Warum der Abbau von Gold immer komplexer wird, welche Länder die Nase vorne haben und warum gigantische Lastenkipper bevorzugt von Frauen gefahren werden.
Im dritten Kapitel unserer Serie über Gold stellen wir die weltweit vorhandenen Goldvorkommen in den Vordergrund – und auch, wie Gold heute abgebaut wird. Gerade im Bereich der Förderung hat sich innerhalb von Jahren und Jahrzehnten sehr viel geändert.
Goldvorkommen: Ist Gold eine endliche Ressource?
Bisher sind weltweit über 200'000 Tonnen Gold abgebaut worden. Verteilt auf dem Planeten ist die Menge an noch nicht gefördertem Gold nicht so klein und endlich, wie man denken könnte. Je nachdem, welcher Schätzung man glauben will, lagern bis zu 30 Milliarden Tonnen Gold in der Erdkruste. Weitere Goldvorräte schlummern in den Weltmeeren.
Das Problem dabei: längst nicht alle Goldvorräte sind erreichbar und dadurch abbaubar. Oder die Konzentration ist zu gering und die Gewinnung ist deshalb viel zu aufwendig und wirtschaftlich nicht lohnenswert.
Unterschiedliche Schätzungen gehen davon aus, dass die heute bekannten und abbaubaren Goldvorkommen in der Grössenordnung zwischen 25'000 und rund 50'000 Tonnen liegen. Diese Werte sind allerdings weder hochpräzise noch final. Die Verfahren und Technologien im Bereich der Geoseismik werden laufend besser und ermöglichen in Zukunft auch genauere Prognosen.
Zu den Ländern mit den grössten geschätzten Reserven gehören Australien mit 11'000 Tonnen, Russland mit 6'800 Tonnen, Südafrika mit 5'000 Tonnen sowie die USA mit 3'000 Tonnen.
Wie viel Gold wird jährlich gefördert?
Die Mengen an gefördertem Gold variieren von Jahr zu Jahr. Nach Angaben des World Gold Council lag die Goldförderung sämtlicher Goldminen weltweit 2021 bei rund 3'570 Tonnen. Dazu kommen jährlich über 1'000 Tonnen Recycling-Gold, also bereits bestehendes Altgold aus verschiedenen Bereichen. Zusammengenommen ist 2021 mit 4'683 Tonnen die weltweite Nachfrage nach Gold gedeckt worden.
46 Prozent der verfügbaren Mengen werden zu Schmuck verarbeitet und 22 Prozent sind Anlageprodukten für private Investments vorbehalten. Weitere 17 Prozent beanspruchen Zentralbanken und 15 Prozent werden in den Bereichen Industrie und Technik verwendet.
Nach aktuellen Erhebungen (Juni 2022) verteidigt China auch 2021 mit 332 Tonnen den Spitzenplatz der Goldförder-Staaten. Gefolgt von Russland mit 330 Tonnen, Australien mit 315 Tonnen sowie Kanada mit 193 und die USA mit 187 Tonnen. Europa spielt praktisch keine Rolle bei der Goldförderung.
War die Schweiz nie im Goldrausch?
Mit Kalifornien oder dem Yukon ist der Schweizer Goldrausch nicht zu vergleichen, aber immerhin: Zeitzeugen sind im Wallis zu bestaunen, in der Goldmine Gondo, die vor 120 Jahren geschlossen worden ist. Oder im Tessin – die Goldmine Sessa lag ebenfalls Jahrzehnte im Dornröschenschlaf. Heute können beide Minen in Teilen besichtigt werden. Und wer auf den Spuren der Pioniere wandeln möchte, kann sein Glück beim Goldwaschen versuchen.
Wie wird Gold abgebaut?
Die einfachste Abbaumethode ist das Goldwaschen an Flussufern. Goldhaltiger Sand wird in einer Waschpfanne so lange bewegt, bis sich das schwerere Gold am Boden der Pfanne abgesetzt hat. Diese Methode war zu Zeiten des Goldrausches in Kalifornien das probate Mittel der Wahl. Und auch am Klondike und Yukon River wurde Gold gewaschen. Diese Goldfunde stammen aus sekundären Lagerstätten, das heisst, das Gold ist bereits aus dem Gestein gelöst.
Erste Stollen wurden gegraben, nachdem Goldsucher sich gefragt hatten, wie das Gold in den Fluss gelangt. Die Antwort lag im aufwendigeren Abbau im Berg, um nach ertragreichen Goldadern zu suchen.
Auch heute spielen primäre Lägerstätten die Hauptrolle, bei denen das Gold in aufwendigen Prozessen aus dem Gestein gelöst werden muss. Für diese Extraktion gibt es verschiedene Verfahren wie zum Beispiel Amalgamverfahren, Cyanidlaugerei oder Anodenschlammverfahren. Aufgrund der Risiken für Menschen und Umwelt sind einige dieser Verfahren Auslaufmodelle und werden nur noch sehr selten eingesetzt. Die heute am häufigsten eingesetzte Methode ist das Anodenschlammverfahren. In diesem Verfahren wird Kupfer, das Gold enthält, in einem elektrochemischen Prozess in seine Bestandteile zerlegt und so wird Feingold gewonnen.
Je nach Vorkommen wird Gold entweder im Untertagebau oder im Tagebau gewonnen. Die tiefste Goldmine der Welt im Untertagebau befindet sich in Südafrika. Dort wird Gold in einer Tiefe von 4'000 Metern unter der Erde abgebaut.
Die Goldminen im Tagebau sind oft deshalb eindrücklich, weil sie sich als offene Bergwerke über gewaltige Flächen erstrecken können. Die sichtbaren Stufen entstehen durch den grossflächigen Abbau der Sedimentschichten. Im Laufe der Zeit entsteht so eine trichterförmige riesige Grube, die eine Tiefe von mehreren hundert Metern erreichen kann.
Die grössten Goldminen nach Förderleistung sind in den USA, in Usbekistan, Russland und in Australien zu finden.
Was ist notwendig, damit Gold gefördert werden kann?
Die Förderung von Gold wird zunehmend anspruchsvoller, aufwendiger und kapitalintensiver. War Gold in den Anfängen auch auf der Erdoberfläche zu finden, liegen die heute noch nutzbaren Vorkommen immer tiefer in der Erde. Zudem stellen veränderte Rahmenbedingungen Goldminen-Unternehmen vor zusätzliche Herausforderungen.
Staaten und Kommunen fordern zunehmend nachhaltige und innovative Verfahren des Abbaus, damit umweltschonend operiert werden kann. Eine weitere Hürde liegt in Skills und Fachleuten. Spezialisiten wie zum Beispiel Geologen, Metallurgen und andere Profis sind rar. Und letztendlich sind heutige Anlagen hochkomplexe Fabriken, die nur noch sehr grosse Unternehmen mit beträchtlichen finanziellen Möglichkeiten aufstellen und betreiben können.
Das hängt unter anderem mit den zu erwartenden Fördermengen an Gold zusammen. Diese werden insofern kleiner, als sehr viel mehr Aufwand erforderlich ist, um eine gleichbleibende Ausbeute zu erzielen. Die Entwicklung der letzten 50 Jahre veranschaulicht das plakativ:
Waren vor 50 Jahren 15 Gramm Gold pro Tonne Gestein die Regel, waren es vor 10 Jahren nur noch 8 Gramm – heute liegt die Ausbeute bei 0.5 bis 1 Gramm, die aus einer Tonne Gestein gelöst werden können.
Zusätzliche Fakten zum Thema
Wir haben den Experten Ronald Stöferle von Incrementum gebeten, uns mit einigen Zahlen zu erklären, warum heute nur noch die wirklich grossen Player mit Finanzkraft und langem Atem in der Goldförderung Chancen haben:
Von 100 Unternehmen, die explorieren, also Boden untersuchen und Löcher graben, gehen am Schluss nur gerade noch 1 bis 2 in Produktion.
Für den Bau einer Goldmine sind Investitionen im Umfang von 500 Millionen bis zu 1 Milliarde US-Dollar notwendig.
Aufgrund hoher Anforderungen, gesetzlicher Vorschriften und ESG-Nachhaltigkeits-Auflagen vergehen heute 10 bis 15 Jahre von der Exploration bis zur Förderung der ersten Unze Gold.
Stöferle ist überzeugt davon, dass eine Konsolidierung mit zahlreichen Übernahmen kommen wird, weil nur noch sehr wenige Unternehmen in der Lage sein werden, diese Risiken und die extrem hohen Kapitaleinsätze zu stemmen.
Geschichten zum Goldabbau
Bemerkenswerte Geschichten rund um die Förderung und den Abbau von Gold gibt's auch – Einblicke, die man noch nicht kennt, zum Beispiel diese:
Die Fahrerinnen in den Goldminen Die eindrücklichen Tagebau-Goldminen mit zahlreichen Stufen werden mit riesigen Fahrzeugen befahren, um das Gestein von ganz unten nach ganz oben zu bringen. Voll beladen bringen diese Maschinen ein Gewicht von mehr als 600 Tonnen auf die Waage.
Fahrer gibt es nur wenige, zu 90 Prozent werden diese Ungetüme von Fahrerinnen pilotiert. Warum? Männer produzieren zu viele Unfälle. Frauen bewegen die Caterpillars und anderen Riesenlaster mit Ruhe und Vorsicht. Deshalb kommen sie sicher oben und unten an.
Bitte keine Reifenwechsel Die Spezialkipper in Goldminen haben auch in den Reifen gewaltige Dimensionen: um die 4 Meter Durchmesser bei einem Gewicht von 5 Tonnen. Ein Reifenwechsel ist eine Herkulesaufgabe. Zudem kostet ein einziger Reifen um die 80'000 US-Dollar. Deshalb achten die umsichtigen Fahrerinnen auch darauf, dass sie keinen Platten einfangen.
Forellen als Wasserkontrolleure Goldminen unterliegen zunehmend höheren Anforderungen in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltschutz. In Neuseeland reinigen Goldminen benötigtes Wasser nach den Prozessen in mehreren Stufen. Am Schluss testen Forellen die Wasserqualität. Forellen haben höchste Ansprüche an sauberes Wasser – fühlen sie sich im gereinigten Wasser wohl und zeigen keine Fluchtreflexe, ist die Wasserqualität optimal.
Schwarze und weisse Schafe Neue Goldminen sind nicht überall willkommen, weil schwarze Schafe den Ruf der Branche teilweise etwas ramponiert haben. Weisse Schafe, die sich an Vorschriftenn halten und alle Auflagen erfüllen, sind jedoch zunehmend gern gesehen. Weil diese Unternehmen sehr viel für die lokale Community leisten: Infrastruktur, neue Strassen, Schulen, zahlreiche Arbeitsplätze und mehr. Mit ein Grund, warum die schwarzen Schafe weniger werden, man heisst nur die weissen willkommen.
Um eine Serie über Gold zu produzieren, haben wir uns mit einem Experten zusammengesetzt, der alles über Edelmetalle weiss, insbesondere über Gold.
Christian Brenner ist ein ausgewiesener Profi und Goldhändler aus Leidenschaft. Er weiss um die Wege des Goldes – von der Förderung aus den Tiefen der Erde bis zum Barren im Tresor. Als Präsident des Verwaltungsrates der Philoro Schweiz kennt er die Märkte – und vor allem auch Historisches und Gegenwärtiges ausserhalb der Märkte.
Christian Brenner hat unsere Redaktion aktiv dabei unterstützt, die relevanten Aspekte rund um Gold aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und auszuleuchten.
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