Stable Coin

Ein Startup will den Kreditkarten an den Karren fahren

Das Innere eines PCS, die Platine mit der Aufschrift CBDC
Bild: Getty Images | simpson33

Das Zürcher FinTech Centi führt seinen an den Schweizer Franken gebundenen Stable Coin ein und sagt Kreditkarten-Gebühren den Kampf an.

Die stabilen Coins gelten dann als sicher, wenn sie 1:1 mit hinterlegten Fiatwährungen – wie zum Beispiel Dollar, Euro oder Schweizer Franken – besichert sind.

In der Vergangenheit haben Stable Coins ihr Versprechen, das sie bereits im Namen tragen, nicht durchwegs erfüllt. Algorithmische Versionen wie Terra, welche nicht durch hinterlegte Werte besichert werden, sind gecrasht. Bei anderen Stable Coins, wie zum Beispiel Tether, welche durch einen Mix von hinterlegten Assets besichert sein sollten, bestehen weiterhin Zweifel an der Zusammensetzung und der Werthaltigkeit der hinterlegten Assets.

Alternative: CBDCs als Stable Coins von der Zentralbank

Zahlreiche Länder verfolgen das Konzept von CBDCs (Central Bank Digital Currency), welche von Zentralbanken als digitale Alternative und Ergänzung zum Fiatgeld (physische Banknoten und Münzen) ausgegeben werden sollen. Das wären dann Stable Coins, deren Werthaltigkeit durch Staaten und deren Zentralbanken garantiert werden.

Durch die Anbindung an die nationale Landeswährung hat eine CBDC als digitale Schwester 1:1 denselben Wert wie die analoge Fiat-Währung eines Landes. Als nationaler Stable Coin hat die CBDC jedoch erweiterte Möglichkeiten als Aufbewahrungs- und Zahlungsmittel. Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) testet die Anwendungsbereiche einer CBDC in Form eines digitalen Schweizer Frankens. Nach eigenen Aussagen allerdings primär in der Variante einer Wholesale CBDC, die ausschliesslich Geschäftsbanken und anderen Finanzinstitutionen wie zum Beispiel Versicherern zur Verfügung stehen soll. Im Gegensatz zu einer Retail CBDC, welche von Privat- und Geschäftskunden direkt genutzt werden kann.

Die Vorteile von CBDCs liegen auf der Hand. Der "Umweg" über den Umtausch Fiatgeld gegen digitale Währung fällt weg, die digitale Währung kann direkt als Aufbewahrungs- und vor allem als digitales Zahlungsmittel verwendet werden. Das spart Zeit, Kosten und Umtriebe für alle Beteiligten, Prozesse können vereinfacht und beschleunigt ablaufen – die Transaktionskosten sinken deshalb deutlich.

Die Idee ist nicht neu, die Vereinigung der "FinTechRockers" hat bereits vor fünf Jahren den Vorschlag für einen Krypto-Franken lanciert und ein Whitepaper dazu vorgelegt, MoneyToday.ch hat berichtet, hier. Zum damaligen Zeitpunkt hat die SNB noch abgewunken, der Meinungsumschwung kam erst später.  

Die Vision des FinTechs Centi

Das Zürcher Payment Startup Centi hat im März die Einführung seines an den Schweizer Franken gebundenen Stable Coins bekanntgegeben. Das FinTech will dabei nach eigenen Aussagen die tiefen Transaktionskosten einer hochgradig performanten Blockchain mit der Rückversicherung einer Schweizer Bankgarantie in einer neuartigen Infrastruktur zur Zahlungsabwicklung kombinieren. 

Rund um den "Centi Franken" hat das Startup eine Reihe von Händler-Akzeptanzsystemen entwickelt. Händler sollen über einfach zu integrierende Lösungen den Centi Franken in ihren Online-Shops oder auch physischen Verkaufsstellen entgegennehmen können. Die Händler bekommen die Zahlungen normal auf ihr Bankkonto gutgeschrieben, wie sie es von der Kreditkartenindustrie gewohnt sind.

Das FinTech legt Wert auf die Feststellung, dass ausdrücklich keine Änderung von Buchhaltungs-Prozessen und auch kein interner Aufbau von Krypto-Wissen notwendig wäre. Mit der Akzeptanz des Centi Frankens können Händler, so das FinTech, im Vergleich zu Transaktionsgebühren von Paypal & Co über 90 Prozent einsparen. Bei Kleinstzahlungen sogar 99 Prozent.

Das FinTech zieht mit seinem Stable Coin gegen die Kartenindustrie ins Feld

Centi ist im März 2020 von einem Schweizer Kernteam von Payment- und Blockchain-Experten gegründet worden. Die Macherinnen und Macher geben sich entschlossen, argumentieren sehr kämpferisch und beschreiben ihre Mission damit, dass sie "Händler und Konsumenten aus der Abhängigkeit von der Kreditkartenindustrie befreien wollen"

Das FinTech wird konkret und formulierte seine lösungsorientere Kampfansage mit folgendem Statement:

"Centi tut dies, indem die Intermediäre mit tiefen Taschen, die in eine Kreditkartenzahlung involviert sind, ausgeschaltet werden. Centi ermöglicht die direkte Transaktion zwischen Käufer und Verkäufer und greift damit das überholte, aus den frühen 1970er Jahren stammende 4-Parteien-System der Kreditkartenindustrie an."

Bernhard Müller, CEO und Gründer von Centi, verfolgt mit seinem FinTech explizit den Ansatz, die Blockchain-Technologie für alle nutzbar zu machen – gerade auch für jene, die mit Kryptos nichts am Hut haben und sich auch kein Hintergrundwissen aneignen wollen. Müller sagt.:

Mit Centi haben wir ein neuartiges Payment Universum geschaffen, das ohne die altbekannten Player der Kreditkartenindustrie auskommt

Ein Stable Coin in der Nähe einer CBDC

Stable Coins sind in der Regel Instrumente für Krypto-Eingeweihte, die im Bereich von Handel oder DeFi-Anwendungen unterwegs sind. Das FinTech positioniert seinen Centi Franken ganz anders, er soll für die breite Öffentlichkeit und für Händler zum alltäglichen Zahlungsmittel und Gebühren-Spar-Instrument werden. 

Eine hochgradig performante Blockchain soll dabei für Tempo und reibungslose Abwicklung der Zahlungen sorgen. Sicherheit soll nach Aussagen von Centi die Tatsache bieten, dass der Centi Franken durch eine Schweizer Bankgarantie vollständig abgesichert ist.

Damit, so das FinTech, kann der Centi Franken als derjenige Stable Coin angesehen werden, der weltweit einer Implementierung einer CBDC (Central Bank Digital Currency) am nächsten kommt. Centi ist überzeugt von seiner CBDC-ähnlichen Lösung: Mit einfach zu integrierenden Akzeptanzsystemen für Händler, einer benutzerfreundlichen App für Konsumenten sowie über direkt angebundene Banksysteme, über die wiederum Händler reguläre Bankzahlungen erhalten können, glaubt Centi die Blaupause zu liefern, wie ein Bezahlsystem mit CBDC im Kern funktionieren könnte und sollte.

Das FinTech hat grosse Pläne und verfolgt ehrgeizige Ziele

Die vorgestellte Zahlungsabwicklungs-Lösung auf der Blockchain ist die erste Praxisanwendung, dabei soll es nicht bleiben, weitere sollen folgen. Centi hat das System komplett auf Open-API Prinzipien aufgebaut, damit auch andere Entwickler auf den Systemen von Centi ihre Apps programmieren können.

Gründer und Centi-CEO Bernhard Müller rechnet mit Resonanz aus verschiedenen Richtungen, ist beseelt und durchdrungen von seiner Vision und sagt:

All das ist ungeheuer spannend und revolutionär

Das ist es tatsächlich, zumal das FinTech sich nicht scheut, gross zu denken und seine Ziele in Höhen anzusiedeln, die bisher noch den grossen Playern vorbehalten sind.

Zu gross gedachte Vision oder knackbare Hürden?

Wohin die Reise des FinTechs mit seinem Stable Coin und seiner Zahlungsabwicklungs-Lösung auf der Blockchain führen wird, zeigt sich erst in Zukunft. Ein Blick in die Vergangenheit beweist allerdings: hätten zahlreiche Startups und innovationsfreudige Gruppierung vor Centi nicht schon gross gedacht und hochgesteckte Ziele verfolgt, gäbe es heute weder Bitcoin, noch Blockchain, noch DeFi – und vieles andere auch nicht. 

Die "Intermediäre mit tiefen Taschen" werden in Anbetracht ihrer Grösse und Marktmacht nun nicht gleich in eine Schockstarre fallen, aber immerhin, das FinTech verfolgt extrem ehrgeizige Ziele und traut sich auch etwas zu.

Zu den aktuellen Herausforderungen von Centi gehört in erster Linie, eher schnell Konsumenten und Händler in grosser Zahl für ihren Stable Coin interessieren und begeistern zu können. Keine leichte Aufgabe, zumal Stable Coins oder CBDC-ähnliche Produkte für eine breite Mehrheit immer noch im Bereich der ziemlich komplexen Abstraktionen angesiedelt sind – der tatsächlich grosse Nutzen offenbart sich ohne Aufklärungs- und Überzeugsarbeit nicht auf den ersten Blick.

Aber, wer weiss, ob irgendwann eine Art von wirklich breit eingesetztem Retail CBDC im Alltag eine tragende Rolle spielen wird, kann durch Startups, FinTechs und andere Unternehmen stark beeinflusst werden. Irgendwer muss den Anfang machen und Zeichen setzen – aktuell hat nun Centi diesen Part übernommen.

Informationen zum Unternehmen gibt's hier, Details zu seinem Stable-Coin-Projekt hier und zum Centi Franken hier.