Eigenheim: Die Tragbarkeitsfalle für Rentnerinnen und Rentner

Ein Rentner-Paar mit finanziellen Problemen am Laptop

Das eigene Haus oder die Eigentumswohnung möchten Menschen auch nach der Pensionierung geniessen. Wer nicht plant, kann in die Tragbarkeitsfalle tappen.

Die in der Schweiz gängige Tragbarkeitsregel steht bei jedem Kauf einer selbstbewohnten Immobilie im Zentrum.  

Um eine Hypothek zu erhalten, dürfen gemäss der Tragbarkeitsregeln die Wohnkosten nicht mehr als ein Drittel des Haushaltseinkommens ausmachen. Zur Ermittlung der Wohnkosten wird jeweils ein sogenannter kalkulatorischer Zinssatz von fünf Prozent veranschlagt sowie ein Prozent des Immobilienwertes als Nebenkosten plus allfällige Amortisationszahlungen.

Was für Hausbesitzerinnen und Wohnungsbesitzer wichtig wird

Während diese kalkulatorischen Wohnkosten bei 50- bis 65-Jährigen einen durchschnittlichen Anteil von 27 Prozent am Haushaltseinkommen ausmachen, steigt der Anteil bei der Pensionierung durch das verringerte Renteneinkommen auf durchschnittlich 50 Prozent.

Entsprechend muss die Hypothekarsumme im Hinblick auf die Pensionierung verringert werden, um eine Standardtragbarkeit von 33 Prozent zu erreichen.

Nur gerade 15 Prozent können ruhig schlafen, alle anderen müssen nachbessern

Diese erstaunliche Einsicht von Lukas Vogt, CEO der Immobilien-Plattform Moneypark, stammt aus einer Analyse von rund 3'000 Eigenheim-Finanzierungen von 50- bis 65-Jährigen, welche die Helvetia-Tochter durchgeführt hat. Diese Analyse zeigt, dass viele das Thema Tragbarkeit im Rentenalter auf die lange Bank schieben.

Was Vogt konkret mit "nachbessern" anspricht: Mit oftmals hohen Amortisationszahlungen muss das Gleichgewicht von reduziertem Einkommen nach der Pensionierung und der Tragbarkeitsregel wieder hergestellt werden.

Unterschiede zwischen Westschweiz und Deutschschweiz

Besonders dramatisch ist die Situation in der Westschweiz, wo nur 26 Prozent aktuell über genügend Vermögenswerte verfügen, um die Zusatzamortisationen zu stemmen. 60 Prozent müssten demnach Geld ansparen oder bei Pensionierung die Immobilie aufgrund fehlender Tragbarkeit verkaufen.

In der Deutschschweiz verfügen heute immerhin 38 Prozent der 50- bis 65-Jährigen über genügend Vermögenswerte, um Zusatzamortisationen zu leisten. Mit 47 Prozent muss allerdings auch knapp die Hälfte der in der deutschen Schweiz lebenden Personen zusätzlich sparen oder verkaufen.

Dass die Tragbarkeitsregel für eine grosse Gruppe der Rentnerinnen und Rentner zur finanziellen Falle werden kann, öffnet auf der anderen Seite nach Moneypark Türen für nachfolgende Generationen. Vogt zum Thema:

«Viele aus der Generation Babyboomer könnten in den nächsten Jahren gezwungen sein, ihr Eigenheim weiterzugeben und werden damit unverhofft zu Heilsbringern der Generation Y, die sich den lang ersehnten Wohntraum doch noch erfüllen kann»

Tragbarkeit des Eigenheims im Rentenalter

Die Grafik zeigt am Beispiel von zwei Sprachregionen, welche Anteile von Besitzerinnen und Besitzer einer Immobilie auf der Sonnenseite stehen – und wo es eng werden könnte.

Mit zunehmendem Alter steigt die Dringlichkeit

Die Berechnung der individuellen Tragbarkeit auf die lange Bank zu schieben, ist keine gute Idee. Je weniger Zeit bis zur Pensionierung noch bleibt, desto schwieriger wird es, den Verkauf abzuwenden.

Die Dringlichkeit der Thematik zeigt sich darin, dass durchschnittlich gut 290'000 Franken fehlen. Entsprechend müsste eine 50-jährige Eigentümerin bis zur ordentlichen Pensionierung mit 65 Jahren, jährlich rund 19'000 Franken amortisieren, das sind knapp 1'600 Franken pro Monat.

Bei einem 60-jährigen Eigentümer sind es dann bereits rund 58'000 Franken pro Jahr. Ist das Geld nicht aus anderen Quellen vorhanden, bedeutet das eine monatliche Belastung von fast 5'000 Franken. Das dürfte viele Betroffene an den finanziellen Anschlag bringen.

«Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, sich frühzeitig um die nachhaltige Tragbarkeit zu kümmern», sagt Simon Weiner, designierter Leiter Vertriebsverbund der Helvetia Versicherungen.

«Eigentümerinnen und Eigentümer, welche sich zu spät mit der finanziellen Situation nach der Pensionierung auseinandersetzen, bleibt oft nichts anderes übrig als die geliebte Immobilie
zu verkaufen.»

Rechenbeispiele für unterschiedliche Altersgruppen

Je nach Einkommen, Alter und der Höhe der Belehnung des Eigenheims sind bei der Pensionierung Amortionszahlungen in unterschiedlicher Höhe notwendig, um die Tragbarkeitsregeln zu erfüllen.

Die Tabelle zeigt, dass auch bei guten Einkommen und Renten beim Erreichen des Rentenalters Probleme auftauchen können. Wer nicht genügend Rücklagen für die notwendige Amortisation hat, läuft Gefahr, sein Haus oder seine Wohnung zu verlieren.

Neukäufer sind besonders betroffen, haben aber länger Zeit, um zu amortisieren

Neukäuferinnen und Neukäufer tun gut daran, das Thema von Anfang an im Blickfeld zu haben. Sie sind durchschnittlich 40 Jahre alt und haben bis zur Pensionierung 25 Jahre Zeit, um die nachhaltige Tragbarkeit im Rentenalter sicherzustellen.

Kümmern sie sich nicht darum, würde ihre Tragbarkeit bei Pensionierung – trotz der oft bereits hohen Pflichtamortisation – von heute 33 auf durchschnittlich 42 Prozent steigen.

«Die Pflichtamortisation der Hypothekaranbieter auf eine Belehnung von 67 Prozent reicht häufig nicht, um auch die Tragbarkeit im Rentenalter sicherzustellen», stellt Vogt fest. «Glücklicherweise bieten Hypothekaranbieter oftmals Hand zu erhöhten Tragbarkeiten, so dass Eigentümerinnen und Eigentümer, die in Pension treten, bei einer Refinanzierung ihrer Hypothek auch mit erhöhter Tragbarkeit um die 40 Prozent eine gute Lösung finden».

Wer sich nicht auf blosses Glück oder die Grossherzigkeit seines Hypothekaranbieters verlassen will, rechnet seine persönliche Situation vorher durch. Das schafft Gewissheit, ob man sein Haus oder die Eigentumswohnung auch nach der Pensionierung finanziell sorgenfrei bewohnen kann.