Die Volatilität von Kryptowährungen wird von vielen Faktoren beeinflusst – die aktuellen Haupttreiber lassen sich jedoch eingrenzen und benennen.
Die zentralen Faktoren für den Bitcoin-Absturz mit Ansage Anfang Juli haben wir damals skizziert, hier. Die aktuellen Haupttreiber für ein mögliches Auf und Ab der nächsten Tage und Wochen fassen wir im Folgenden zusammen.
Welche Faktoren drückten und drücken den Bitcoin-Kurs nach unten?
Abgeschlossen: 50'000 Bitcoins vom Bundeskriminalamt (BKA)
Das deutsche BKA hat rund 50'000 Bitcoins in den Markt fliessen lassen und damit ein temporäres Überangebot geschaffen. Dieser als "Notveräusserung" deklarierte Akt hat dem Freistaat Sachsen 2.639 Milliarden Euro in die Kassen gespült, die nun in Cash gebunkert werden.
Angebot und Nachfrage beeinflussen die Kurse, keine Frage, nur: die Panik der Anlegerinnen und Anleger bei der Ankündigung der Transaktion war möglicherweise der grössere Crash-Faktor als die Tatsache, dass der Markt mit zusätzlichen Bitcoins geflutet wird. Profitiert haben jene Anleger, welche der Regel "Buy the Dip" gefolgt sind und ihre Bestände mit Bitcoins zu Crash-Preisen ausgebaut haben. Details zur durchgeführten und abgeschlossenen "Notveräusserung" gibt's hier.
Im Prozess: 142'000 Bitcoins von Mt. Gox
Durch die 2014 kollabierte Kryptobörse Mt. Gox haben Nutzerinnen und Nutzer insgesamt 850'000 Bitcoins verloren. Davon konnten 142'000 Bitcoins "gerettet" werden. Der Insolvenzverwalter der Kryptobörse kündigte im Juni 2024 an, dass diese Bitcoins im Wert von gut 9 Milliarden US-Dollar ab Juli an die Geschädigten ausbezahlt werden sollen.
Dieser Prozess erfolgt in Tranchen und ist noch am Laufen. Obschon der Schock über die Flut der "neuen" Bitcoins längst eingepreist ist, scheinen Meldungen zu jeder neuen Tranche die anlegenden Gemüter weiterhin zu beunruhigen, was den Bitcoin-Kurs phasenweise belasten kann.
Spekulation: 61'000 Bitcoins von Grossbritannien
Marktbeobachter befürchten, dass nach dem Regierungswechsel in Grossbritannien die Labour Party die Bitcoin-Bestände des Landes auf den Markt werfen könnte. Die neue Regierung braucht Geld für ihre politischen und sozialen Pläne und der Verkauf von 61'000 Bitcoins würde dem Land etwas mehr als 4 Milliarden US-Dollar in die Kassen spülen. Diese Befürchtung ist im Moment reine Spekulation. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass auch vage Möglichkeiten und Gerüchte zu Ängsten führen, die den Bitcoin-Kurs nach unten drücken können.
Welche Faktoren lassen den Bitcoin-Kurs steigen?
Genehmigung und Handelsstart für Ethereum-Spot-ETFs
Plötzlich ging es schnell – die Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde der USA (SEC) hat die finale Genehmigung für die Spot-ETH-ETFs erteilt. Diese guten Nachrichten und der Handelsstart haben den Markt vorerst nicht sonderlich beeindruckt, positive Effekte mit leichter Verzögerung sind jedoch zu erwarten.
So wie bereits Bitcoin-ETFs an der US-Börse gehandelt werden können, ziehen Ethereum-ETFs nun nach. Dadurch fliesst zusätzliches Kapital in den Kryptomarkt. Vor allem jedoch gewinnen Kryptowährungen als Assetklasse an Akzeptanz. Das wird den gesamten Markt beflügeln und auch dem Bitcoin zusätzlichen Schub verleihen. Möglicherweis schon kurzfristig, sicher mittelfristig.
Donald Trump im Wahlkampf um das Amt des Präsidenten der USA
War Donald Trump früher eher ein Bitcoin-Gegner, hat er im Vorfeld der Präsidentschafts-Wahlen eine andere Flagge gehisst und gibt sich neuerdings als Befürworter von Kryptowährungen. Er will nun sogar an der Bitcoin-Konferenz in Nashville Ende Juli eine Rede halten. Blosse Wahlkampfstrategie oder ernstzunehmender Konvertit? Zahlreiche Marktteilnehmer glauben (hoffen) Letzteres und setzen auf den Sieg von Trump bei den Wahlen. Dieser Glaube und diese Erwartung geben dem Bitcoin-Kurs heute schon Auftrieb.
Daran hat auch seine neue wahrscheinliche Gegnerin Kamala Harris bisher nichts geändert. Die Haltung von Harris gegenüber Kryptowährungen ist noch nicht so ganz klar, wahrscheinlich jedoch weniger positiv als Trumps demonstrative Zustimmung. Sollte sich ein Wahlsieg von Harris abzeichnen, dürfte sich dieses durch Hoffnungen und Erwartungen getragene Moment ins Gegenteil verkehren und den Bitcoin-Kurs wieder negativ beeinflussen. Es sei denn, Harris würde sich im Wahlkampf aus strategischen Gründen als Unterstützerin der Kryptomärkte positionieren, um Trump den von ihm momentan exklusiv beanspruchten Bitcoin-Wind aus den Segeln zu nehmen.
Die momentane Verfassung des Kryptomarktes
Dazu kommen die normalen Volatilitäten, die mit Zins-Entscheiden, geopolitischen Entwicklungen und weiteren Faktoren zusammenhängen. Aber immerhin, die von uns beschriebenen Strömungen dürften im Moment als Haupttreiber funktionieren, welche den Bitcoin-Kurs nach oben flügeln oder nach unten drücken.
Die negativen und die positiven Einflussfaktoren scheinen sich aktuell die Waage zu halten. Die Schreckens-Nachrichten der Bitcoin-Schwemme haben die Kurse wohl massiv tauchen lassen, der Markt hat die neue Flut jedoch gut verkraftet – das dürfte auch weiterhin der Fall sein. Geraten die einen in Panik und verlieren den Kopf, kaufen die anderen günstig ein. Dadurch bleiben die Relationen von Angebot und Nachfrage im Lot.
Die guten Nachrichten haben im Fall der Ethereum-ETFs Gewicht und dürften dem Markt mittelfristig zusätzliche Stabilität bringen. Die Erwartungen rund um Trump stehen allerdings eher auf wackligem Boden, die hochgehypten Hoffnungen könnten schnell wieder verfliegen. Auch das dürfte jedoch nur zu vorübergehenden Tauchern führen – der Kryptomarkt ist, trotz hoher Volatilität, deutlich robuster als noch vor wenigen Jahren.