Risikokapital

Wie beschaffen FinTechs und Startups neues Kapital? Bitcoin-Startup Relai setzt auf Crowdinvesting.

Eine Hand mit Smartphone und Relai-App auf dem Bildschrim
Bild: Relai

Die Kapitalbeschaffung über VC-Unternehmen dürfte sich in Zukunft für Startups und FinTechs schwieriger gestalten – deshalb gehen Startups neue Wege.

Waren die letzten Jahre im FinTech-Bereich geprägt von Rekordsummen, die Kapitalgeber in schnell wachsende Tech-Unternehmen investiert haben, dürften in nächster Zeit vor allem kleinere Startups deutlich grössere Mühe haben, notwendiges Kapital zu beschaffen. In Zeiten von unsicheren Märkten, beunruhigenden Entwicklungen und geopolitischen Verwerfungen sitzt das Geld nicht mehr so locker wie bisher.

Die Corona-Pandemie der letzten zwei Jahre hat die Investitionsfreude nicht gebrochen: die britische Challenger-Bank Revolut hat letztes Jahr 800 Millionen US-Dollar eingesammelt, der deutsche Neo-Broker Trade Republic war mit 900 Millionen frischem Kapital im Spiel und das schwedische Riesen-FinTech Klarna hat sage und schreibe in einer Frühlings- und Sommerrunde insgesamt 1.6 Milliarden Dollar an Land gezogen. Drei Beispiele, stellvertretend für zahlreiche weitere Finanzierungsrunden mit aussergewöhnlich hohen Summen, die 2021 durchgeführt worden sind.

Diese Super-Fundings mit spezialisierten VC-Unternehmen als Investoren setzen sich für grosse FinTechs mit Milliardenbewertungen möglicherweise auch in Zukunft fort. Die Luft könnte jedoch dünner werden für Startups und FinTechs, die (noch) kleinere Brötchen backen. Auch in der Schweiz.

Alternativen der Finanzierung

Mehrere Startups und FinTechs haben letztes Jahre alternative Wege der Kapitalbeschafftung ausgelotet, zum Beispiel:

Das Schweizer FinTech Fintune hat Anfang 2021 seine zweite Finanzierungsrunde über eine Crowdinvesting-Kampagne bestritten und 582'000 Euro frisches Kapital über die Plattform Funderbeam beschafft. Das Zürcher FinTech Neon hat wenige Monate später mit der Unterstützung der Crowdinvesting Plattform Conda fünf Millionen Schweizer Franken von 1'723 Anlegerinnen und Anlegern erhalten, MoneyToday.ch hat berichtet.

Andere Startups tokenisieren ihre Aktien und bieten sie interessierten Investoren direkt über ihre Website an – über die erfolgreiche Finanzierung des Schweizer Startups TBô haben wir kürzlich berichtet.

Diese Beispiele zeigen, dass Crowdinvesting durchaus eine interessante Alternative für Startups sein kann, um frisches Kapital zu organisieren. Eine professionell durchgeführte Kampagne im Vordergrund und eine grosse bestehende Community im Hintergrund tragen mit zum Erfolg bei.

Der nächste Versuch kommt vom Bitcoin-Startup Relai

Das Schweizer Startup hat in der letztjährigen Staffel der "Höhle der Löwen" Anfang Dezember zwei Investoren überzeugen können – Bettina Hein und Tobias Reichmuth haben zusammengelegt und sich gemeinsam mit 500'000 Franken für 5 Prozent der Firmenanteile am jungen Bitcoin-Unternehmen beteiligt.

Inzwischen ruft das zwei Jahre alte FinTech eine deutlich höhere Firmenbewertung von 40 Millionen Franken auf und will über eine Crowdinvesting-Kampagne frisches Kapital, neue Investoren und zukünftigen Aktionäre ins Boot holen. 

Die Gründer rechnen denn auch gleich vor, dass jemand, der 4'000 Franken in Relai investiert, als Neuaktionär 0,01 Prozent des Unternehmens besitzen wird. Wie das Startup informiert, soll das Crowdinvesting in zwei Phasen stattfinden: in einer ersten Runde mit Investoren, die ihr Interesse direkt auf der Website von Relai anmelden, und in einer zweiten Runde mit einer Kampagne auf der Crowdfunding-Plattform Crowdcube, die mehr als eine Million registrierte Nutzerinnen und Nutzer erreichen soll.

Der Starttermin der Kampagne steht noch nicht fest, im Moment sammelt Relai auf der eigenen Website Anmeldungen von potenziellen Investoren ein. Nach Aussagen der Verantwortlichen hätten bisher 500 Investoren ihr Interesse angemeldet.

CEO und Gründer Julian Liniger ist überzeugt davon, mit der Crowdinvesting-Kampagne nicht nur Notwendiges für sein Unternehmen, sondern auch Gutes für die Crowd-Investoren tun zu können:

Unsere Nutzerinnen und Nutzer können zu Anteilseignern des Unternehmens werden und so finanziell vom Erfolg von Relai profitieren

Die Kampagne kommt erst, das Resultat bleibt abzuwarten, ein erkennbarer Trend zeigt sich jedoch heute schon: vermehrt setzen FinTechs und Startups auf die Crowd und auf ihre eigene Community als Investoren. Sicher keine schlechte Idee, die Karte Crowdinvesting zu ziehen – überzeugte Nutzerinnen und Nutzer können auch als engagierte Investorinnen und Aktionäre die Basis eines Startups stärken und damit die Zukunft des gemeinsamen Unternehmens mitbeeinflussen.