Initial Coin Offerings (ICOs) sind (oder besser: wären und waren) von ihrer Anlage her ein hervorragendes Instrument, um Ideen, Startups und Projekte zu finanzieren. Das Problem dabei: das Jekami-Instrument hat sich 2017 und 2018 explosiv entwickelt und ist in diesen Jahren zum Hype geworden.
Neu entdeckte Goldadern und Hypes locken auch Hasardeure und lichtscheues Gesindel an. Deshalb haben sich seriöse Anbieter diesen Hype und damit das konkrete Instrument ICO mit Piraten, Wild-West-Haudegen, Glücksrittern und Banditen teilen müssen. Dazu kommt noch die Quote der Wohlmeinenden, aber Unbedarften, die nicht betrügen wollen, jedoch niemals Erfolg haben können mit ihrer Geschäftsidee.
Das Schlimmste, was einem ICO passieren kann
Betrügerische ICOs sind nicht mal das Schlimmste, die lassen sich mit etwas Verstand und Recherche eher schnell identifizieren. Schlimmer ist, wenn wohlmeinende, blauäugige Phantasten mit einer Idee, die niemals funktionieren kann, auf Investoren treffen, deren Gier ihr Gehirn, gesunde Vorsicht und jede Art von Zurückhaltung komplett vernebelt. Schlimmer deshalb, weil ein gutgemeinter Ansatz mit einem sinnlosen Projekt zum selben Desaster führen kann wie ein Hasardeuren-Projekt. Nur produziert ersteres Verlierer auf beiden Seiten. Und das Instrument ICO bekommt eine weitere unnötige Delle.
Mehr White als Paper
Im einen wie im anderen Fall waren und bleiben Investoren bei ICOs mit in der Pflicht. Zumal in der Goldgräberstimmung 2017 und 2018 auch zahlreiche "Projekte" unterstützt worden sind, die noch meilenweit von einem konkreten Projekt entfernt waren. Investitionen in eine Idee können sinnvoll sein, wenn die Idee wirklich gut ist, einleuchtend stark gedacht und nach einer Überprüfung zumindest reele Chancen hat, von der blossen Idee zu einem Projekt zu werden. Und wenn ein Team hinter der Idee steht, das in der Lage sein könnte, diese Vision tatsächlich zum Fliegen zu bringen.
Hat man 2017 und 2018 das eine und andere ICO etwas näher angeschaut und das White Paper studiert, war da oftmals mehr White als Paper zu sehen. Heisse Luft und Geschwurbel haben jedoch in vielen Fällen genügt, um beträchtliche Mittel einzusammeln. Schade, weil der Ruf des Instruments ICO durch zu viel heisse Luft und Traumtänzereien einzelner Protagonisten generell gelitten hat.
Das Werkzeug selbst ist unschuldig, es kann nichts für seine Handhabung durch unbedarfte oder unseriöse Anwender. Deshalb ändert sich nichts daran, dass ein ICO im Prinzip ein klasse Instrument zur Finanzierung sein kann (konnte). Aber das Ensemble und einzelne Protagonsiten prägen nunmal den Ruf von Theater und Bühne – und dieser Ruf ist ziemlich ramponiert.
Massensterben von ICOs und Aufstieg von STOs?
Andreas Hauri könnte richtig liegen mit seiner Vermutung, dass wir 2019 ein Massensterben von ICO-Projekten sehen werden. Und auch die von Carla Bünger prognostizierte Entwicklung von STOs (Security Token Offerings) dürfte sich als richtig erweisen, weil STOs den ICOs den Rang ablaufen werden. Dieselbe Meinung vertritt Christian Meisser in seinem Beitrag in unserer Blockchain-Serie.
So oder so werden Security Tokens gegenüber Utility Tokens den Vorzug erhalten, weil ein konkreter Wert das blosse Versprechen verdrängt. Und ist der konkrete Wert stärker reguliert, was bei Security Tokens oder STOs der Fall ist, bekommt eben das zusätzlichen Rückenwind, was fassbarer und sicherer ist. So gesehen eine gute Entwicklung, weil Fehler und Übertreibungen im Experimental-Labor der Vergangenheit zu optimierten Lösungen in der Zukunft führen.