Instant Payments Regulation bringt Banken Wochenendarbeit

Karton mit der Aufschrift Compliance

Die schnellen Überweisungen bringen nicht nur neues Tempo, sondern auch zusätzliche Aufwände für Banken – in der EU gehört Wochenendarbeit mit dazu.

Im Februar 2024 hat das Europäische Parlament beschlossen, dass Banken und Zahlungsdienstleister dazu verpflichtet sind, ihren Kundinnen und Kunden an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr individuelle Zahlungen und Überweisungen in Echtzeit anzubieten. Ohne zusätzliche Gebühren.

Mit dieser Verordnung werden Instant Payments zum neuen Standard. Das bedeutet: ausgehende Überweisungen müssen innerhalb von spätestens zehn Sekunden dem Konto des jeweiligen Zahlungsempfängers gutgeschrieben werden. Überwiesene Geldbeträge stehen Zahlungsempfängern dadurch sofort zur Verfügung.

Banken und Zahlungsdienstleister sind gefordert

Konnten sich Instant Payments in der EU als freiwillige Dienstleistung bisher nicht auf breiter Ebene durchsetzen, ändert sich das mit der neuen Verordnung der EU, die Echtzeit-Überweisungen für sämtliche Banken und Zahlungsdienstleister verpflichtend macht.

Diese neue Regulierung stellt zahlreiche Banken vor Herausforderungen. Notwendige Anpassungen in Sachen Technologie, Software und Prozessen sind jeweils mehr oder weniger aufwendig, je nach Bank, Systemen und bisherigen Arbeitsweise.

Dazu kommen jedoch auch neue Compliance-Hürden. Eine dieser Hürden – oder präziser: deren Auswirkungen – hatten Banken nicht unbedingt auf dem Radar.

Neue Regeln zwingen EU-Banken zu Wochenendarbeit

Banken müssen unter anderem sicherstellen, dass die von ihnen ausgeführten Zahlungen keine Sanktionsverstösse verursachen oder zu Betrugs- oder Geldwäschezwecken missbraucht werden.

Diese Pflichten sind nicht neu. In der Regel blieb jedoch ausreichend Zeit, um Zahlungen zu prüfen und deren Ausführung im Verdachtsfall zu stoppen. Bisher haben Banken für die Abwicklung einer SEPA-Transaktion einen Arbeitstag Zeit. Das verschafft den Instituten Raum, um ein- und ausgehende Zahlungen automatisiert auf Sanktionsverstösse zu screenen, bei Bedarf eine manuelle Prüfung durchzuführen und eine Zahlung gegebenenfalls rechtzeitig zu stoppen. Mit der neuen EU-Verordnung ändert sich das.

Da eine Zahlung zukünftig entweder automatisiert durchgeführt oder abgelehnt wird und das Geld innerhalb von zehn Sekunden auf dem Empfängerkonto eintrifft, entfällt die Möglichkeit, die Zahlung vor Ausführung manuell zu prüfen. Gleichzeitig soll sichergestellt werden, dass keine Sanktionsverstösse bei Zahlungen im Euroraum begangen werden – oder dass ein Verstoss zumindest erkannt wird.

Wer auf einer Sanktionsliste steht, soll keine Zahlungen mehr ausführen dürfen. Wenn die dort erfassten Namen denen anderer Kunden ähneln, kann es jedoch vorkommen, dass unschuldige Personen plötzlich Geld weder empfangen noch senden können. Diese so genannten "False Positives", die Compliance-Abteilungen manuell bearbeiten müssen, will die EU verhindern. Deshalb verpflichtet sie die Banken dazu, vorab zu prüfen, dass keiner ihrer Kunden auf einer EU-Verbotsliste steht. Jede Transaktion einzeln gegen die Listen abzugleichen, soll folgerichtig verboten werden.

Die Verordnung schreibt daher vor, dass Zahlungsdienstleister täglich überprüfen müssen, ob sich unter ihren Kunden Personen befinden, die auf einer Sanktionsliste stehen. Täglich bedeutet: an 365 Tagen, jeden Tag, Feiertage und Wochenenden eingeschlossen.

Dadurch soll sichergestellt werden, dass das Kundenerlebnis bei Instant Payments nicht gefährdet wird. Das wäre der Fall, wenn "False Positives" erst bei der Durchführung von Transaktionen gemeldet werden und diese Transaktionen dann abgebrochen werden müssen. Das will die Regulierung verhindern und verpflichtet die Banken deshalb zu täglichen Kundenbestands-Prüfungen.

«Geben die Banken grünes Licht für alle ihre Kunden, können keine falsch-positiven Signale mehr entstehen, so das Prinzip», erläutert Jörn Bicker, Experte für Compliance bei der PPI. 

Ein weiterer Schwierigkeitsgrad dazu

Was mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz beim Sanktions-Screening weitgehend gelöst werden kann, stösst in besonderen Fällen jedoch wieder an Grenzen. Bicker zum Thema:

«Schwierig wird es bei Einträgen, die zusätzlich zur EU-Liste auch auf der eines anderen Landes auftauchen. Dann erstreckt sich das EU-Verbot, Zahlungen direkt abzugleichen, auch auf diese Liste. Das führt zu hohen manuellen Aufwänden und führt neue Risiken ein, auf die Banken achten müssen.»

Beispielsweise würden EU-Banken zuerst gegen die EU-Liste prüfen und danach gegen die US-Liste ("OFAC-Liste"). Welche Listen betroffen sind, hängt vor allem von internen Vorgaben zur Compliance ab. Worauf es ankommt, sind doppelte Treffer zusätzlich zu denen auf der EU-Liste. Alle diese Treffer müssen manuell abgeglichen werden, damit die Bank entscheiden kann, ob sie die Transaktionen analysieren darf oder nicht. Allein das dürfte zu erheblich höherem Aufwand führen als bisher. Daraus entstehen völlig neue Verfahrensrisiken, weil die Bank jedesmal, wenn sich die Listen verändern, erneut prüfen muss, wie sie die Sanktionen zu überwachen haben.

«Banken können versehentlich gegen US-Sanktionen verstossen, wenn die EU einen Eintrag von ihrer Liste streicht, bevor er auch von der US-Liste verschwindet», warnt Bicker. «In dem Moment müssen die Institute wieder umstellen und jede Transaktion einzeln untersuchen, um sich nicht strafbar zu machen».

Wie die Instant Payments Regulation (IPR) ausgelegt werden soll, hat die EU kürzlich in mehreren Workshops klargestellt. Sofern sich an diesen Regeln nichts mehr ändert, werden sich die Banken darauf einstellen müssen, trotz Fachkräftemangels zusätzliche Kapazitäten aufzubauen, um die Sanktionslisten zu pflegen und auch sonntags oder an Feiertagen zu gewährleisten, dass mögliche Treffer sofort bearbeitet werden.