SIX führt den Infoanlass für Business Software-Anbieter bereits zum sechsten Mal durch – in der aktuellen Auflage gemeinsam mit der Zürcher Kantonalbank. Unser Korrespondent Oscar Neira hat seine Eindrücke und Notizen für Sie zusammengefasst.
Roadmap | Firmenkunden mit ins Boot holen
Die Veränderung bei SIX ist spürbar, das Projekt der Harmonisierung des Zahlungsverkehrs bekommt mehr Druck und mehr Gewicht in der Kommunikation. Banken müssen ihre Firmenkunden verstärkt informieren und mit ins Boot holen.
Boris Brunner, Mitglied der Geschäftsleitung bei SIX Interbank Clearing
Deshalb betont auch Boris Brunner mehrmals, dass die Kommunikation zwischen den Banken und in diesem Fall den Software-Herstellern sehr wichtig wäre. Sein Appell: Die Banken sollen zusammen mit den Software-Herstellern ihre gemeinsamen Kunden richtig beraten und informieren. Hoffen oder darauf bauen, dass es der jeweils andere tut, könne sich fatal auswirken.
Die Banken, meint Brunner, würden die Migration bis November auf das neue SIX-System (SIC4) voraussichtlich problemlos meistern. Zumindest hat es bis jetzt, was selbst Brunner erstaunt und freut, noch keine Zwischenfälle gegeben.
Boris Brunner weiss, dass die Roadmap sehr sportlich ist und ruft die Enddaten nochmals in Erinnerung: Postfinance-Meldungen (EZAG) müssen bis Ende 2017 umgesetzt, bei den Banken (DTA) bis Mitte 2018. Danach ist Schluss und die proprietären Verfahren werden nicht mehr unterstützt.
Erst wenn diese Harmonisierung positiv und vollständig umgesetzt worden ist, kann mit der Ablösung der Einzahlungsscheine und der Einführung der QR-Rechnung gestartet werden.
Diskussionsbeiträge aus dem Publikum
Die Anfrage aus dem Publikum, ob denn die Deadline nicht ein bisschen verschoben werden könne, wird von Boris Brunner so freundlich wie bestimmt verneint. Verschieben ist keine Option.
Ein weiterer Punkt, welcher spätestens bei der Umstellung auf die QR-Rechnung kommt: Das Thema um die strukturierte oder unstrukturierte Adresse. Ein Teilnehmer meint zur neuen Anforderung der strukturierten Adresse, dass nicht die technische Umstellung das Problem wäre. Schwierigkeiten sieht er bei seinen Kunden, vor allem Spitäler, die tausende von Kunden-Datensätzen haben. Durch die gesamte Datenbank zu gehen und jeweils Strasse und die Hausnummer separat einzugeben, sieht der Diskussionsteilnehmer als eine Herkulesaufgabe für die Spitäler.
Wie macht es die Zürcher Kantonalbank?
Matthias Sailer, Leiter Produktmanagement Zahlungsverkehr und Karten bei ZKB, VR SIX Interbank Clearing
Die ZKB hat sich nicht nur für eine Umstellung der Formate entschieden, sondern gleich einen wichtigen Teil im Prozess outsourced (BPO). Die Verarbeitung des Zahlungsverkehrs wurde auf die Plattform von Swisscom übertragen, welche ja bekanntlich auf der Technologie von Finnova basiert. Das Projekt "Zahlungsverkehr der Zukunft ZaZu" hat einen dreistelligen Millionenbetrag verschlungen. Dafür ist die Bank nun äusserst modern und deutlich schlanker aufgestellt. Und damit bereit für alle Herausforderungen der Zukunft.
Matthias Sailer präsentiert die aktuelle Readiness der ISO 20022-Formate in der Bank. Die ZKB ist bereits ready, was die Zahlungsaufträge anbelangt. Sailer betont, dass die ZKB erkannt hätte, dass die Software-Hersteller die wichtigsten Partner im Projekt der Harmonisierung sind. Darum hätte die Bank speziell eine separate Testplattform erstellt, welche 24/7 erreichbar ist und kostenlos von ZKB-Partnern genutzt werden kann. Link Testplattformen für Software-Hersteller
Es stehen auch dedizierte Betreuer zur Verfügung, welche mit Rat, Tat und Informationen den Software-Herstellern zur Seite stehen. Sailer legt allen Teilnehmern ans Herz, diese Testplattform zu nutzen und ein paar Tests laufen zu lassen. Einfach um sicher zu gehen, dass die Hersteller auch ZKB ready sind.
Kommunikation mit allen Stakeholdern
Maya Bertossa, Projektleiterin Kommunikation bei SIX Interbank Clearing
Maya Bertossa referiert über das Vorgehen und die Kommunikation in den Medien und mit Verbänden. Inklusive Rückblick auf die Medienkonferenz vom 30. März 2017, welche auch offiziell den Startschuss für die Informationskampagne Activating Digital Switzerland gesetzt hat. Activating will vermitteln, dass die Harmonisierung des Schweizer Zahlungsverkehrs auf dem Weg der Digitalisierung ein enormer Schritt ist.
Bei dieser Medienkonferenz sei die Wahrnehmung und Resonanz extrem gross gewesen. Leider wäre diese ab dem dritten Tag fast komplett wieder verschwunden, meint Bertossa und legt den Teilnehmern ans Herz, dass sie sehr aktiv mit ihren Kunden über die anstehenden Veränderungen sprechen sollen. SIX würde ja ihren Beitrag dazu leisten, aber es sei kaum möglich, lückenlos alle notwendigen Teilnehmer erreichen.
Maya Bertossa ging auch kurz auf die Studie von Deloitte ein, welche die Kosten und den Nutzen der Harmonisierung des Zahlungsverkehrs ermittelt hat. Unsere Redaktion hat die Studie im Detail vorgestellt: Was es kostet und was bringt
Auch von Maya Bertossa nochmals bekräftigt: Sehr wichtig sei, dass die Banken und die Software-Hersteller, welche ja die wichtigsten Stakeholder seien für ein gelungenes Projekt, zusammenspannen und sich aktiv austauschen.
Die QR-Rechnung für den Einzahlungsschein
Thomas Reske, Head of Product Management bei SIX Interbank Clearing
Professionell und genau bis ins Detail erklärt Thomas Reske den neuen Einzahlungsschein. Dieser ist ja bekanntlich kein Einzahlungsschein mehr, sondern eben die neue QR-Rechnung.
QR-Rechnung und Zahlteil
Interessant war zu sehen, wie sich die strukturierte Befüllung des QR-Codes präsentiert. Diese Vorgaben und Inputs kamen von SWICO, dem Wirtschaftsverband der ICT-Anbieter, was eine breite Akzeptanz aller Stakeholder sicherstellt.
Reske erklärt, wie die Zahlinformationen auf einem Feld der Grösse A6 auf der Rechnung dargestellt werden sollen. Ohne rote oder orange Vordrucke, die Informationen können direkt schwarz auf weisses Papier gedruckt werden.
Den Rechnungsstellern bleibt frei überlasssen, ob sie den Zahlteil der QR-Rechnung perforieren wollen, damit beim Kunden das Gefühl des gewohnten Einzahlungsscheines entsteht.
Swiss QR-Code
SIX wird eine Validierungsplattform zur Verfügung stellen, damit die Swiss QR-Codes auch durch die Hersteller getestet werden können. Ausserdem wird SIX auch eine webasierte Lösung anbieten, damit einzelne Swiss QR-Codes korrekt erstellt werden können.
Unsere Redaktion bietet bereits jetzt schon in Zusammenarbeit mit Burgdorff & Keller eine Lösung:
Der neue Swiss QR-Code verfolgt das Ziel, dass Mobile Banking, E-Banking, E-Rechnung aber auch TWINT unterstützt werden. Konsumenten erkennen den Swiss QR-Code am Schweizerkreuz, welches in der Mitte des Codes als Erkennungsmerkmal integriert ist.
Das Kreuz mit dem Kreuz
Das Kreuz im QR-Code gibt auch diesmal zu reden, Entwickler sehen dieses Element als starke Verkomplizierung. Gestellte Frage aus dem Teilnehmerkreis: Kann man das Kreuz nicht einfach weglassen? Antwort von SIX: Nein, dieses Erkennungsmerkmal wurde von den Konsumentenorganisationen als wichtig betrachtet und es war ein Kompromiss in der Arbeitsgruppe, mit dem alle leben konnten.
In der Fragerunde kommt gleich nochmals die Diskussion über die strukturierte und unstrukturierte Adresse in Schwung – diesmal länger und ausführlicher.
Kommunikation und Termine sind klar, das Projekt der QR-Rechnung startet frühestens Anfangs 2019, wenn die Harmonisierung im elektronischen Zahlungsverkehr komplett durch ist. Bis dahin müssen die Software-Hersteller ihre Kunden informieren und auffordern, die notwendigen Änderungen anzupacken.
Die E-Rechnung und die Vision dazu
Daniel Berger, Head Business Support bei SIX Paynet
Nur gerade 20 Prozent der Rechnungen werden heute in der Schweiz digital zugestellt. Die Vision ist, dass bis in zehn Jahren mindestens 80 Prozent der Rechnungen digital versandt werden. Die E-Rechnung habe auch die höchste Zuverlässigkeit, wenn es um die Voraussage über den Zahlungseingang gehe, meint Daniel Berger. Über Paynet werden in Zukunft alle E-Rechungen abgewickelt sowie auch die bisherige Lastschrift LSV+ der Banken und Debit Direct der Postfinance harmonisiert. Diese drei Produkte werden in eins übergehen.
Und die Voraussetzungen wären sehr gut, meint Berger. In der Schweiz besteht eine Internet-Abdeckung von 91 Prozent, eine Mobile-Abdeckung von 85 Prozent und die Digitale Identität für die Schweiz ist in Planung und nimmt Gestalt an. Beste Voraussetzungen, nach Berger, damit neue Ökosysteme entstehen, welche dann hoffentlich den Kunden in den Mittelpunkt stellen. Und auf der anderen Seite das Gesundheitssystem, die Banken, den Staat und den Handel enger miteinander verbinden – sogar als Chance, dass alle Stakeholder aktiv miteinander kommunizieren.
Es wird sehr viel einfacher werden für Empfänger, sich für eine E-Rechnung zu entscheiden. Eine einmalige Anmeldung wird genügen und man ist dabei. Die Interoperabilität der Rechnungen wird gewährleistet, da in jedem E-Banking-Portal der Banken dieselbe Paynet-Plattform dargestellt wird.
Daniel Berger geht davon aus, dass auch neue branchenspezifische Dienstleister entstehen könnten. Diese operieren zwischen dem Kunden und Paynet als Multiplikatoren und Berater. Von Paynet geteilte Kommissionen können mithelfen, dass für neue Dienstleister ein Business entstehen kann.
Gewinner der digitalen Rechnung sind Rechnungssteller und Rechnungsempfänger, weil für beide Parteien Papierkram entfällt und Prozesse viel einfacher laufen. Der Empfänger profitiert zudem auch davon, dass alle seine Rechnungen elektronisch abgelegt werden und jederzeit auffindbar bleiben.
Rund um den Schweizer ISO 20022-Standard
Istvan Teglas, Senior Product Manager bei SIX interbank Clearing
Einen Überblick, wie man in der Schweiz überhaupt auf den Standard ISO 20022 gekommen ist, vermittelt der als Mr. ISO 20022 bekannte Istvan Teglas. Plus eine weltweite Übersicht dazu, welche Länder bereits mit diesem Standard arbeiten. Die Schweiz sei jedoch das Land, meint Teglas, welches den Standard komplett und konsequent über den gesamten Zahlungsverkehr integriert hat. Also End-to-End, vom Auftraggeber über die Bank, über das Clearing zur Empfängerbank, bis zur elektronischen Auslieferung an den Empfänger.
Dabei geht es auch um ein Mehr an Daten, die jeweils übermittelt werden, welche zur Bekämpfung der Geldwäscherei notwendig sind. Insbesondere im Zusammenhang mit Informationen im Einzahlungsschein oder neu dann in der QR-Rechnung.
AOS
Während der Einführung der neuen Standards ist auch aufgefallen, dass verschiedenste Banken das Thema AOS (Additional Optional Services) im Bereich Kontoauszüge unterschiedlich handhaben. Deshalb ist eine Arbeitsgruppe gegründet worden, welche diese Inkonsistenzen eruieren und ausmerzen soll. Damit die Harmonisierung in allen Bereichen harmonisch bleibt.
Guidelines und Support
Istvan Teglas platziert den Hinweis auf das SIX Validierungsportal und auch auf www.iso-payments.ch, wo sämtliche Guidelines zum Runterladen verfügbar sind. Und sollten Fragen bestehen, können diese über die Homepage direkt gestellt werden und werden auch in kürzester Zeit beantwortet.
Use Case von Proffix
Remo Kalberer, Leiter Produkt Marketing der Proffix Software
Remo Kalberer gibt einen Einblick ins Software-Geschäft – am Beispiel der Proffix Software und ihrer branchenneutralen Administrationssoftware für KMUs mit üblicherweise 1 bis 50 Nutzern.
Proffix ist bereits im November 2011 von der Postfinance für ein gemeinsames Pilotprojekt angefragt worden. Die Firma hat das Projekt auch als Herausforderung für die Mitarbeiter betrachtet und spontan zugesagt.
Im Nachhinein gesehen sei das Projekt keine Riesensache gewesen, weil Anpassungen oder neue Prozesse zum tägliche Brot der Entwickler gehören. Kalberer erklärt, dass Proffix bereits alles eingeführt hätte. Konkret den Zahlungsauftrag, inklusive Statusbericht (pain.001 und pain.002, die verschiedenen Anzeigen wie Kontoauszug sowie Belastungs- und Gutschriftsanzeige (camt.053 und camt.054) hätten die Profixx-Entwickler komplett programmiert.
Die grössten Aufwände? Die verschiedenen Varianten der Banken sowie auch das Management der mehr als zehn verschiedenen Schnittstellen.
Empfehlungen von Remo Kalberer
Gute Kommunikation intern und extern – zu den Kunden und auch zu den allfälligen Vertriebspartnern. Kalberer wünscht sich auch einen besseren Austausch als bisher mit den Banken. Und: Sobald man ISO 20022 ready sei, dies dann auch kommunizieren und verbreiten. Vorher die verschiedensten Test- und Validierungsplattformen nutzen, diese seien sehr hilfreich in der Umsetzung der bankspezifischen Spezialitäten. Und nicht vergessen: Der Kunde wird verschiedenste neue Verträge abschliessen müssen.
Kalberer freut sich auf die Zukunft mit ISO 20022 und er ist zuversichtlich, dass durch diese Standardisierung die Anpassungen in den nächsten Jahren massiv kleiner ausfallen werden. Auch deshalb, weil die Unterschiede in den Formaten zwischen den Banken verschwinden werden.
Präsentationen Infoanlass für Business Software-Anbieter
Sämtliche Präsentationen des Events 2017 sind auf der Website von SIX Interbank Clearing zum Runterladen verfügbar.
Stichworte zum Thema im Lexikon: Harmonisierung Zahlungsverkehr | QR-Rechnung | Swiss QR-Code