Die schnelle Version der "normalen" und trägen Banküberweisungen (SCT) hört auf den Namen SCT Inst (SEPA Credit Transfer Instant). Sie ist im November 2017 ausgerollt worden und folgt klaren Vorgaben:
- 10 Sekunden
End-to-End-Verarbeitung innerhalb von 10 Sekunden, dann soll der überwiesene Betrag auf dem Konto des Zahlungsempfängers zur Verfügung stehen. - 100'000 Euro
Instant Payments sollen für Überweisungen in Euro im gesamten SEPA-Raum bis zur Höchstgrenze von 100'000 Euro funktionieren. - 24/7/365
Permanente Verfügbarkeit rund um die Uhr, 7 Tage in der Woche, das ganze Jahr, ohne Ausnahme. - 34 Länder
Instant Payments sollen in allen 34 Ländern möglich sein, welche dem SEPA-Raum angeschlossen sind.
Die schnellen Zahlungen sind heute noch weit entfernt vom "neuen Normal" – im Zahlungsalltag sind nach wie vor die trägen Standardüberweisungen die Regel, Instant Payments bleiben die Ausnahme. Normale SEPA-Überweisungen (SCT) sind bei praktisch allen Banken kostenlos, dafür dauert es mehrere Stunden oder auch einen Tag, bis das Geld auf dem Konto des Zahlungsempfängers ankommt. Eigentlich ein anachronistisches Unding in einer digitalisierten Welt.
Warum haben sich Instant Payments bisher nicht auf breiter Front durchgesetzt?
Haben sich Instant Payments noch nicht so richtig durchgesetzt, liegt das weniger am Desinteresse der überweisenden Bankkunden, mehr am Verhalten und der Gebührenpolitik der teilnehmenden oder eben auch nicht teilnehmenden Banken. Die Durchsetzung der schnellen Überweisungen im Markt wird durch zwei Faktoren gebremst:
Zum einen ist die Teilnahme für Banken freiwillig. Nach Angaben der EU-Kommission bietet aktuell ein Drittel der Banken in der EU die schnellen SEPA-Zahlungen gar nicht an. Diese Absenz wirft Sand ins Getriebe der Idee, weil Instant Payments nur dann verlässlich genutzt werden können, wenn jeweils Absender- und Empfänger-Bank dem System angeschlossen sind.
Zum anderen verlangen Banken für die schnellen Überweisungen als Option oftmals Gebühren in der Höhe zwischen 50 Cents und einem Euro pro Überweisung. Bankkunden sind nicht bereit, für eine in ihrer Betrachtung selbstverständliche Leistung Mehrkosten zu zahlen.
Die EU gibt Gegensteuer und bringt Banken auf Kurs
Die EU-Kommission hat bereits vor einem Jahr festgestellt, dass Ende 2021 nur 11 Prozent aller Überweisungen innerhalb der EU als Instant Payments durchgeführt worden sind. Die Kommission hat deshalb einen Vorschlag ausgearbeitet, der die bestehenden Bremsklötze beseitigen soll. Diesem Vorschlag sind diese Woche der Rat und das Europäische Parlament weitgehend gefolgt und haben sich auf folgende Regelungen geeinigt:
Instant Payments werden zur Pflicht
Zahlungsdienstleister wie etwa Banken, die Standardüberweisungen in Euro anbieten, müssen auch die Versendung und Entgegennahme von Sofortzahlungen in Euro anbieten.
Das heisst konkret: Instant Payments sind nicht mehr freiwillig, sie werden zur Pflicht für Banken und für andere Zahlungsdienstleister in der EU.
Die Zusatzgebühren für Sofortzahlungen müssen fallen
Die Gebühren, die gegebenenfalls anfallen, dürfen nicht höher sein als die Gebühren für die bisherigen Standardüberweisungen.
Das bedeutet konkret: Weil Standardüberweisungen in der Regel kostenlos ausgeführt werden, bleiben Instant Payments folglich ebenso kostenlos.
Werden Instant Payments mit Druck und Vorschriften zum neuen Standard?
Müssen Bankunden sich nicht mehr zwischen trägen Normal-Überweisungen und kostenpflichtigen Sofortzahlungen entscheiden, werden Instant Payments mit Sicherheit zum neuen Standard.
Der Wegfall der Gebührenzuschläge wird Banken sauer aufstossen. Allerdings nur so lange, bis sie die Vorteile des neuen Standards erkennen und daraus konkreten Nutzen ziehen können.
Rat und Europäische Parlament wollen mit den neuen Vorschriften "die strategische Autonomie des europäischen Wirtschafts- und Finanzsektors verbessern, da sie dazu beitragen, übermässige Abhängigkeiten von Finanzinstituten und ‑infrastrukturen aus Drittländern zu verringern. Zudem: Die Möglichkeiten zur Mobilisierung von Cashflows werden verbessert. Dadurch entstehen Vorteile für die Bürgerinnen und Bürgern und die Unternehmen, und es werden Chancen für innovative Dienste mit Zusatznutzen eröffnet."
Das bedeutet zum Beispiel: Die sofortige Sichtbarkeit von erfolgten Zahlungen bringt im Handel und im eCommerce Sicherheit, kann logistische Prozesse beschleunigen (Kunde hat bezahlt, wir können ausliefern). Banküberweisungen gehen auf Augenhöhe zu Kartenzahlungen und können diese ersetzen.
Die jeweiligen Zahlungspartner profitieren von sofort nachgeführten und deshalb aktuellen Kontoständen, Zahlungsempfänger können ohne Wartezeien sofort über das Geld verfügen.
Private Kundinnen und geschäftliche Kunden werden diesen Serviceausbau schätzen, das wiederum verbessert generell die Beziehung zwischen Banken und ihren Kunden.
Und die Schweiz?
Instant Payments werden auch in der Schweiz obligatorisch, vorerst allerdings nur in eine Richtung: Schweizer Banken werden zum Empfang von Instant Payments verpflichtet. Sie bleiben jedoch frei in der Entscheidung, ob sie die ausgehenden schnellen Zahlungen ihren Kundinnen und Kunden als Service oder als Standard anbieten wollen.
Die 50 grössten Schweizer Banken mit mehr als 500'000 Kundenzahlungen pro Jahr müssen diese Vorgaben bis August 2024 erfüllen, alle anderen Banken haben Zeit bis Ende 2026.
Die Schweiz hat im Bereich Instant Payments Nachholbedarf und sollte nicht von anderen Ländern überholt und abgehängt werden. Zudem wird der Druck von Big Techs, Neo-Banken und Plattformen zunehmen, die zum Teil heute schon Echtzeitzahlungen anbieten, sicher aber in absehbarer Zeit auf die schnellen Zahlungen setzen werden.
Deshalb ist es möglicherweise eine gute Idee, wenn Schweizer Banken nicht nur die verordneten Minimal-Anforderungen erfüllen, sondern den mutigen Schritt weitergehen und Instant Payments auch in der Schweiz zum selbstverständlichen Standard machen.