Als pragmatisch beschreiben wir den Findependent-Gründer Matthias Bryner aus mehreren Gründen. 2019 hatte er die Idee, dass dem Markt noch eine Anlage-App fehlt, die das Anlegen für Menschen ohne viel Ahnung sehr einfach macht. Ergo hat Bryner diese App gebaut und im Februar 2021 in den Markt gestellt – mit einer Handvoll ETFs als Anlagemöglichkeiten.
Die App ist nicht aufgefallen durch unglaublich raffinierte Anlagelösungen, andere Invest-Apps mit ETFs gab's zu dieser Zeit auch schon – aber Bryners App hat die Ursprungs-Vision des Gründers erfüllt: sie war einfach, klar, praktisch und machte das Anlegen unkompliziert und kostengünstig.
Das war bei bereits bestehenden Apps teilweise auch der Fall, der Jungunternehmer hat jedoch im Gegensatz zu seinen Konkurrenten fast schon mantrisch den Vorteil des einfachen Anlegens mit tiefen Gebühren herausgestellt.
Wer es oft und konsequent genug sagt, erobert offenbar auch bereits besetztes Terrain – jedenfalls hat Findependent aus dem Argument des einfachen Anlegens für sich nahezu einen USP gemacht. Das ist erstaunlich in einer Zeit, in der es längst keine USPs mehr gibt.
Auf den Punkt gebracht: Bryner hat in Produkt und Markeing einfach umgesetzt und kommuniziert, was ihm richtig schien – gradlinig, unbeirrt, pragmatisch und auf direktem Weg.
Die denkwürdige Finanzierungsrunde in der Höhle der Löwen
Ebenso pragmatisch und geradezu schon bescheiden hat Bryner sein Startup 2021 in der TV-Gründershow "die Höhle der Löwen" vorgestellt, MoneyToday.ch hat berichtet, hier. Ohne Superlative, Schmückwerk und grosse Worte hat der Gründer Findependent als das beschrieben, was es ist: Anlegen statt Sparen, ab 500 Franken, drei Anlage-Strategien, eine überschaubare Anzahl ETFs, dem Robo Advisor den Job überlassen oder die individuelle Anlagelösung innerhalb der vordefinieren ETFs auch selber konfigurieren. Angesprochen auf den Unterschied zu den bereits bestehenden Lösungen, meinte der Gründer: Es ist gemacht für das grosse Segment der der eher unerfahrenen Anlegerinnen und Anleger, deshalb ist es einfach und unkompliziert.
Der Pitch war nicht spektakulär, gerade deshalb unverkrampft, spontan, frisch – und mutig. Bryner hatte zu diesem Zeitpunkt gerade mal 140 Kundinnen und Kunden an Bord – aber grosse Ziele, die er mit dem Argument des einfachen Investierens erreichen will. Für einmal investierten die Löwen weniger in Zahlen und Prognosen, auch nicht in die damals zu hoch gegriffene Firmenbewertung von zwei Millionen, mehr in einen Gründer, der ohne Tamtam und Showeffekte durch Ehrlichkeit, Glauben an seine Idee und deshalb durch Glaubwürdigkeit überzeugte. Roland Brack und Lukas Speiser sind seither an Bord von Findependet.
Anlegen für Kinder
Die gute Idee des langfristigen Anlegens für die eigenen Kinder, Enkel oder Patenkinder hat Bryner erst kürzlich pragmatisch angepackt und umgesetzt. Er hat nicht die ganze App umgebaut, sondern ist schlicht über definierbare Ziele und separat sichtbare Anlage-Töpfe in der App der Erwachsenen gestartet. Das geht schnell, bleibt kostengünstig und die das neue Produkt kann als MVP ohne lange Vorlaufzeiten im Markt wirken.
Findependent setzt auf Partnerschaften
Das FinTech treibt die eigene Expansion intensiv auch über Partnerschaften voran. Bisher über Bestag, Conda, Finfinder, Lend, Neon, Smile, Splint Invest und Swisspeers. Daraus resultieren spezielle Deals für die eigenen Kunden, Provisionen für Findependent und über die verschiedenen Partner auch neue Kundinnen und Kunden für das FinTech.
Auch das ist pragmatisch: Verwandte Unternehmen ins Boot holen, die das eigene Angebot ergänzen und unterstützen. Das tun andere FinTechs teilweise auch, Findependent tut das sehr konsequent.
Und jetzt die Affluent-Kunden
Mit Bezug auf eine kürzliche Studie von Deloitte, nimmt Findependent jetzt das Affluent-Segment ins Visier. Das sind Kundinnen und Kunden – vor allem von Banken – mit Vermögenswerten zwischen 200'000 und 2 Millionen Franken. Die Studie stellt fest, dass Affluent-Kunden niedrige Gebühren als die wichtigste Eigenschaft ansehen, die ihnen eine Bank bieten soll. Der persönliche Ansprechpartner wird hingegen als am wenigsten wichtig beurteilt.
Mit dieser Einsicht geht Bryner wiederum höchst pragmatisch vor, um das Affluent-Segment für sein eigenes Startup zu begeistern. Der Findependet-Chef reduziert kurzerhand die bisher schon tiefen Gebühren und packt sie in einen Stufentarif von 0.44 Prozent bis 50'000 Franken bis zu 0.33 Prozent ab 1 Million Franken Anlagevermögen.
Dann rechnet Bryner der geneigten Kundengruppe vor, dass ein klassisches Vermögensverwaltungs-Mandat mit 250’000 Franken bei einer Bank im Schnitt mit 1.37 Prozent zu Buche schlägt. Hinzu kommen unter anderem noch Fondsgebühren und Fremdwährungskosten. Die Anlagelösung von Findependent, so Bryner, kostet bei demselben Anlagebetrag und mit identischem Service nur gerade 0.37 Prozent, also 1 Prozent weniger. Um sicherzugehen, dass die Kundinnen und Kunden aus dem Affluent-Segment begreifen, was 1 Prozent Unterschied ausmachen kann, führt Bryner die bereits aufgemachte Rechnung zu Ende und beziffert den Renditevorteil dank Gebührenersparnis mit Findependent nach zehn Jahren: 35'995 Franken mehr im Topf im Vergleich zu einer klassischen Bank.
Pragmatisch ist weniger diese Rechnung, pragmatisch ist, dass Findependet Chancen bei einer grossen und interessanten Zielgruppe wittert und deshalb die Gebührenordnung voll auf diese Kundengruppe ausrichtet. Mit der breiten Staffelung über sieben Stufen zwischen 2'000 Franken und einer Million Anlagevermögen bleibt sichergestellt, dass auch bisherige Kundinnen und Kunden sowie Nicht-Affluents von den neuen tiefen Gebühren profitieren.
Um Findependent vollends als gebührensparenden und logischen Hafen für bankmüde Anlegerinnen und Anleger zu positionieren, legt Bryner nach und kommuniziert mit Überzeugung: "Nicht nur die Generationen Y und Z, sondern auch die Mehrheit der Affluent-Kunden sind digital affin und nur noch bereit, für das zu zahlen, was sie tatsächlich nutzen. Das zeigt auch die Kundenstruktur von Findependent: Das Durchschnittsalter der Nutzerinnen und Nutzer beträgt 39 Jahre und bereits heute sind 20 Prozent älter als 50."
Sollten Affluent-Kunden in grosser Zahl die Einladung annehmen, geht die Rechung des FinTechs auf, der Anteil der über 50-Jährigen geht in die Höhe und damit das Volumen der verwalteten Vermögen. Anderenfalls hält sich der Schaden in Grenzen, die Kampfgebühren von 0.33 Prozent gibt's erst ab einer Million Einlagevermögen.
Findependent nach gut zwei Jahren im Markt
Das FinTech ist seit seinem Start nie durch grosse Worte, Bling-Bling oder andere Purzelbäume aufgefallen. Mehr durch schlichte Sprache, klare Angebote, tiefe Gebühren und vor allem durch eine einfache und unkomplizierte App, die von unerfahrenen Anlegerinnen und Anlegern gut genutzt werden kann.
Das pragmatische Vorgehen des FinTechs zieht sich wie ein roter Faden durch Produktentwicklung, Marketingmassnahmen und Angebotsgestaltung.
Im Februar 2021 noch mit 140 Kunden unterwegs, betreut das FinTech heute bereits rund 7'000 Anlegerinnen und Anleger. Findependent schafft das auch heute noch mit sehr überschaubaren Ressourcen und einem kleinen Team von sechs Nasen. Gründer, Startup und Team scheinen einiges richtig zu machen.