Wird Elon Musks X Money Banken das Leben schwer machen?

Elon Musk mit dem X-Money-Logo in der Hand
Quelle: Elon Musk, interpretiert und generiert von Grok auf X

Ein Beratungsunternehmen bezeichnet X Money als Weckruf und glaubt, dass Banken jetzt digital aufrüsten müssen.

Dass Elon Musk mit seinem Bezahldienst X Money die Plattform X (ex Twitter) zur Super App machen will, ist kein Geheimnis. Als Mitgründer von PayPal weiss Musk nicht nur wie Auto- und Raketenbauen geht, er kennt sich auch mit digitalen Bezahlmethoden aus.

Zum Zeitpunkt unseres letzten Artikels zu möglichen Plänen und Vorgehen zu X Money war der Account @XMoney auf der Plattform X bereits vorhanden, allerdings noch verwaist und ohne Posts. Das hat sich inzwischen geändert. Die CEO von X, Linda Yaccarino, hat für die "Everything App" die Kooperation mit Visa angekündigt. Als "Meilenstein und erste von vielen grossen Ankündigungen zu X Money in diesem Jahr", wie sie schreibt. 

Die Kooperation mit Visa soll die sofortige Aufladung der X Wallets über Visa Direct möglich machen. Die Verbindung mit der eigenen Debitkarte soll P2P-Zahlungen ermöglichen und soll auch die Option zur sofortigen Überweisung von Geldern auf das persönliche Bankkonto bieten.

Yaccarinos Ankündigung auf dem X-Money-Account mit knapp 200'000 Followern ist begeistert aufgenommen und entsprechend kommentiert worden.

Noch im laufenden Jahr sollen X Money, X TV, Grok (KI-Assistent) und mehr Nutzerinnen und Nutzer von X auf eine Art verbinden, die niemand für möglich gehalten hätte, kündigt Yaccarino an.

Haben Musks Pläne mit X Money Auswirkungen auf Banken?

Das Beratungsunternehmen Cofinpro ist überzeugt davon und glaubt, dass Elon Musk mit seinem Projekt X Money den Angriff auf etablierte Finanzinstitute startet. Zumal die geplante Super App X Social Media, Messaging, KI und Finanzdienstleistungen (Kryptowährungen ziemlich sicher inklusive) vereinen wird ­– ähnlich wie WeChat oder Alipay in Asien.

Mit Musks Anspruch, alle Finanzbedürfnisse in einer App zu bündeln, würde das Projekt X Money auf das Geschäftsmodell amerikanischer wie auch europäischer (Retail-)Banken zielen, glauben die Experten von Cofinpro.

«Banken, die sich hinter schützenden Regulierungen oder vermeintlich stabilen Kundenbeziehungen in Sicherheit wiegen, unterliegen einem gefährlichen Irrtum», warnt Jan Rudolph-Göttmann, Payment-Experte bei Cofinpro. «Die regulatorischen Hürden für digitale Bezahldienste sind überschaubar. Und PayPal hat gezeigt, wie schnell Kunden neue, innovative Finanzlösungen annehmen – bei X Money könnte sich das wiederholen.»

Rudolph-Göttmanns Befürchtungen dürften auch mit den Nutzerzahlen von X zusammenhängen. Im Jahr 2024 sind diese Werte im Vergleich zu den Vorjahren zurückgegangen, bleiben jedoch beachtlich hoch: 335.7 Millionen monatlich aktive Nutzer hat X letztes Jahr verzeichnet.

Musks Ambitionen mit X Money gehen weit über konventionelle Bezahllösungen hinaus: X soll als Plattform zu einer Super App avancieren, die als zentrales Element eines digitalen Ökosystems alle Bereiche des Finanzlebens abdecken und mit anderen Anwendungen aus der X-Welt kombiniert werden soll. Dabei dürften auch die Bereitstellung von Konten, eigenen Zahlungslösungen sowie die Nutzung von dezentraler Infrastruktur (DLT) wichtige Rollen spielen.

Die Empfehlungen für Banken 

Maren Schwarz, Senior Consultant bei Cofinpro, empfiehlt der Bankenbranche, sich mit drei Kernthemen zu befassen, um auf Angreifer wie X Money vorbereitet zu sein: 

  • Digitale Wallets: Kunden erwarten heute schnelle, sichere und bequeme Transaktionen – vom Online-Shopping bis hin zu kontaktlosen Zahlungen im Alltag. In einer zunehmend vernetzten Welt erleichtern digitale Wallets den Zugriff auf Finanzdienstleistungen und reduzieren die Abhängigkeit von Bargeld und physischen Karten. 
  • DLT-basierte Payment-Lösungen: Das heutige Zahlungssystem ist zu langsam, zu teuer, zu fragmentiert. Distributed Ledger Technology (DLT) kann die Effizienz steigern, aber auch Intermediäre überflüssig machen. Banken müssen eigene DLT-Plattformen entwickeln, bevor Big Techs oder X Money die Kontrolle über die Zahlungs-Infrastruktur übernehmen. 
  • Digitale Währungen: Ob Kryptos, Stablecoins oder Tokenisierung – digitale Währungen ermöglichen neue Geschäftsmodelle. Banken sollten nicht nur handeln, sondern auch Smart Contracts und programmierbare Transfers anbieten. Wer hier nicht experimentiert, wird langfristig zum Zuschauer.

Elon Musk versus Europa: Ein ungleicher Wettlauf

Während Musk mit X Money Gas gibt, offenbaren europäische Projekte wie EPI (European Payment Initiative) die Schwerfälligkeit der hiesigen Branche. Rudolph-Göttmann: «Wir brauchen jetzt Tempo und eine mit den Verbänden abgestimmte Strategie – sonst entsteht ein neues Finanzökosystem, in dem (Retail-)Banken überflüssig werden.»

Der Experte weist auch auf den drohenden Verlust der Datenhoheit hin. Im klassischen Zahlungsverkehr können Banken die Aktivitäten ihrer Kunden noch nachvollziehen. Bei externen Plattformen verlieren sie diesen Einblick – und damit ein entscheidendes Asset in der Kundenbeziehung. 

«Musk hat mehrfach bewiesen, dass er in kürzester Zeit ganze Branchen auf den Kopf stellen kann», betont Maren Schwarz. «Banken müssen die Digitalisierung jetzt leben und nicht nur darüber reden. Wer heute in Wallets, DLT und digitale Währungen investiert, sichert sich seine Zukunft im Finanzsystem.»

Als Worst-Case-Szenario für die klassische Finanzindustrie sieht Schwarz ein dezentrales Ökosystem, das nicht nur den Zahlungsverkehr revolutioniert, sondern auch Kreditvergaben, Brokerage und zahlreiche andere Bankdienstleistungen abdeckt – «dann stellt sich die existenzielle Frage: Wozu noch (Retail-)Banken?»

Wann kommt X Money nach Europa?

Ob und wann X Money in Europa verfügbar sein wird, ist bisher nicht kommuniziert worden – der Start ist noch im laufenden Jahr zuerst in den USA geplant. Bisher sicherte sich X unter der Marke X Payments eine Lizenz für Überweisungen in 41 der 50 US-Bundesstaaten.

Allerdings: Wer Autos weltweit produziert und verkauft, über 7'000 Satelliten in den Weltraum schiesst und aktuell – gewissermassen im Nebenamt – mit dem Departement für Regierungseffizienz (DOGE) den US-Behördenapparat mit der Brechstange redimensioniert, wird sich mit X Money kaum auf Teilmärkte beschränken. Die Super App wird auch in Europa kommen.