater und mehr einfach weg, bleibt deutlich mehr Geld im Topf. Cash, der den Kontosaldo bei der Bank nicht erhöhen sollte, dort drohen Strafzinsen.
Mit im Spiel sind Medienberichte, welche steigende Aktienkurse, interessante ETF-Renditen und die Entwicklungen in den Kryptomärkten laufend thematisieren.
Kurzfristige Ausnahmeerscheinung oder langfristiger Trend?
Das alles zusammengenommen hat dazu geführt, dass neue Privatanleger in Massen Börsen, Online-Plattformen und Krypto-Apps als neue Betätigungsfelder für sich entdeckt haben. Weil in den letzten Monaten Börsen, Aktien- und auch Krypto-Kurse in der Tendenz zwischen stark und steil nach oben zeigten, haben die ersten zaghaften Schritte von vielen Börsen-Neueinsteigern zu Erfolgen und damit zu Renditen geführt. Das macht offenbar Mut.
Bleiben Börsenneulinge und Privatanleger über Monate am Ball, gewöhnen sie sich daran, sich selbst um ihre Anlagen zu kümmern. Dazu kommt, dass Negativzinsen voraussichtlich noch länger Realität bleiben werden, ebenso Auswirkungen der Corona-Pandemie. Ziemlich wahrscheinlich deshalb, dass die einstige Ausnahmeerscheinung keine mehr ist, sondern zum langfristigen Trend wird, der sich sogar noch verstärken kann.
Anbieter bauen Plattformen und Angebote massiv aus
Sämtliche Online-Plattformen von FinTechs sind einfach zu bedienen und glänzen in der Regel mit Gebühren zwischen tief und kostenlos. Um bestehende und neue Kunden zu halten, erweitern die Anbieter ihre Angebote laufend mit neuen Finanzprodukten und auch mit weiteren Kryptowährungen.
Auch von dieser Seite sind keine Gründe in Sicht, welche die neu entdeckte Freiheit des direkten Investierens und die Freude an der autonomen Vermögensverwaltung trüben könnten. Und weil erfolgreiche Kleininvestoren Freunde haben und sich auch mit Kolleginnen und Kollegen austauschen, dürfte der Zustrom von neuen Kunden in nächster Zeit nicht versiegen.
Einzig der nächste Börsencrash könnte dazu führen, über die Waage von Chancen und Risiken erneut nachzudenken. Auch davon wäre allerdings die vermuteterweise höhere Zahl der besonnenen und zurückhaltenden Privatanleger deutlich weniger betroffen, als Börsenneulinge mit hoher oder sogar blinder Risikobereitschaft.