Ein nächstes grosses Ding braucht die Welt im Moment keins, weil parallel verschiedene grosse Dinger seit längerem schon Position bezogen haben. Durchwegs Dinger, die bereits 2022 Menschen und Märkte bewegen werden. Einige davon mit dem Potenzial, in den nächsten Jahren Gewohnheiten und starre Raster drastisch zu verändern.
Megatrend Metaverse
Wer sich fragt, weshalb mutige Protagonisten über ihre Avatare heute schon in virtuellen Welten Millionen für ebenso virtuelle Grundstücke und Immobilien ausgeben, ist mit seiner Frage bereits nahe am Kern des Metaverse. Was bis anhin zwingend auf realem Grund und Boden stehen musste, um Rendite zu generieren, kann morgen ebenso gut oder sogar besser im Metaverse funktionieren.
Die Verbindung von Technologie, Metaverse, virtueller und realer Welt, Kryptowährungen, NFTs, Marketing, E-Commerce und mehr schafft den Raum für Menschen und Unternehmen, sich in verschiedenen Welten zu begegnen, zu kommunizieren und zu handeln.
Was abstrakt klingt, wird in Kurzform hier erklärt. Etwas ausführlicher und auch beispielhaft illustriert beschreibt Martha Boeckenfeld in einem hervorragenden Aufsatz die Dimensionen des Metaverse, auf LinkedIn in Englisch und bei unseren Kollegen von Finews in Deutsch.
Das Metaverse ist nicht das bessere Internet, es kann sehr viel mehr sein. Die Assoziation mit dem Internet ist jedoch insofern berechtigt, als das weltumspannende und verbindende Netzwerk nur deshalb gross und unverzichtbar für alle geworden ist, weil Industrien und unzählige Unternehmen in diese Vision investiert haben. Dasselbe geschieht aktuell beim Metaverse, deshalb wird es auch hier nicht bei der Vision bleiben.
Megatrend NFTs
Im Zusammenhang mit Non-Fungible Tokens (NFTs) kann eine ähnliche Frage gestellt werden wie beim Metaverse: Wie kommt jemand dazu, für die digitalisierte Form eines Kunstwerks, eines Musikstücks oder eines anderen Unikats Millionen hinzublättern? Bis anhin hat man kostspielige Kunst an die Wand genagelt, ins Museum gestellt oder andere Unikate im Tresor verwahrt – ein Paradigmenwechsel?
Es ist eine neue Form des Besitzens, des Sammelns, des Investierens und des Handelns. Im Moment noch im Gewand eines Hypes, steht die Entwicklung und die Verbreitung von NFTs erst am Anfang. Die Frage von oben beantworten Johannes Höllerich und Fabian Danko von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) in einem hervorragenden Aufsatz, hier in Englisch und hier in Deutsch.
NFTs haben das Potenzial, die Kunstszene und andere Märkte stark zu verändern, zumindest massiv zu erweitern. Ein Megatrend, der 2022 neue Konturen und zusätzliche Breite gewinnen wird.
Die nächsten grossen Dinger im Bereich Finance
Ob man sie Megatrends oder überfällige Selbstverständlichkeiten nennen will, durch ihre Ausbreitung werden sie bald schon als gross wahrgenommen – deshalb darf das "Mega" stehenbleiben.
Instant Payments
Heute von Banken noch mit wenig Enthusiasmus in der Nische gehalten, werden Instant Payments morgen zu den Selbstverständlichkeiten gehören. Spätestens übermorgen. Weltweit. Ohne zusätzliche Gebühren. Einfach deshalb, weil überfällige Selbstverständlichkeiten von Konsumenten erwartet und gefordert werden.
Details zu Instant Payments mit einem Blick auf den Status in der Schweiz gibt's in unserer dreiteiligen Artikel-Serie hier.
Embedded Finance
Finanz- und Versicherungs-Dienstleistungen, von Nicht-Banken angeboten, werden in den nächsten Jahren stark zulegen. Die Entwicklung läuft schon länger, das Phänomen holt jedoch erst richtig Anlauf.
Ein Megatrend ist Embedded Finance deshalb, weil der Komfort von passenden und direkt abrufbaren Finanzdienstleistungen im Autohaus, bei der Ikea oder sonstwo im Handel von Konsumenten geschätzt und vermehrt auch erwartet wird. Das Prinzip folgt den Wünschen und Bedürfnissen von Kunden. Beispiel: Ein Kredit wird dort angeboten, wo er gebraucht wird, direkt vom Händler beim Kauf, ohne dass ein Kunde zur Bank rennen muss.
Banking as a Service
BaaS ist die Voraussetzung, damit Embedded Finance funktionieren kann. Anbieter von Banking as a Service (BaaS) bieten Software und APIs als modularen Baukasten, damit Unternehmen (Nicht-Banken) ihren Kunden jede gewünschte Art von Finanzdienstleistungen direkt im passenden Umfeld anbieten und innerhalb ihrer bestehenden Prozesse auch direkt abwickeln können.
Und sonst?
Kryptowährungen werden im volatilen und im vorläufig weiterhin unberechenbaren Kanal bleiben, dürften jedoch auch durch FOMO-Effekte an Breite eher gewinnen. DeFi wird an Dynamik und Gewicht zulegen, Stable Coins von privaten Anbietern dürften mittelfristig eher auf dem absteigenden Ast platziert werden. Wohin die Reise bei Kryptowährungen, DeFi und Stable Coins konkret führt, wird sich erst zeigen. Die nutzbaren Möglichkeiten und die neu gesetzten Grenzen bleiben eng verknüpft mit den Intentionen von Staaten, Zentralbanken und Regulatoren.
Letztere sind erst in den vergangenen Monaten so richtig erwacht, beginnen sich zu organisieren und schmieden unterschiedliche Pläne. Ein Megatrend in diesem Bereich könnte darin liegen, dass 2022 eine überraschend starke Regulierungswelle von verschiedenen Seiten über die Branche schwappt. In den USA, in Europa, weltweit.
Offene Regulierung mit Augenmass und ohne verkappte Abwürg-Absichten könnte den Krypto- und DeFi-Märkten sehr viel bringen und durch erhöhtes Vertrauen neue und zusätzliche Breite schaffen. Scheuklappen-Mentalität und das Ausleben geschürter Ängste auf Seite der Regulatoren könnte das Gegenteil bewirken und massiv Sand ins Getriebe einer jungen Industrie werfen.
Hier ist aktuell vieles offen, weil im Moment sehr unterschiedliche Haltungen zu den noch nicht fertig geschmiedeten Regulierungen aufeinandertreffen. Momentan stehen zahlreiche Köchinnen und Köche mit am Herd, zum Teil kocht die Suppe ziemlich heiss, Konkretisierungen sind eher bald zu erwarten.