Gebühren

Ist das Virus der fallenden Kontoführungsgebühren ansteckend?

Verkehrsampel mit zwei Wegweisern: Teuer und Gratis

Der Wettbewerb der Banken funktioniert neu vermehrt über Kosten und Gebühren. Was auffällt: Die guten Gebühren-Nachrichten häufen sich.

Schweizerinnen und Schweizer sind nicht besonders gebührenaffin bei Banken, das belegen mehrere Studien. Sitzen Kundinnen und Kunden einmal im Sattel einer Bankbeziehung, sind sie eher schwer zu einem Wechsel zu bewegen. 

Das war bisher so. Die Duldsamkeit und Unempfindlichkeit gegenüber Gebühren scheint jedoch nachzulassen. Es fällt auf, dass immer mehr klassische Banken ihre Gebühren überdenken. Jedenfalls häufen sich in den letzten Monaten die Nachrichten gesunkener oder gestrichener Gebühren. Was sich Nutzerinnen und Nutzer von Neo-Banken gewohnt sind, hält vermehrt auch bei klassischen Banken Einzug.

Kontoführungsgebühren fallen

In den letzten Monaten haben zahlreiche Banken ihre Kontoführungsgebühren abgeschafft. Teilweise sind auch die Kosten für Debitkarten gestrichen und die Jahresgebühren für Kreditkarten gesenkt worden. 

Jüngstes Beispiel für diese Bewegung ist die Regionalbank Avera, die vor einigen Tagen ihre Kontoführungs- und Kartengebühren neu ausgerichtet hat. Die Bank streicht für Privatkonten die jährlichen Kontoführungsspesen sowie die Jahresgebühr für maximal zwei Debitkarten. Der Deal gilt, sofern auf dem Privatkonto pro Monat mindestens zehn ausgehende Transaktionen zu verzeichnen sind. 

Im gleichen Strom der gestrichenen Gebühren fahren seit einiger Zeit schon mehrere andere Banken, zum Beispiel die Aargauer Kantonalbank, die Zürcher Kantonalbank, die Thurgauer und die St. Galler Kantonalbank sowie auch die Migros Bank. Sie alle verzichten auf Kontoführungsgebühren und haben auch im Bereich der Karten ihre Kosten gesenkt oder gestrichen.

Gewinnen Gebühren-Senkungs-Strategien an Boden?

Das Virus der Null- oder tiefen Gebühren ist durch die Neo-Banken in die Welt gesetzt worden. Jede klassischen Bank, die ihre Gebühren-Strategie überdenkt, verstärkt die virale Wirkung auch in den eigenen Reihen.

Dazu kommt, dass in den letzten Wochen von Neos und von klassischen Banken weitere Impulse spürbar geworden sind, möglicherweise mit auslösendem Nachahmungs-Charakter.

Zum Beispiel hat Cembra einen Sommer lang bei Kartenzahlungen im Ausland auf die Belastung der hohen Fremdwährungsgebühren verzichtet. Dadurch sind in den Sommerferien bei jeder Transaktion 1.5 Prozent der Kartenausgaben in Fremdwährungen im Portemonnaie der Nutzerinnen und Nutzer geblieben.

Neon und Yuh verzichten bei einer Auswahl von ETF-Sparplänen dauerhaft auf die Belastung der Handelsgebühren.

Swissquote hat am 2. August beim Handel mit Schweizer Aktien die Flat Fee von 1 Franken pro Trade geprobt.

Oder, jüngstes Beispiel, die Berner Kantonalbank und die Hypothekarbank Lenzburg machen Instant-Zahlungen für ihre Kundinnen und Kunden zum kostenlosen Standard, während andere Banken mit kräftigen Zuschlägen mit dem neuen Service an den Start gehen.

Genügt schon eine Handvoll Banken, um eine Gebühren-Revolution loszutreten?

Banken senken oder streichen Gebühren, um sich Wettbewerbsvorteile zu sichern. Mit der wachsenden Zahl der Banken, die ihre Gebühren überdenken, wird eine Bewegung spürbar, die als Signal bei Konsumentinnen und Konsumenten ankommt. 

Die laufende und sich verstärkt abzeichnende Entwicklung kommt ohne Revolution aus. Nach und nach könnte sich jedoch "kostenlos" oder "kostengünstig" zum Standard in bestimmten Bereichen der Finanzdienstleistungen etablieren. Geschieht das, kommt die Antwort wie gewohnt aus dem Markt, was in Sachen Gebühren neu als fair und akzeptabel empfunden wird. Deshalb keine Revolution, vielmehr eine eher sanfte Entwicklung, welche mittelfristig allerdings einige Grenzen verschieben könnte.