Bis 2020 war die Maestro-Karte die wichtigste Debitkarte in der Schweiz. Das Urgestein der Debitkarten ist nach rund 30 Jahren Dauereinsatz vom Markt genommen worden – dachte man. Für Deutschland trifft das zu, dort hat Mastercard der Maestro bereits vor einem Jahr den Stecker gezogen. In der Schweiz ist das nicht der Fall, obschon inzwischen fast alle Banken ihre Kundinnen und Kunden auf die neuen Debitkarten eingeschworen haben.
Das einleuchtende Hauptargument für den Wechsel von Maestro auf die neuen Debitkarten war, dass die betagte Maestro im Online-Handel nicht eingesetzt werden kann. Zudem bringen die neuen Debitkarten generell einen erweiterten Leistungsumfang.
Im Gegensatz zu den neuen Debitkarten kam die Maestro-Karte ohne Interchange-Gebühren aus. Das Einführen dieser Gebühren hatte die Wettbewerbskommission (Weko) schon 2006 verhindert, als Mastercard einen Anlauf in diese Richtung unternommen hat. Das ist mit ein Grund, weshalb die Maestro im Handel beliebt war, Händler sind nicht mit zusätzlichen Gebühren belastet worden.
Die alte Maestro-Karte wird zur Cashcow
Wie die Zeitungen der AZ Medien aufgedeckt haben, ist diese Interchange Fee nun aber auch bei der weiterhin überlebenden Maestro-Karte still und mehr oder weniger heimlich, jedenfalls unbemerkt, reingeschmuggelt worden – mit dem Segen der Weko.
Die Interchange-Gebühren liegen nun als Novum auch bei der Maestro bei einem Satz von 0.12 Prozent. Mit diesen Einnahmen sollen die Kartenherausgeber jeweils Innovationen vorantreiben und die Karten weiterentwickeln. Nur: Bei der Maestro-Karte gibt es nichts mehr voranzutreiben und zu entwickeln, die Maestro ist das erklärte Auslaufmodell.
Die Kehrtwende der Weko ist erstaunlich. Offenbar hat jedoch Mastercard gut verhandelt, als es um die Reduktion der Interchange Fee für die neuen Debitkarten ging. Mastercard hat eingelenkt und den Satz von 0.12 Prozent im Präsenzgeschäft akzeptiert. Teil der "einvernehmlichen Regelung" war offenbar, dass diese Interchange-Gebühren neu auch bei den alten Maestro-Karten eingezogen werden dürfen.
Damit hat die Weko ihre ursprüngliche Haltung der strikten Ablehnung gekippt. Das wiederum dürfte Händler erstaunen, die nach 30 Jahren Gebühren-Windstille neu nun auch bei Maestro-Zahlungen zur Kasse gebeten werden.
Die begründete Logik mit dem Charakter eines Kuhhandels
«Damit werden alle Mastercard-Debitkarten im Schweizer Markt gleich behandelt – woanders in Europa war dies schon immer der Fall», meint eine Mastercard-Sprecherin gegenüber den AZ Medien.
Und die Weko begründet: «Die Weko hat sich für eine einfache, einheitliche Lösung für alle Kartenprodukte von Mastercard, das heisst Debit Mastercard und Maestro, entschieden.»
Für die Schweiz ist diese "einfache Lösung" eine Premiere. Auch wenn die Weko nachschiebt, dass die Maestro voraussichtlich vom Markt verschwinden werde oder nur noch von marginaler Bedeutung wäre. «Die Weko hatte dies und vor allem die langfristige Bedeutung im Fokus, sodass für das neue Produkt Debit-Mastercard eine tiefe Interchange Fee festgesetzt werden konnte.»
Der Deal behält, trotz von beiden Seiten begründeter Logik, den Charakter und das Gschmäckle eines Kuhhandels. Zumal in anderen Ländern die Maestro keine Rolle mehr spielt, in der Schweiz wird sie nun aber offenbar künstlich am Leben erhalten.
Wie viele Maestro-Karten in der Schweiz noch im Umlauf sind und vorderhand bleiben dürfen, behält Mastercard für sich. Offenbar jedoch in einer Grössenordnung, die es lohnenswert scheinen lässt, das ausgediente Urgestein noch eine Weile als Cashcow auf der Weide zu halten.