Die ISO 20022-Migration der Version 2009 auf Version 2019 für Euro-SEPA-Zahlungen ist vom EPC auf den 17. März 2024 verschoben worden. Diese Migration war ursprünglich auf den 19. November 2023 vorgesehen, Details dazu hier.
Wie kommt's?
Viele dachten, dass solch eine Versionsänderung eigentlich reibungslos über die Bühne gehen sollte. Denn heute reden und verstehen alle ISO 20022 und die Systeme laufen doch auch schon alle auf ISO 20022. – Offenbar falsch gedacht, weil: die Umstellung ist aus verschiedenen Gründen nicht so trivial wie vermutet.
Einerseits hat es in den Banken sehr viele alte und uralte Systeme. Das ist per se noch keine Wertung, der Betrieb der Uralt-Systeme hat pragmatische Gründe: Wieso sollte man etwas auf die Müllhalde werfen, das noch funktioniert? Immerhin lautet ja die wichtigste Prämisse in der IT "Never touch a running system", also Hände weg von einem System, das (noch) läuft. Ergo bleiben die Systeme unangetastet, so lange wie nur irgend möglich.
Auf der andere Seite entwickelt sich die Technologie ständig weiter und mit ihr die Anforderungen an die Datenkommunikation.
Die Krux der neuen Anforderung, der Systeme und der Versionen
ISO 20022 basiert ja auf XML, das ist sozusagen die Sprache, die Daten in einer allgemein lesbaren und verständlichen Struktur darstellt. Das ist notwendig, damit Daten und Informationen zwischen den Systemen, auch und gerade im Zahlungsverkehr, ausgetauscht werden können.
Marktteilnehmer haben die Möglichkeit, bei der ISO-Organisation Neuerungen zu beantragen. Diese können dann auch übernommen werden, sollte das Interesse an bestimmten Vorschlägen breit und gross genug sein. Jedes Jahr verändert die ISO diesen "Duden", sprich die Version des jeweiligen Standards. Es gibt allerdings nicht zwingend jedes Jahr Veränderungen im Zahlungsverkehr, weil der ISO 20022-Standard ja auch für andere Geschäftsfelder genutzt werden kann, zum Beispiel Wertpapiertransaktionen (Securities), Währungswechsel Transaktionen (FX) und mehr.
Nun gibt es Länder, wie zum Beispiel die Schweiz, die sich aus dem gesamten Set auf eine ISO 20022-Version einigen, auf welcher dann der CHF-Zahlungsverkehr abgewickelt wird. Das Gleiche gilt auch für andere Regionen, der Euro-Raum stützt sich für seine Euro-SEPA Zahlungen auf die Version 2009.
Markteilnehmer und auch Regulatoren wollen nun aber, dass mehr Daten und vor allem genauer dargestellte Daten ausgetauscht werden können. Deshalb hat sich die Community im EPC (European Payments Council) entschieden, auf die ISO 20022-Version 2019 zu wechseln. In diesem Zuge sollen gleich alle Zahlverfahren migriert werden wie die normale SEPA-Überweisung, aber auch SEPA-Instant-Überweisung oder korrekt auf Deutsch SEPA-Echtzeitüberweisung. Betroffen sind weiter auch SEPA Direct Debit (SDD Core) und SEPA Business-to-Business (SDD B2B).
Neben einigen kleineren Änderungen kommen mit der Version 2019 für den neuen SEPA-Zahlungsverkehr zwei interessantere Erweiterungen. Neu gibt es ein Feld bei dem man auch den LEI (Legal Entity Identifier) mitliefern kann. Dadurch wird die genaue Identifikation der Firmen mit ihren verschiedenen Ablegern vereinfacht. Grosse Implikationen gibt ist nun bei der Darstellung der Adressen. Bisher wurden die Adressen unstrukturiert dargestellt und neu sollen sie strukturiert übermittelt werden.
Bisher konnten wir in unserem E-Banking oder die Firmen in ihren Kundenverwaltungssystem die Adressen auf zwei Linien (Feldern) schreiben:
Musterstrasse 51
8001 Zürich
Neu müssen diese Daten genau identifizierbar sein und deshalb in jeweils eigene Felder geschrieben werden. Diese Felder sind dann folgende:
Feld Strasse
Feld Nummer
Feld Zusatz (zum Beispiel Ortsteil)
Feld Postleitzahl
Feld Ort
Feld Land
Was sich einfach anhört, ist es nicht unbedingt. Damit schliesst sich der Kreis zu den Feststellungen am Anfang. Können die alten Systeme diese Unterscheidung in den Adressen nicht machen, aber der Zwang besteht nun, diese neuen Felder korrekt zu befüllen, dann müssen sich die IT-Spezialisten in den Banken eben etwas ausdenken. Da können zum Beispiel Konvertoren eingesetzt werden, welche von spezialisierten Bankensoftware-Herstellern angeboten werden. Es können aber auch Upgrades der Systeme durchgeführt werden, was dann in der Regel einen ganzen "Rattenschwanz" an weiteren Implikationen nach sich zieht. Das Resultat am Schluss der Migration ist klar: die Daten müssen in neuer Form inklusive korrekt befüllter Datenfelder im System stattfinden.
Innovation hat nicht immer nur mit Blockchain, Cloud, Crypto, AI und Quantencomputer zu tun, Innovation gibt es auch inkrementell im Tagesgeschäft. Das kann bedeuten, dass Neuerungen eingeführt werden, die allen Beteiligten Nutzen bringen. Im Falle der ISO 20022-Migration auf die Version 2019 führt das dazu, dass mehr Daten schneller und genauer nicht nur im eigenen "Gärtchen" oder im eigenen Labor gepflegt werden, sondern lokal, regional und International mit anderen Markteilnehmern effizient und fehlerlos ausgetauscht werden können.
Damit das reibungslos funktioniert, haben Betreiber sämtlicher Systeme jetzt etwas mehr Zeit. Die ISO 20022-Migration von Version 2009 auf Version 2019 ist neu auf den 17. März 2024 festgesetzt worden.