Ein Konsortium um den Software-Hersteller Abacus hat Swiss21 als Cloud-Lösung vor einem Jahr in den Markt gestellt. Mit einer klaren (von uns unterstellten) Absicht:
Der Markt soll mit einer komfortablen und vielseitigen Administrations-Lösung zum Nulltarif für KMU geflutet werden. Das bremst den Erfolg von Bexio, Sage und anderen Anbietern mit vergleichbaren Cloud-Bezahllösungen.
Das durch Swiss21-Kunden mehr und mehr besetzte Terrain schafft den exzellenten Marketing-Raum, um den Kostenlos-Nutzern mit wachsenden Ansprüchen in den Folgejahren verlockende Angebote zu machen: kostenplichtige Erweiterungen und smarte Zusatzleistungen. Ebenfalls aus der Cloud, mit einem Klick angedockt und selbstverständlich aus dem Hause Acacus und von anverwandten Partnern.
Das Konzept einer kompletten und kostenlosen Software Suite als Kampfprodukt und Neukunden-Generator – Umsatzerwartungen und Erträge vorsätzlich in die Zukunft verlegt.
Geht die Rechnung auf?
Sie kann dann aufgehen, wenn das Konsortium einen langen Atem hat. Davon darf man ausgehen, zumal der Haupttreiber Abacus mit Sicherheit weiss, wie Kalkulation und Rechnen geht – deshalb dürfte der lange Schnauf kalkulierter Teil der langfristigen Planung sein.
Die Komplettlösung zum Nulltarif enthält alles, was ein Kleinunternehmen für die Administration braucht: Offert- und Rechnungswesen, automatisierte Buchhaltung, Online Shop, Online-Kasse und mehr.
Swiss21 ist ein intelligent komponiertes Einstiegs-Paket und kein blosses Lockvogel-Angebot, dazu ist die 21er-Regel zu grosszügig ausgelegt: die Lösung bleibt in der Nutzung bis zu 2‘100 Belegen pro Jahr, 2‘100 Artikeln im Shop und 2‘100 Kontakten kostenlos. Kleinunternehmen stossen damit nicht allzu schnell an Grenzen.
Wo steht die Software Suite heute, die in Deutsch, Französisch und Italienisch verfügbar ist?
Das Update zum Jahrestag
Im November 2018 ist Swiss21 im Markt eingeführt worden. Funktionen und Leistungen werden laufend erweitert, ein Jahr nach Markteintritt gibt das Konsortium folgenden Zahlen und Neuerungen bekannt:
Die Zahl der Kunden
Swiss21 gibt die Zahl der Kunden mit aktuell 17'000 an. Zum Vergleich: Bexio hat im Oktober 2019 die Marke von 25'000 Kunden geknackt.
Neue Bankanbindung zur Valiant Bank
Mit zu den Komfortfaktoren gehört die Verknüpfung zur Hausbank, damit Software und E-Banking automatisch abgeglichen und laufend synchronisiert werden. Bisher mit im Boot sind Postfinance, Raiffeisen, St. Galler Kantonalbank und neu auch die Valiant Bank.
Diese Bankpartnerschaften werden weiter ausgebaut, weil sich mit jeder neuen Bank auch neue Kundensegmente öffnen.
Kostenloser Gründer-Support durch Fasoon
Startups gehören mit zu den wichtigen Zielgruppen für Swiss21. Mit dem neuen Partner Fasoon bietet das Konsortium ein neues Paket an Leistungen, das zusätzlichen Lockstoff liefern kann.
Das Online-Gründerportal verspricht kostenlos die einfache und schnelle Gründung von Personen- oder Kapitalgesellschaften. Dazu soll weder rechtliches Wissen noch der Gang zum Notar nötig sein, Fasoon nimmt Kleinunternehmen alles ab, um so rasch wie möglich zur eigenen GmbH oder AG zu kommen. Beratung, ebenfalls kostenlos, durch das Fasoon-Team inklusive.
Wie ist die bisherige Entwicklung zu bewerten?
Swiss21 hat innerhalb von zwölf Monaten 17'000 Startups und KMUs davon abgehalten, sich für Bexio, Sage oder auch für bezahlpflichtige Abacus-Produkte zu entscheiden. Das Konsortium scheut sich nicht, auch die eigene Produktlinie zu kannibalisieren – allerdings mit der Idee des Erfolges mit aufgeschobener Wirkung. Dies zulasten der Konkurrenz, welche die Wirkungskeule der 17'000 "umgeleiteten Kunden" unmittelbar spüren soll.
Abgesteckte Spielfelder ohne Gegner
Innerhalb des ersten Jahres ist ein beachtlicher Nutzerstamm generiert worden. Diese Nutzer sind auf den Servern von Swiss21 unterwegs und damit für das Konsortium jederzeit direkt ansprechbar. Interessante Ausgangslange und ein offenes Spielfeld – unter Ausschluss der Konkurrenz.
Die Frage der Quote
Die Frage stellt sich, wie hoch der Anteil der Nutzer ausfällt, der auf Jahre hinaus mit der 21-Regel zufrieden ist und gut versorgt bleibt. Von dieser Seite ist kein Umsatz zu erwarten. Die Umsätze kommen aus den Reihen der User mit wachsenden Ansprüchen, welche für Erweiterungen und Zusatzleistungen empfänglich sind.
Diese Quote hat inzwischen die gesamte Administration mit sämtlichen Daten auf Swiss21 und die Nutzer haben sich ans Produkt gewöhnt. Deshalb werden sie wahrscheinlich innerhalb der gewohnten Umgebung kostengünstig upgraden und nicht zur Konkurrenz wechseln.
Unterstützende Effekte und Multiplikatoren
Je nach Verhältnis der Quoten, könnten sich die Vorinvestitionen mittelfristig in Form von wachsenden Umsätzen und dauerhaften Erträgen mehr als bezahlt machen. Nicht zu unterschätzen sind die angeschlossenen Partnerbanken, welche als Teil der Marketing-Maschinerie für Swiss21 den Zugang zum eigenen Kundenstamm öffnen.
Dazu kommen im Laufe der Zeit weitere unterstützende Effekte durch wachsende Bekanntheit, Bewertungen und Weiterempfehlungen durch zufriedene Nutzer oder zusätzlicher Schub durch neue Kooperationen.
Schuss in den Ofen oder Aussicht auf reiche Ernte?
Die gewählte Strategie der Markt-Flutung mit einem guten Produkt zum Nulltarif, ist nicht für jeden Anbieter der richtige Weg und gepflastert mit Risiken. Der Pfad kann ins Verderben führen und den Anbieter den Kopf kosten.
Der Case in der aktuellen Besetzung jedoch ist sehr interessant und unsere Redaktion bewertet die Erfolgschancen für Abacus und Partner als hoch, dass die durchdachte und durchkalkulierte Strategie mittelfristig eher pralle Früchte tragen wird. Immer vorausgesetzt, das Konsortium bleibt am Ball, pflegt Kunden, Produkte und Partner und absolviert die selbst verordnete Durststrecke ohne einzuknicken bis ins Ziel.