Zum Start von Twint am 2. April 2017 waren "nur" die UBS und die Zürcher Kantonalbank mit ihren Apps im Markt. Am 30. Mai 2017 sind vier Banken mit ihren Twint-Apps dazugestossen: Credit Suisse, PostFinance, Raiffeisen und die Waadtländer Kantonalbank. Damit sind alle Grossen mit im Boot.
Die Twint Banken-Apps werden von Kunden direkt mit ihrem Bankkonto bei der jeweiligen Bank verbunden. Alternativ können weiterhin Kreditkarten hinterlegt werden und auch das Aufladen mit Guthaben über Konten bei anderen Banken bleibt möglich.
Heute und morgen
Die 25'000 aktuell angeschlossenen Akzeptanzstellen (online, Laden, Automaten) werden im Sommer 2017 erweitert – rund 25'000 zusätzliche Zahlterminals im Handel verstehen sich dann ebenfalls mit Twint.
Nach Aussagen von CEO Thierry Kneissler steigen die Nutzer- und Transaktionszahlen – die Transaktionen werden mit 250'000 pro Monat angegeben. Laut Kneissler verzeichnet Twint insgesamt über 550'000 Downloads.
Was Twint entgegenkommt: die grossen Kartenherausgeber und Banken zeigen Apple Pay (seit 7. Juli 2016 im Markt) und Samsung Pay (seit 23. Mai 2017 im Markt) weiterhin die kalte Schulter. Sollte diese Bastion nicht bröckeln, verschafft das Twint Zeit, sich im Schweizer Markt weiter verstärkt zu etablieren. Allerdings bleiben auch Partner und Konkurrenz-Apps in Bewegung.
Die Bahn fährt mehrgleisig
Die SBB haben kürzlich in ihrer App Apple Pay integriert. Twint hat mit den SBB seit längerem eine strategische Partnerschaft, aktuell läuft allerdings erst ein Pilotversuch, der sich auf Automaten beschränkt. Die Entscheidung der Bundesbahnen ist nachvollziehbar, beide Apps anzubieten, man lässt den Markt und damit Kunden entscheiden, was ihnen mehr Komfort und Nutzen bringt.
Apple Pay öffnet sich
Und das gleich in zweifacher Hinsicht. Zum einen bietet Apple Pay neu unter iOS 11 eine P2P-Funktion an (sofortige Zahlungen zwischen Privatpersonen). Wie von Apple gewohnt sehr intuitiv und komfortabel: über iMessage und mit Unterstützung von Siri (Sprachassistentin) kann das Geld quasi direkt zu den Freunden geschwatzt werden. Allerdings nur dann, wenn die Freunde den Dienst ebenfalls nutzen. Und das ist der springende Punkt bei P2P, die Freunde werden mitmachen. Twint verliert damit einen USP, weil die bisher exklusive P2P-Funktion massgeblich zur Gewinnung junger Zielgruppen beigetragen hat. Das kann weiterhin der Fall sein, aber Apple Pay zieht jetzt mit.
Zum anderen hat Apple angekündigt, nun endlich die bis anhin blockierte NFC-Funktion (Near Field Communication) für Drittanbieter zu öffnen – zumindest ein bisschen. Die Salami-Taktik ist mühsam, der NFC Reader Mode ist noch kein Erdbeben, aber immerhin ein erster Schritt in die richtige Richtung. Sollte Apple die NFC-Funktion dereinst völlig öffnen, was zu erwarten ist, bringt das nur Vorteile – für alle Beteiligten, nicht zuletzt auch für Twint. Zumal Twint schon früher angekündigt hatte, grundsätzlich für NFC bereit zu sein. Kunden und Händler würden das zu schätzen wissen, weil Zahlungen im Laden so schnell und unkompliziert über alle modernen Terminals ausgeführt werden können. Ohne Zusatzgeräte und ohne Scan von QR-Codes.
Trotzdem (noch) kein Rennen am Laufen
Einmal mehr, das ist nur ein Zwischenstand und nach wie vor kein Kopf-an-Kopf-Rennen. Weil noch gar nicht alle Köpfe im Spiel sind, die mitrennen werden. Die grösste Hürde liegt nach wie vor bei den Konsumenten selbst, welche weiterhin gerne mit Karte oder bar bezahlen und erst den Weg zu Mobile Payments finden müssen. Das werden sie in Scharen erst dann tun, wenn sich eine Lösung in Komfort, Tempo, Sicherheit und vor allem mit zahlreichen Mehrwertleistungen, welche das Leben einfacher machen, von allen anderen Apps klar abhebt.
Und zum Thema fehlende Köpfe: Gut möglich, dass die grösste Überraschung unter der chinesischen Flagge segelt. Alipay erobert seit längerem schon Europa. Vorerst nur für chinesische Touristen, was allerdings, salopp gesagt, als Probegalopp und breit angelegte Teststrecke betrachtet werden darf. Jack Ma wird kaum zögern, Europa und Europäer mit ins Boot zu holen, wenn alles zur Zufriedenheit läuft.
Aktuell im Markt: Twint | Apple Pay | Samsung Pay | Alipay
Stichworte zum Thema im Lexikon: Mobile Payment | P2P Payment | Lösungen in der Schweiz | NFC