Challenger-Banken

Revolut startet mit Kreditgeschäft für Privatkunden

Die App der Neo-Bank Revolut mit der Ansicht für Kredit
Bild: Revolut

Das neue Angebot für Privatkunden in ganz Deutschland: Online-Kreditantrag in der App, Bonitätsprüfung und Auszahlung in wenigen Minuten.

Die Challenger-Bank Revolut hält die hohe Schlagzahl der letzten Jahre weiterhin durch und lanciert mit Krediten für Private ein weiteres Produkt. Mit Blick auf seine "talentierte Crew", die dieses Stakkato von App-Erweiterungen möglich macht, sagt Revolut: "Wir sind kein gewöhnliches FinTech. Wir sind eine Rakete auf dem Weg zum Mond."

Ob's der Mond sein wird, bleibt noch offen – auf der Erde hat die Challenger-Bank mit dem breitesten Produkt-Angebot für über 30 Millionen Kundinnen und Kunden in acht Jahren viel erreicht. Viel ist dem FinTech nicht genug, aktuell öffnet Revolut eine weitere Produkt-Schiene und vergibt Kredite.

Privatkredit für Kundinnen und Kunden in Deutschland

Auch im neu lancierten Kreditgeschäft setzt Revolut auf Komfort und Tempo. Bestehende Kundinnen und Kunden beantragen den gewünschten Krediit vollständig digital in ihrer App. Nach positiver Prüfung der Kreditwürdigkeit wird die Kreditsumme sofort auf das Revolut-Konto ausgezahlt. Die Überprüfung der Bonität erfolgt dabei über den Abgleich der gebuchten letzten Gehaltszahlungen über den Openbanking-Datenabruf vom Girokonto des Kunden. Der gesamte Prozess soll nur wenige Minuten in Anspruch nehmen, verspricht das FinTech.

Einfache Handhabung und Flexibilität

Revolut will die Beantragung und Auszahlung eines Kredits mit einem klaren, einfachen und schnellen Prozess verbinden, der von A bis Z über die App abgewickelt wird. Kundinnen und Kunden sollen auch nach der Auszahlung den Überblick behalten und ein flexibles Produkt in ihrer App verwalten können. Dazu gehört, dass alle Informationen zum Kredit wie Saldo, Zinssatz, Laufzeit sowie die digitalen Vertragsunterlagen jederzeit in der App abrufbar sind.

Die Challenger-Bank will sich mit ihrem Kreditangebot unter anderem auch dadurch von der Konkurrenz unterscheiden, dass die volle Kontrolle über den laufenden Kredit beim jeweiligen Nutzer bleibt. So lässt sich zum Beispiel das monatliche Rückzahlungsdatum der Kreditraten in der App jederzeit ändern. Vor allem aber, und das ist ungewöhnlich, Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer können einen Teil oder den gesamten Kreditbetrag vorzeitig zurückzahlen, ohne Kostenfolgen. Die monatlichen Abrechnungen zum aktuellen Status des Kredits sind ebenfalls in der App einsehbar.

Die Konditionen und das Kleingedruckte

Revolut scheint ohne viel Kleingedrucktes auszukommen und formuliert die Bedingungen klar und deutlich. Kredite können von Privatpersonen in der Höhe von 1'000 bis zu 50'000 Euro beantragt werden. Der Kredit wird in monatlichen Raten in gleicher Höhe zurückgezahlt. Der Zinssatz wird individuell für jeden Kunden entsprechend seiner Bonität berechnet, der effektive Jahreszins liegt zwischen 4.99 und 15.99 Prozent. Die gewünschte Laufzeit ist wählbar – von 12 bis zu 96 Monaten.

Für das Darlehen fallen bei Revolut keine weiteren Kosten oder Provisionen an – weder für die Eröffnung noch für die vollständige oder teilweise vorzeitige Rückzahlung.

Start im Wachstumsmarkt Deutschland

Dass Revolut sein Kreditangebot zum Start ausgerechnet im Heimmarkt des Berliner Erzrivalen N26 ausrollt, dürfte kein Zufall sein. Vor der einschneidenden Wachstumsbremse, welche die BaFin der Neo-Bank verordnet hat, war N26 der erklärte Platzhirsch in Deutschland. Die Briten hatten Mühe, im Schatten von N26 auf die Überholspur zu kommen.

Ein Effekt, der sich mit umgekehrten Vorzeichen bereits in Grossbritannien gezeigt hat, als N26 in den Heimmarkt von Revolut eingetreten ist. Anfang 2020 hat N26 nach nur 18 Monaten seine Zelte in Grossbritannien wieder abgebrochen. So wie Revolut in Deutschland längere Zeit auf N26-Granit gebissen hat, so hat N26 im Heimmarkt von Revolut den einen und anderen Zahn verloren.

Seit November 2021 darf die Neo-Bank N26 weltweit nur noch maximal 50'000 Neukunden pro Monat an Bord nehmen. Dieses Verdikt ist für N26 extrem behindernd, die Neo-Bank ist nun schon seit eineinhalb Jahren zum Nicht-Skalieren verdammt. Eine sehr ungemütliche Situation für die Berliner Neo-Bank – für Konkurrenten wie Revolut macht das alle Spuren frei, um auch in Deutschland nicht beackertes Terrain zu besetzen.

Revolut ist mit heute weltweit über 30 Millionen Kundinnen und Kunden an der Marke von 8 Millionen bei N26 längst vorbeigezogen. Das britische FinTech vergrössert nach eigenen Aussagen aktuell seinen globalen Kundenstamm um fast eine Million – pro Monat. Revolut dürfte durch die anhaltende Wachstumsbeschränkung bei N26 heute auch in Deutschland der grössere Player sein.

Revolut gibt an, in Deutschland in den letzten 12 Monaten exponentiell gewachsen zu sein und die Kundenzahl um fast 100 Prozent gesteigert zu haben. Grösser zu werden ist das eine, Haltbarkeit zu schaffen und zu konsolidieren, das andere. Die Angebotspalette ist bei Revolut heute schon sehr breit ausgelegt. Mit jedem Angebot dazu festigt die Challenger-Bank ihre Position – global und eben auch in Deutschland. Das ist denn auch das erklärte Ziel der Challenger-Bank, die ihre Pläne mit folgendem Statement kommentiert:

"Mit diesem Kundenwachstum und heute rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland hat sich das Unternehmen darauf konzentriert, seine Investitionen im Land zu erhöhen und das lokale Team zu vergrössern, um die Bedürfnisse deutscher Nutzer besser ansprechen zu können. Kredite gehören dazu: Eine von Revolut durchgeführte Umfrage zeigt, dass Kreditprodukte für fast 20 Prozent der Deutschen zu den wesentlichen Merkmalen einer Bank gehören müssten."

Deshalb: Start mit dem Kreditprodukt zuerst im Wachstumsmarkt Deutschland. In der Anfangsphase haben nur Bestandeskunden Zugang zu den Krediten, Erweiterungen und zusätzliche Märkte werden folgen.

In welcher Verfassung ist Revolut heute?

Ohne Stethoskop und ohne Einsichten aus der inneren Medizin lässt sich sagen: Revolut ist heute hervorragend positioniert und hat sich innerhalb von acht Jahren mit an die Spitze der globalen Neo-Banken gespielt. 

Die Challenger-Bank ist mit ihren verschiedenen Erlös-Pfeilern – zum Beispiel kostenpflichte Abo-Modelle, Karten und Transaktionen, Aktien-, Rohstoff- und Kryptohandel, Vermittlungsgeschäfte im Versicherungs- und Reisebereich, neu zusätzlich das Kreditgeschäft – so aufgestellt, dass sie von Skaleneffekten zunehmend profitieren kann. Mit 30 Millionen Kunden weltweit und fast einer Million Neukunden pro Monat schlagen diese Skaleneffekte nicht nur in Erlösen, sondern auch in Erträgen durch.

Der Start mit Krediten, vorerst in Deutschland, könnte sich zu einer starken Säule entwickeln, welche die Ertragssituation zusätzlich positiv beeinflusst. Das Konsumkreditgeschäft ist für klassische Banken aufgrund der tiefen Summen und der als hoch bezeichneten Aufwände oftmals nicht sehr interessant. Bei Revolut dürften die vollständig durchdigitalisierten Prozesse das Verhältnis von Aufwand und Ertrag anders aussehen lassen – auch und gerade bei wachsender Nachfrage und steigenden Volumen.

Neo-Banken schreiben schwarze Zahlen, zum Beispiel Wise seit längerem, Nubank und auch Revolut seit kurzem. Ein vertiefter Blick zeigt, dass es jene Neo-Banken sind, die eine gewisse Grösse erreicht haben und deshalb überhaupt erst oder sogar überdurchschnittlich von Skaleneffekten profitieren können. Ob die genannten Neo-Banken tatsächlich heute schon Ernten aus früher ausgebrachter Saat einfahren können und damit bereits in stabilen Gewinn-Gewässern segeln, müssen sie erst noch beweisen. Rückschläge bleiben möglich.

Im einen wie im anderen Szenario: Revolut gehört zu den globalen Playern, die von aussen betrachtet alle Chancen haben, diesen Beweis anzutreten. Oder auch über die Ressourcen und die notwendige Widerstandsfähigkeit verfügen, um mögliche Rückschläge zu verkraften.