Wie sich Facebook für WhatsApp mobiles Bezahlen vorstellt, haben wir letzte Woche in unserem Update zu den aktuellen Facebook-Initiativen vorgestellt. Warum die Finanzindustrie die Technologie-Konzerne insgesamt im Auge behalten sollte, liegt auf der Hand.
Im Auge behalten ist das eine, selber agieren das andere. Wer aus den Erfahrungen und Aktivitäten der Tech-Giganten Erkenntnisse gewinnt, verschafft sich Vorteile. Erkannte und umgesetzte Erfolgsfaktoren lassen sich nutzen für eigene Applikationen oder für Kooperationen, um Ökosysteme aufzubauen und Netzwerke zu verstärken.
Übergeordnet gehören tragfähige Strategien sicher zu den Erfolgsfaktoren. Verbunden mit Klarheit über zukünftige Geschäftsmodelle sowie Entscheidungen über Kooperations- oder Alleingang-Modelle. Klar definierte Zielvorstellungen und ebenso konkrete Strategien sind notwendig, weil Technologie-Giganten mit jedem Service, den sie im Zahlungsverkehr anbieten, gestärkt durch Erfahrung und Erfolg Hunger auf den nächsten Schritt entwickeln.
Märkte in Bewegung
Der Markt ist in Bewegung und nicht nur Facebook mit WhatsApp, auch andere Anbieter sind aktiv. Zum Beispiel Amazon soll dem Vernehmen nach ebenfalls einen Messenger in Arbeit haben, der in Fachkreisen bereits heute als "WhatsApp-Killer" gehandelt wird. In der Applikation soll dermassen viel an Leistung und Funktionen drin sein – genug, um die Konkurrenz das Fürchten zu lehren.
Mag spannend klingen, allerdings: die Sage mit dem "WhatsApp-Killer" ist schon mehrfach kolportiert worden, jeweils mit wechselnden Protagonisten als Macher und Absender. Ob der Pokal dieses Mal wirklich an Amazon geht, bleibt abzuwarten, die Voraussetzungen sind sicher gegeben.
Betrachtet man Entwicklungsprogramme, bisherige Lösungen und Entwicklungstempo, wäre es nicht erstaunlich, würde Amazon die Branche mit einer Lösung überraschen, die neue Massstäbe setzt. Amazon ist sehr aktiv und bereits führend mit dem Sprachassistenten Alexa, der in immer mehr Haushaltungen zum digitalen Familienmitglied wird. Da passt ein multifunktionaler Messenger, der mehrere Leistungsbereiche von Amazon verbindet und der Konkurrenz bereits besetztes Terrain streitig macht, hervorragend ins Programm.
Für Banken stellt sich jedoch weniger die Frage, ob eine neue Amazon-App Facebooks WhatsApp killt oder ob Facebook die Nase vorn hat. Im Zentrum für Banken steht, wie ihre eigene Rolle im Zahlungsverkehr und im Kampf der Technologie-Giganten in Zukunft aussehen wird. Deshalb bleibt der gesamte Blick auf die Tech-Unternehmen wichtig.
Fokus-Thema für die gesamte Finanzindustrie
Was Facebook, Amazon, Apple, Google oder andere Player aktuell und in Zukunft auf die Beine stellen, entscheidet mit, wohin die Entwicklung insgesamt führen wird. Jede Initiative, jede App, jede Erweiterung der bereits dicht gewobenen Ökosysteme erreicht und involviert Millionen von Menschen und zieht Verhaltensänderungen von Konsumenten nach sich. Was mit P2P-Funktionen oder Mobile Payment Apps begonnen hat, macht in der weiteren Entwicklung als logische Weiterentwicklung vor weiteren Bereichen des Zahlungsverkehrs nicht halt. Und damit wird eine der Kerndomänen der Banken immer mehr konkurrenziert.
Kommunikations-Apps und Messenger-Applikationen mit ausgebauten Funktionen bieten Wachstumspotenzial, der Markt der Messenger Apps in Kombination mit Chatbots entwickelt sich sehr schnell. Kein Wunder, Wechat hat vorgemacht, was möglich ist und damit in China eine Marke gesetzt. Nahezu eine Milliarde Nutzer haben Wechat in ihren Alltag integriert, weil chatten nur eine der zahlreichen Funktionen der universellen App ist. Der Messenger organisiert auch Termine, reserviert den Tisch im Restaurant, ruft das Taxi und, klar, bezahlen kann er auch. Komfort eben, zahlreiche Funktionen, jederzeit nutzbar im richtigen Kontext – und alles in einer App. Eine Applikation, die laufend weiterentwickelt wird und immer mehr kann.
Entwicklungen und Verhaltensänderungen
Diese Entwicklungen zeigen, dass im Kern "simple Tools" das Verhalten von Millionen von Menschen verändern können. Und diese Verhaltensänderungen schlagen auch durch auf andere Märkte und andere Anbieter – gerade auch auf die Finanzindustrie. Im Kleinen wie im Grossen. Interessantes Detail am Rande und "zum Grossen":
In einer kürzlichen Analyse hat die New York Times Wechat als einen der Hauptgründe benannt, weshalb Bargeld und damit das Bezahlen mit Noten und Münzen in China zunehmend und sehr schnell an Bedeutung verliert. Hat die New York Times recht, setzt auch diese Analyse ein starkes Signal. Und eine Frage stellt sich, die mit Lösungen beantwortet werden sollte: Wenn eine einzige App die Kraft hat, das Bargeld- und Zahlungsverhalten einer grossen Nation spürbar zu beeinflussen, was kann diese App darüber hinaus bewirken?
Wie eine Bank oder der Verbund der Banken im Kampf um die Vorherrschaft bei Messenger Apps abschneidet, ist nur eine der Fragen. Die zweite und wesentlich grundsätzlichere Frage stellt sich im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung und mit dem Ausschöpfen von Potenzialen: Wer dominiert in Zukunft den Zahlungsverkehr als Ganzes?
Stichworte im Lexikon zum Thema: Mobile Payment | P2P | Chatbots | Digitale Transformation
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