Digitalisierung – Die Schweiz hat den kulturellen Sprung noch lange nicht geschafft
Dem Vorstand von Swiss Finance Startups gehören vier Persönlichkeiten an: Christina Kehl, Gian Reto à Porta, Urs Haeusler und Thomas Brändle. Persönlichkeiten mit Haltung, Meinung und Stimme.
In einem bemerkenswerten Kommentar richtet der SFS-Vorstand den Scheinwerfer auf die Digitalisierung in der Schweiz, auf unterschiedliche Betrachtungen oder auch auf die Absenz von Fehlerkultur und auf die Rolle der Medien.
Wir bringen die Gedanken und Schlussfolgerungen von Swiss Finance Startups im Originaltext und unkommentiert – zumal unsere Redaktion bereits im Oktober 2017 ausführlich Stellung zum Thema bezogen hat.
Jan Schoch zwischen Applaus und Häme
Wenn wir wohl ein Schlagwort benennen sollten, das die Diskussion im vergangenen Jahr branchenübergreifend geprägt hat, dann wäre dies wohl: Digitalisierung. Es tut sich so einiges hierzulande. Der Bundesrat hat einen digitalen Beirat ins Leben gerufen und die Fintech-Regulierung ins Rollen gebracht. Das Land hat seinen ersten Digitaltag und seine CEOs gefeiert und sie im Zug durchs Land gefahren. Und dennoch musste einer der grossen Treiber der Digitalisierung in diesem Land in diesem Jahr ganz besonders viel Kritik einstecken. Jan Schoch, einst hochgelobt und jetzt? Acht Jahre Erfolgskurs scheinen wie vergessen. Wir wollen Pioniere, aber erlauben keine Brüche im Lebenslauf, wir wollen Hits ganz ohne Flops, wir wollen Unternehmer, aber dulden keine Misserfolge. Dabei haben wir eines nicht verstanden, Digitalisierung lebt von Visionären und Machern, nicht von Traumtänzern. Fehlschläge, Misserfolge, Trial and Error, sind der Kern von Innovation. Der alte Spruch, wo gehobelt wird fallen Späne, gilt heute mehr denn je.
Der Sprung ins digitale Zeitalter ist längst geschehen, wobei die Schweiz wohl eher geschubst wurde. Andere Standorte sind viel weiter. In Berlin, im Silicon Valley, in Singapore oder Tel Aviv konzentriert man sich auf das Wiederaufstehen, statt auf den Fall. Jan Schoch ist einer der wenigen in der Schweiz, der es wagte voranzugehen und zu gestalten. Acht Jahre lang war Leonteq DAS Schweizer Unicorn, von allen Seiten bewundert. Im neunten Jahr wurde es schwierig, ob Jan Schoch Fehler gemacht hat oder nicht, wollen wir von aussen nicht beurteilen, doch eines ist klar, die Konsequenzen wurden gezogen und es wurde gehandelt als es nötig war. Leonteq hat die Kehrtwende geschafft, in sehr kurzer Zeit wurde das Unternehmen wieder profitabel.
Wir stimmen Ruedi Maeder von MoneyToday vollends zu, der schreibt: "Und ein Glücksfall für die Schweizer Fintech-Branche bleibt Jan Schoch auch deshalb, weil er als 30-Jähriger ein Startup lanciert hat, das innerhalb von knapp zehn Jahren zum börsenkotierten Unternehmen mit beachtlicher Grösse und Ausstrahlung geworden ist." Die Vision Jan Schochs ist also in keiner Weise gescheitert, sie wurde umgesetzt und ist gewachsen – sie ist ihm schlussendlich vielleicht entwachsen. Doch dies ist kein Fehlschlag, sondern der Lauf der Dinge und nichts Ungewöhnliches.
Auch wenn "Culture of Failure" derzeit im Trend zu liegen scheint, wird diese nicht gelebt. Wer ins Schlingern gerät, braucht auf Negativschlagzeilen nicht lange warten. Dabei könnten die Medien einen wertvollen Beitrag leisten, Engagement honorieren, Mut machen, nicht mit dem Finger auf den Fallenden zeigen, sondern zum Aufstehen motivieren. Das wäre die vielgelobte "Culture of Failure", die die Schweiz braucht!
Fintech Schweiz hat durch Schoch einen grossen Sprung gemacht und das bereits zu einer Zeit, in der der Begriff selbst noch weitgehend unbekannt war. Jan Schoch ist und bleibt für uns Inspiration und Vorbild.
Die Fintech-Szene der Schweiz wächst, allerdings im internationalen Vergleich eher langsam und zurückhaltend. Im Sinne eines zukunftssicheren Finanzplatzes hoffen wir daher auf mehr Jan Schochs, auf mutige, hart arbeitende Unternehmer, die visionär und umsetzungsorientiert zugleich sind.
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