Die Digitalisierung der Wirtschaft wirkt täglich unmerklich ein Stück weit auf uns alle ein. Kein Unternehmen und kein Verbraucher kann sich dem Phänomen entziehen. Als Paradebeispiel für eine hohe digitale Reife gelten aktuell Plattformen, deren Geschäft auf einem digitalen Subscription Business Modell aufbaut. Ihre Geschäftskultur prägt nicht nur in hohem Masse unsere Konsumgewohnheiten, sondern auf subtile Weise auch unsere Einstellung zu Finanzthemen.
Das Schlagwort der Subscription Economy fokussiert in der Fachwelt daher die Diskussion über Digitalisierung auf das Zusammenwirken einiger elementarer Veränderungen. Das Thema bahnt sich dabei seinen Weg von Technik und Wirtschaft auch in die Sphäre der Finanzentscheider.
Worum geht es bei der Subscription Economy?
Einfach ausgedrückt steht hinter dem Trend der immer stärker wachsende Marktanteil, den moderne digitale Geschäftsmodelle mit Hilfe von Abonnements-Verträgen erwirtschaften. Von McKinsey wird dies in einer Marktstudie von 2018 für die USA eindrucksvoll belegt.
Eine solche Form des Geschäfts hat, wie im Folgenden erklärt wird, für Unternehmen und Verbraucher bedeutende Vorteile. Die Entwicklung hat damit das Potenzial, grundlegende Spielregeln von Märkten global zu ändern. Damit verbunden sind Veränderungen der Finanzplanung von Unternehmen und des Konsumverhaltens von Verbrauchern. Wie prägt dies mittel- und langfristig unsere Marktkultur und unsere Verhaltensmuster hinsichtlich Finanzierung, Konsum und Cashflow?
Man kann die Entwicklung zum Digital-Abonnement, auf Englisch "Digital Subscription", mit einem Blick auf die Medienstreaming-Angebote von Netflix, DAZN, Amazon oder Spotify aber auch im Feld der SaaS-Modelle wie Adobe Creative Suite oder Microsoft Office 365, schnell nachvollziehen:
Verbraucher abonnieren Dienste auf einer digitalen Plattform und geniessen ohne Verwaltungsaufwand und Wartezeit einen digitalen Service. Es überrascht allerdings viele Laien, dass sich auch Automobil-Hersteller oder selbst spezialisierte Maschinenbauer wie Heidelberger Druckmaschinen und andere Industriekonzerne längst für den Trend zur Subscription Economy gerüstet haben.
Weltweit bekanntester Analyst des Subscription-Phänomens ist Bestsellerautor Tien Tzuo, CEO und Founder des US-börsennotierten Softwareanbieters Zuora. Tzuo geht davon aus, dass letztlich alle Geschäftsmodellen eine Transformation in ein Subscription Business leisten müssen, wenn sie in digitalen Märkten überleben wollen. Selbst wenn man diesen kompromisslosen Glauben an Subscription-Geschäftsmodelle nicht teilt: Es lässt sich zweifelsfrei erkennen, dass Subscription Businesses gerade in digitalen Märkten sehr kompetitiv sind und dass sich nahezu alle Geschäftsmodelle als Subscription abbilden lassen. Subscription Businesses erkämpfen sich dadurch einen stetig wachsenden Marktanteil zu Lasten des klassischen Verkaufs von Produkten.
Um die Relevanz moderner Subscription-Geschäftsmodelle zu verstehen, muss man sich vor Augen führen, dass sie fast alle mit einer konsequenten Digitalisierung aller Geschäftsabläufe einhergehen. Ein digitales Subscription Business hat daher in der Regel nur recht wenig mit einem traditionell-analogen Abonnement gemeinsam. Es geht bei der hier betrachteten Entwicklung vielmehr um eine digitalen Marktbedingungen angepasste Form der Kundenbindung und Monetarisierung. Warum sind Subscription-Modelle so interessant und wie prägen sie unseren Umgang mit Geld?
Die Verbraucher-Perspektive
Erfolgreiche digitale Geschäftsideen können Verbraucher besonders dann überzeugen, wenn sie einen Service sehr bequem machen: Sie müssen leichter zugänglich, einfacher zu managen und letztlich effizienter sein als Services anderer Anbieter. Die bequeme Komponente schafft eine Subscription-Plattform zunächst einmal durch das Fehlen eines Anschaffungspreises.
Ein markantes Beispiel ist hier ein Abonnement von Automobilität anstelle des Erwerbs eines Autos. Eine Auswahl solcher Auto-Abo genannten Services gibt es bereits. Wenn man Automobilität abonniert, hat man auch nicht die Pflichten des Autobesitzers und kümmert sich nicht selbst um Verschleiss, Winterreifen, Reparaturen, Wartung, Steuer und Versicherung. Abonnenten sind sich vielmehr sicher, allen Verpflichtungen durch Entrichtung des monatlichen Obolus nachgekommen zu sein. Die finanzielle Belastung bleibt dabei immer gleich. Daran kann man sich leicht gewöhnen.
Diese Verstetigung fühlt sich für die meisten Abonnenten sehr natürlich an, ihre Einkünfte sind in der Regel ja auch monatlich getaktet. Im Vergleich dazu ist der Kauf eines langlebigen Produkts, dessen Preis vielleicht deutlich über dem monatlichen Budget liegt, entweder mit Konsumverzicht oder mit Verschuldung verbunden. Beide Möglichkeiten sind ohne Frage vergleichsweise unbequem.
In Märkten, in denen Verbraucher sich bereits an moderne Subscription-Angebote gewöhnt haben, sind sie nur sehr schwer zu solch grossen Anschaffungen zu bewegen. Auch nahm man Dinge wie Reparaturen, Wartung, Verschleiss etc. in der Vergangenheit ja nur billigend in Kauf, weil sich keine Alternative bot. Ein Auto-Abo ist also – wie viele andere Subscription-Services, die in Zukunft Produkte ersetzen – für den Verbraucher unschlagbar bequem und unkompliziert. Es handelt sich für Verbraucher letztlich um eine Art Ratenzahlung ohne Verschuldung und ohne Verpflichtungen.
Die Unternehmens-Perspektive
Ein modernes digitales Subscription Business ist zunächst einmal eine reine Online-Plattform und als solche voll durchdigitalisiert. Nicht nur offensichtliche Dinge wie die Angebote der Self-Service-Plattform und die Freischaltung der Leistung sind voll automatisiert. Auch alle im Hintergrund ablaufenden Prozesse wie Billing, Rechnungsversand, Abbuchung des Geldes oder die Buchhaltung laufen komplett automatisch ab.
Ein Business, welches kaum mehr der analogen Welt verpflichtet ist, sondern von Anfang an als digitales Geschäftsmodell aufgezogen wurde, ist wirklich in verblüffendem Masse automatisiert: Neben der Wartung des Systems verbleiben nur noch wenige Aufgaben, auf die sich das Management konzentrieren muss. Im Idealfall können fast alle Ressourcen auf die beiden wichtigsten digitalen Überlebenstechniken konzentriert werden: Erstens, möglichst viele neue Nutzer anziehen und zweitens, alle vorhandenen zu begeistern und zu binden.
Ein Beispiel
Stellen wir uns einen Verlag vor, der ein traditionell geführtes Portfolio von Printmedien durch ein neues, komplett digitales abonnementbasiertes Zugangsmodel ersetzt. Wo wird eine verblüffende Eigenschaft von Subscription deutlich?
Da es beim Vertrieb digitaler Medien deutlich weniger Operations wie Druck, Lagerhaltung, Lieferung, Verwaltung etc. gibt, fallen beim Start des Betriebs weniger Investitionen an. Oft geht es initial primär um die Einrichtung eines technischen Systems und weniger stark um die Vorfinanzierung umfangreicher Investitionsgüter. Wenn bereits ein Subscriber-Netzwerk besteht, gibt es sogar sofort Einnahmen, welche im Idealfall die geringen laufenden Kosten bereits sehr früh decken.
Das hier skizzierte Unternehmen könnte demnach sehr früh profitabel arbeiten und hätte vergleichsweise geringe Verbindlichkeiten zu bedienen. Der positive operative Cashflow könnte schneller für Ausschüttungen oder weitere Investitionen verwendet werden. Vor allem Gründer und Investoren lockt also die Perspektive auf ein Geschäft ohne grosse Investition und operative Kosten, dafür aber mit stetigen Einnahmen von Anfang an. Von der reizvollen Skalierbarkeit von Subscription-Plattformen beziehungsweise eines vollautomatisierten Unternehmens ganz zu schweigen.
Darüber hinaus trägt die Stetigkeit der Einnahmen zu einer erhöhten Planungssicherheit bei: Subscriber sind in der Regel längerfristig gebunden – man kann also den Umsatz der nächsten Monate recht komfortabel prognostizieren, wenn man die geschäftliche Entwicklung einschätzt. In jedem Fall viel zuverlässiger, als wenn man auf Produktverkäufe in der Zukunft spekulieren müsste.
Fazit
«Generell lässt sich sagen, dass die finanzielle Seite von Subscription Businesses sowohl für Anbieter als auch für Konsumenten interessante Vorteile bietet. Nicht zuletzt deswegen können sich die dahinterstehenden Leistungsangebote sehr gut auf dem Markt durchsetzen», sagt Erik Weibel, Managing Director der schweizerischen Dependance des Softwareherstellers Keylight. Weibel berät Unternehmen dabei, ihre Ambitionen im Bereich Subscription Economy technisch umzusetzen.
«Bei Abonnementverträgen entsteht sowohl auf der Seite der Anbieter als auch für den Verbraucher eine Balance zwischen Einnahmen und Ausgaben, so dass sich Spitzen ungewöhnlich hohen Finanzierungsaufwands weniger häufig einstellen oder diese stark entschärft werden. Diese Balance fühlt sich für beide Seiten komfortabel an und mindert Risiken. Neben dem Thema Sicherheit entsteht auf der Verbraucherseite schnell ein Gefühl von Bequemlichkeit: Sobald sich die Akteure an die neue Form von Geschäftsbeziehung gewöhnt haben, erscheint eine Rückkehr in alte Produktmarkt-Verhältnisse häufig wenig reizvoll», so Weibel.
Verbraucher werden sich voraussichtlich schnell an die Bequemlichkeit und Sicherheit des Abonnierens gewöhnen und in vielen Bereichen Subscription-Angeboten den Vorzug vor dem verpflichtenden Besitz von Produkten geben. Sie werden es immer mehr als Zumutung empfinden, langfristige Finanzierungsstrategien wie Verschuldung oder den strengen Konsumverzicht beim Sparen zu bewältigen. Gerade wenn viele Services so einfach als Abonnement zu haben sind.
Diese Bequemlichkeit wird – so die Vision der Subscription Economy – zu einem Switch gesamter Märkte führen. Darauf bereiten sich sehr viele Unternehmen bereits vor, so dass der Verbraucher entspannt die Entwicklung abwarten kann.
Anbieter stehen in vielen Fällen vor sehr grossen Herausforderungen beim Switch zur Subscription Economy. Unternehmensstrategen befürchten ein hohes Disruptionspotenzial im Rahmen Marktveränderung und bemühen sich daher, den richtigen Zeitpunkt der eigenen Umstellung nicht zu verpassen.
Gerade bei etablierten Geschäftsmodellen bedeutet der Schwenk allerdings eine tiefgreifende Veränderung. Die bei modernen digitalen Subscription Businesses nicht wegzudenkende digitale Automatisierung ist hier nur eine von vielen Herausforderungen.
«Es gilt, ein attraktives und finanziell tragfähiges Angebot zu entwickeln, das Subscriber begeistern kann und sie bei der Stange hält – das ist selbst für gestandene Unternehmen in der Regel ein ähnlich kreativer Prozess wie eine Neugründung. Hat man diese Hürde genommen, ist noch dazu für den laufenden Betrieb auch eine neue, kundenzentrierte Business-Kultur und eine kompetente Nutzung von Kundendaten notwendig», so Erik Weibel, «denn wenn der Kunde im digitalen Markt immer mehr im Mittelpunkt steht, gilt es, ihn noch genauer zu kennen und sich ihm und seinen Präferenzen agil und so schnell wie möglich anzupassen.»
Vielleicht ist dies die Haupt-Message der Subscription Economy: Es geht primär die Anpassung an veränderliche Märkte und immer verwöhntere Kunden. Die Mühen dieser Anpassungsleistung sind durchaus ungleich verteilt:
Für Konsumenten wird es immer bequemer, während es für viele Unternehmen immer herausfordernder wird. Bei aller Bequemlichkeit für den Verbraucher gilt für Anbieter in der durchdigitalisierten Subscription Economy knallhart die Regel des "Survival of the Fittest".
Letztlich ist ein agiles digitales und kompromisslos kundenzentriertes Unternehmen am ehesten in der Lage, mit den Anforderungen volatiler digitaler Märkte umzugehen, um die interessanten finanziellen Vorteile der Subscription Economy nutzen zu können.