Heute gehört es zum progressiven Ton und fortschrittlichen Image, dass Unternehmen Künstliche Intelligenz (KI) in ihre Prozesse integrieren. Allerdings in unterschiedlicher Stärke. Eher selten sind konkrete Angaben darüber zu haben, was der Einsatz von KI an berechenbarem Nutzen oder in konkreten Zahlen bringt.
Das Riesen-FinTech Klarna agiert da offensiver. Das Unternehmen kommuniziert regelmässig, wo KI eingesetzt wird und rechnet vor, welche Einsparungen dadurch realisiert werden können. Dabei geht es nicht nur um Geld, im Vordergrund stehen personelle Ressourcen, Einsparungen an Zeit oder Effekte wie Zugewinn an Kompetenz. Alle diese Faktoren haben letzten Endes allerdings dann doch auch mit Geld zu tun.
Was bringt KI Klarna innerhalb des Unternehmens?
Klarna nutzt KI-Technologien innerhalb des Unternehmens als Instrument für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ein Schlüsselfaktor hinter der KI-Nutzung ist Kiki, Klarnas massgeschneiderte interne KI-Assistentin, welche die Large Language Models (LLMs) von OpenAI nutzt. Mit 2'000 beantworteten Anfragen pro Tag trägt Kiki wesentlich zum Management und Zugang von internem Wissen bei. Kiki generiert innerhalb von ein bis fünf Sekunden Antworten zu einer Vielzahl von Themen. Dabei sind die Antworten kontextabhängig. So passt die Antwort auf "Woran arbeitet mein Team?" genau auf die Person, die diese Frage stellt. Insgesamt nutzen bereits 85 Prozent aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kiki.
Über Kiki hinaus: 9 von 10 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Klarna (87 %) nutzen heute die Leistung der generativen KI bei ihrer täglichen Arbeit. Diese transformative Integration durchdringt sämtliche Teams, wobei nicht-technische Bereiche wie Kommunikation (92.6 %), Marketing (87.9 % ) und Rechtsabteilung (86.4 %) besonders hohe Nutzungsraten erreichen. Diese Zahlen verdeutlichen nicht nur die Vielseitigkeit von Künstlicher Intelligenz, sondern auch ihre Rolle beim Verbessern nicht-technischer Prozesse.
Beispiel Rechtsabteilung: Vertragsentwurf in 10 Minuten statt in 1 Stunde
Auch die Rechtsabteilung von Klarna setzt auf Künstliche Intelligenz, um Arbeitsprozesse zu verschlanken und erreicht bis zu 85 Prozent Effizienzsteigerung.
Das Rechts-Team verwendet ChatGPT Enterprise, um die ersten Entwürfe gängiger Vertragstypen zu erstellen. Die Dauer für die Ausarbeitung eines Vertrags lässt sich so massiv verkürzen. «Grosse Anwaltskanzleien haben mit dem Bereitstellen von Vorlagen für gängige Vertragstypen ein wirklich gutes Geschäft gemacht. ChatGPT ist allerdings noch besser als eine Vorlage, denn hier können ganz individuelle Aspekte des Vertrags bereits beim ersten Entwurf einfliessen. Anstatt eine Stunde damit zu verbringen, einen Vertrag von Grund auf neu zu erstellen oder mit einer Vorlage zu arbeiten, kann ich einen ChatGPT-Entwurf in etwa zehn Minuten überarbeiten. Statt einer Stunde können wir einen Vertrag in zehn Minuten entwerfen, der alle wichtigen Punkte beinhaltet», beschreibt Selma Bogren, Senior Managing Legal Counsel bei Klarna, die konkrete Effizienzsteigerung durch den KI-Einsatz.
Was bringt KI den Kundinnen und Kunden von Klarna?
Im Februar 2024 hat Klarna seinen KI-Kundenassistenten auf Basis von OpenAI vorgestellt. Nach einem Monat im Einsatz präsentiert Klarna erste Zahlen. Diese konkreten Zahlen zeigen, was Kundinnen und Kunden vom KI-Service haben – vor allem aber auch, von welchen Einsparungen Klarna selbst profitieren kann:
- Der KI-Assistent führte innerhalb eines Monats 2.3 Millionen Unterhaltungen, zwei Drittel aller Chats von Klarnas Kundendienst.
- Er erledigt das gleiche Arbeitsvolumen wie 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Vollzeit.
- Kundenzufriedenheit liegt gleichauf mit jener von menschlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
- Präzisere Bearbeitung von Anfragen, was zu einem Rückgang der wiederholten Anfragen um 25 Prozent führt.
- Kundinnen und Kunden erledigen ihre Anliegen jetzt in weniger als 2 Minuten im Vergleich zu vorherigen 11 Minuten.
- Der KI-Assistent ist in 23 Märkten rund um die Uhr verfügbar und kommuniziert in mehr als 35 Sprachen.
- Durch den KI-Assistenten schätzungsweise 40 Millionen US-Dollar Gewinnsteigerung für Klarna im Jahr 2024.
Sämtliche präsentierten Zahlen stammen von Klarna und spiegeln die ersten Erfahrungen mit dem KI-Kundenassistenten.
Klarna senkt Agenturkosten weltweit um 25 Prozent durch KI
Klarna ist in Sachen Marketing und Werbung sehr offensiv unterwegs. Das Unternehmen hat seine Vertriebs- und Marketingausgaben im ersten Quartal 2024 um 11 Prozent gekürzt, gleichzeitig die Anzahl der Kampagnen erhöht und das Marketingmaterial häufiger aktualisiert.
KI ist nach Angaben von Klarna für 37 Prozent dieser Kosteneinsparungen verantwortlich, was auf Jahresbasis etwa 10 Millionen Dollar entspricht.
Die zentralen Faktoren im Marketing in der Übersicht:
- Kostensenkung bei den Ausgaben für externe Agenturen
Klarna hat seine Ausgaben für externe Marketing-Dienstleister um 25 Prozent gesenkt, einschliesslich Übersetzungs-, Produktions-, CRM- und Social-Agenturen. Das Unternehmen rechnet mit einer mit Einsparungen von 4 Millionen US-Dollar bei den Betriebskosten. - Einsparungen bei der Bildproduktion
Die Kosten für die Bildproduktion konnten um 6 Millionen Dollar gesenkt werden, obwohl mehr Kampagnen durchgeführt und deutlich mehr Bilder erstellt wurden. Durch den Einsatz von GenAI-Tools wie Midjourney, DALL-E und Firefly für die Bildgenerierung und Topaz Gigapixel und Photoroom für finale Anpassungen sparte Klarna allein im ersten Quartal 2024 1.5 Millionen US-Dollar. - Gesteigerte Effizienz und Kreativität
In den ersten drei Monaten des Jahres 2024 wurden mit GenAI über 1'000 Bilder generiert und der Bildentwicklungszyklus von bisher 6 Wochen auf nur 7 Tage verkürzt. Diese Beschleunigung umfasst Prüfungen auf Markenkonsistenz, Bildqualität und Einhaltung rechtlicher Vorschriften.
«KI hilft uns, schlanker und schneller zu werden und besser auf die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden einzugehen», sagt David Sandström, CMO bei Klarna. «Und wir treiben tatsächlich unsere Marketingaktivitäten voran, während wir gleichzeitig mehrere Millionen Dollar pro Jahr sparen.»
Nicht nur in Bild und Kampagnen, auch im Text lässt KI die Muskeln spielen
GenAI sorgt bei Klarna auch für Einsparungen bei der Erstellung von Marketingtexten. Das Unternehmen hat den "Copy Assistant" entwickelt, ein KI-gestütztes Tool zur Texterstellung, das es dem FinTech ermöglicht, 80 Prozent aller Texte mit Hilfe von KI zu verfassen.
Klarna pflegt eine enge Partnerschaft mit OpenAI. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Klarna haben unternehmensweit bereits über 300 GPTs für den internen Gebrauch entwickelt. Allein im Bereich Marketing gibt es mehr als ein Dutzend KI-gesteuerte Projekte, unternehmensweit sind es inzwischen über hundert.
In welchem Unternehmen wird KI offensiv eingesetzt?
Um die von Klarna gelieferten Zahlen rund um KI in Relation zur Unternehmensgrösse zu setzen, hier einige Eckdaten: Das Unternehmen hat global über 150 Millionen aktive Nutzerinnen und Nutzer. Die Gesamtzahl der aktiven Händler liegt aktuell weltweit bei 550'000. Pro Tag verarbeitet Klarna 2.5 Millionen Transaktionen. Das Unternehmen hat heute über 5'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 45 Ländern an Bord.
Im profitablen 1. Quartal 2024 hat Klarna den Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 29 Prozent gesteigert. Auf Gruppenebene konnte der Bruttogewinn um 22 Prozent gesteigert werden. Durch den Einsatz von KI im gesamten Unternehmen, so Klarna, konnten die Betriebskosten um 11 Prozent gesenkt werden.