Regulierung Stablecoins

Die FINMA zu den Risiken und Anforderungen für Herausgeber von Stablecoins

Stablecoin Tether als Münze präsentiert
Bild: Diamond Visuals | Shutterstock

Die Finanzmarktaufsicht erläutert rechtliche Aspekte und nimmt Herausgeber von Stablecoins in die Pflicht – und teilweise auch Banken.

Im Zusammenhang mit Initial Coin Offerings (ICOs) hat die FINMA bereits im September 2019 eine aufsichtsrechtliche Einordnung zu Stablecoins publiziert, hier im Detail

Seit 2019 haben Stablecoins an Bedeutung für die Krypto- und DeFi-Welt gewonnen. Zahlreiche neue Projekte zur Herausgabe von Stablecoins sind lanciert worden, auch in der Schweiz wurden mehrere Projekte realisiert.

Mit ihrer aktuellen Aufsichtsmitteilung informiert die FINMA über finanzmarktrechtliche Aspekte, die sich mit Blick auf Projekte zur Herausgabe von Stablecoins ergeben. Ebenfalls im Zentrum stehen die Auswirkungen für Herausgeber und die Beaufsichtigten.

Hinweise zur rechtlichen Einordung

Projekte im Zusammenhang mit Stablecoins verfolgen meist das Ziel, auf einer Blockchain ein Zahlungsmittel mit geringer Preisvolatilität zur Verfügung zu stellen.

Die Herausgeber von Stablecoins setzen dazu einen Stabilisierungsmechanismus im Sinne einer Anbindung an einen oder mehrere unterliegende Vermögenswerte ein, zum Beispiel staatliche Währungen.

In der Folge haben Inhaberinnen und Inhaber von Stablecoins in der Regel einen jederzeitigen Einlösungsanspruch gegenüber dem Herausgeber.

Deshalb liegt in dieser Beziehung meist eine Einstufung als bankenrechtliche Einlage oder kollektive Kapitalanlage vor. Zur Abgrenzung zwischen bankenrechtlicher Einlage und kollektiver Kapitalanlage ist insbesondere von Bedeutung, ob die Verwaltung der angebundenen Vermögenswerte auf Rechnung und Risiko der Stablecoin-Inhaber (Hinweis auf Kollektivanlage) oder auf Rechnung und Risiko des Herausgebers (Hinweis auf bankenrechtliche Einlage) erfolgt.

Aufgrund des üblichen Zahlungsmittelzwecks von Stablecoins besteht zudem nahezu immer eine Unterstellung unter das Geldwäschereigesetz.

Hinweise zur Geldwäschereigesetzgebung

Die FINMA unterstreicht die Attraktivität von Stablecoins für Kriminelle und auch deren Eignung für Sanktionsumgehung und Terrorismusfinanzierung. Im Weiteren hält die FINMA fest:

Die regelmässige Qualifikation der Verbindlichkeit des Herausgebers gegenüber dem jeweiligen Stablecoin-Inhaber oder der jeweiligen Stablecoin-Inhaberin als bankenrechtliche Einlage führt zu einer dauerhaften Geschäftsbeziehung im Sinne der Geldwäschereigesetzgebung (GwG).

Der Stablecoin-Herausgeber gilt somit als Finanzintermediär im Sinne des GwG und muss unter anderem den Stablecoin-Inhaber oder die Stablecoin-Inhaberin als Gegenpartei gemäss den anwendbaren Pflichten als Vertragspartei identifizieren und die wirtschaftlich berechtigte Person feststellen. Entstehen im Laufe der Geschäftsbeziehung Zweifel über die Identität der Vertragspartei oder über die wirtschaftliche Berechtigung, so muss die Identifizierung oder Feststellung wiederholt werden.

Die FINMA weist in diesem Zusammenhang auf die erhöhten Risiken betreffend Geldwäscherei, Terrorismusfinanzierung und Sanktionsumgehung hin. Daraus ergeben sich auch Reputationsrisiken für den Finanzplatz Schweiz insgesamt.

Hinweise zur bankenrechtlichen Behandlung

Die gewerbsmässige Entgegennahme von Publikumseinlagen bedarf grundsätzlich einer bankenrechtlichen Bewilligung.

Als Publikumseinlagen gelten die Verbindlichkeiten gegenüber Kundinnen und Kunden der Bankenverordnung (BankV). Vorbehalten bleiben aber die Ausnahmen gemäss Art. 5 Abs. 2 und 3 BankV. Nicht als Einlagen gelten unter anderem Gelder, deren Rückzahlung und Verzinsung durch eine Bank garantiert werden (Ausfallgarantie).

Die FINMA stellt fest, dass in der Schweiz verschiedene Stablecoin-Herausgeber Ausfallgarantien von Banken nutzen. Dadurch ist gestützt auf die BankV keine bankenrechtliche Bewilligung durch die FINMA erforderlich, die Stablecoin-Herausgeber benötigen als Finanzintermediär einzig einen Anschluss an eine Selbstregulierungsorganisation.

Dadurch entstehen Risiken für die Inhaberinnen und Inhaber von Stablecoins sowie für Bank, welche die Ausfallgarantie stellt.

Anforderungen an die Ausfallgarantie

Für die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung zu Ausfallgarantien hat die FINMA zum Schutz der Einlegerinnen und Einleger bestimmte Mindestvoraussetzungen entwickelt. Diese Voraussetzungen sind technologieneutral anzuwenden und gelten auch für Ausfallgarantien im Rahmen von Stablecoins:

  • Beim Konkurs des Stablecoin-Herausgebers muss jede Kundin und jeder Kunde einen eigenen Anspruch gegenüber der garantierenden Schweizer Bank haben. Die Kundinnen und Kunden sind über die Ausfallgarantie zu informieren.
  • Die Ausfallgarantie hat mindestens die Summe aller Publikumseinlagen inklusive allfälliger Zinsen der Kundinnen und Kunden zu decken.
  • Dem Deckungsumfang entsprechend ist sicherzustellen, dass die Summe der vom Deckungserfordernis erfassten Einlagen die Ausfallgarantie-Obergrenze nie übersteigt.
  • Die formellen und materiellen Regelungen der Ausfallgarantie sollen ein unkompliziertes, rasches Abrufen der Ausfallgarantie durch den Einleger nicht verhindern.
  • Einreden und Einwendungen der Bank im gesetzlich vorgesehenen Umfang sind zulässig.

Im Übrigen steht es den Parteien grundsätzlich frei, die auf die Ausfallgarantie anwendbaren gesetzlichen Grundlagen zu wählen. Es besteht kein Typenzwang. Damit die Ausfallgarantie von den Kundinnen und Kunden rasch abgerufen werden kann, hat der betreffende Anspruch nach Praxis der FINMA bereits im Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit fällig zu sein – das heisst spätestens im Zeitpunkt der Konkurseröffnung über den Stablecoin-Herausgeber und nicht erst bei Vorliegen eines Verlustscheins.

Diese Anforderungen erhöhen zwar den Einlegerschutz, sind aber mit dem Schutzniveau einer Bankenbewilligung nicht vergleichbar. Insbesondere profitieren die Inhaberinnen und Inhaber der Stablecoins nicht vom bankenrechtlichen Einlagenschutz gemäss Art. 37a BankG.

Reputationsrisiken für garantiestellende Banken bei Ausfallgarantien

Die FINMA weist darauf hin, dass unter anderem die Verletzung von Pflichten gemäss GwG durch den Stablecoin-Herausgeber indirekt auch zu Risiken für die garantierende Bank führen kann.

Die garantiestellende Bank kann bei Missständen beim Stablecoin-Herausgeber aufgrund ihrer vertraglichen Beziehung mit diesem zumindest Reputationsschäden davontragen und ist allenfalls auch von Rechtsrisiken betroffen.

Ausserdem, wie bereits erwähnt, haben die Stablecoin-Inhaberinnen und -Inhaber bei Konkurs des Stablecoin-Herausgebers einen direkten Anspruch aus der Ausfallgarantie gegenüber der garantiestellenden Bank. In diesem Zusammenhang ist auf das Risiko hinzuweisen, dass unlautere Stablecoin-Inhaber ihre Ansprüche aus der Ausfallgarantie gegenüber der garantiestellenden Bank geltend machen könnten. In solchen Fällen kämen zu den Rechts- und Reputationsrisiken auch hohe regulatorische Aufwände hinzu, insbesondere um die GwG-Pflichten einhalten zu können.

Erkannter Handlungsbedarf

Der Bericht des Bundesrates vom Dezembrer 2022 zu den Anpassungen des Bankengesetzes kommt zum Schluss, dass Handlungsbedarf besteht, unter anderem auch bei der Ausnahmebestimmung für Ausfallgarantien. Die dargelegten Risiken rund um die Ausfallgarantien und die Ausnahmeregelungen gemäss BankV sollen dahingehend überprüft werden, ob sie dem Schutzgedanken weiterhin angemessen Rechnung tragen. Die FINMA will sich bei den anstehenden Diskussionen dafür einsetzen, dass diese Risiken entsprechend adressiert werden.