Der CEO-Sessel des Online-Versicherers Smile war schon die letzten sechs Jahre durch Pierangelo Campopiano mit einem Manager der jüngeren Garde besetzt.
Mit der neuen CEO Joséphine Chamoulaud gelingt beinah ein nächster Generationenwechsel. Die 31-Jährige mit dem Profil jung, dynamisch, kreativ und Agenturhintergrund hat bereits seit einigen Jahren als Marketingleiterin der Werbung von Smile ein unverwechselbares Gesicht gegeben.
Chamoulaud hat das Wachstum, die positive Entwicklung und die die Internationalisierung von Smile in den letzten Jahren massgeblich geprägt und mitverantwortet. Mit der neuen CEO aus den eigenen Reihen bleibt sichergestellt, dass die digitale und expansive Strategie des Online-Versicherers nahtlos weitergeführt werden kann. Überraschungen bleiben möglich, die CEO hat mit Smile in den nächsten Jahren nach eigenen Aussagen noch sehr viel vor.
Smile ist eine Tochter der Helvetia und hat sich als komplementäres Geschäftsmodell gegenüber traditionellen Versicherungen positioniert und etabliert. Komplementär meint: frisch, klar, digital, nicht geschwätzig, ohne viel Kleingedrucktes, deshalb einfach, für alle verständlich und dazu faire Prämien. Diese Rezeptur scheint anzukommen, bisher haben sich 195'000 Kundinnen und Kunden in der Schweiz, in Österreich und in Spanien unter den Schutzschirm des Online-Versicherers gestellt.
Als InsurTech unter den Schweizer Versicherern fällt Smile nicht nur durch konsequente Digitalisierung und lockere Ansprache auf, Smile lanciert und testet regelmässig Innovationen wie zum Beispiel das Freemium-Modell als Lockstoff für Noch-nicht-Kunden oder auch durch die virtuelle Präsenz im Metaverse.
Warum die Disruption in der Versicherungsbranche erst beginnt
Unsere Redaktion hat vor einem Jahr über die Disruption in der Schweizer Versicherungsbranche laut nachgedacht, hier. Wir haben eine Auslegeordnung gemacht, wie in der Schweiz seit Jahrzehnten nahezu unverändert und traditionell versichert wird – und was deshalb fehlt und längst schon verändert und aufgefrischt gehört. Das umfasst zum Beispiel und in Stichworten auf den Punkt gebracht: Bedingungen einfach, kurz und klar, statt langfädig und kryptisch. Versicherungen monatlich kündbar, statt gewohnte Bindung an möglichst lange Laufzeiten. Variable Tarife für unterschiedliche Verhaltensweisen und Gewohnheiten. Versicherungen zum An- und Ausknipsen, weil nicht jeder Versicherungsschutz permanent gebraucht wird. Und mehr.
Gesellschaft, Lebensentwürfe, Menschen und ihre Gewohnheiten haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark verändert. Versicherungen deutlich weniger, die Branche hält gerne am Bewährten vergangener Jahrzehnte fest. Deshalb: ein weites Feld für mutige InsurTechs, das innovativen Playern mit neuen Ideen grosse Chancen eröffnet.
Die Angst vor Kannibalisierung ist einer der Bremsklötze in der Versicherungsbranche, welcher die Entwicklung hemmt. Kommt die Disruption nicht aus den eigenen Reihen, können InsurTechs und auch Big Techs von aussen zu Kannibalen werden. Das ist vermehrt auch der Fall, dürfte sich in den nächsten Jahren allerdings noch verstärken. Die Angst vor Kannibalisierung ist folglich berechtigt, das Dilemma ist für Versicherer jedoch nur durch eine Entscheidung zu lösen:
Will man überholte Geschäftsmodelle selbst und aktiv mutig disruptieren? Oder will man seine angestammten Pfründe ohne jeden Erneuerungswillen verteidigen und sich damit in die Rolle des Menüs am Kannibalentisch manövrieren? Wenige Versicherer haben entschieden und sind auf dem Weg, die meisten bleiben zögerlich und warten ab. Insofern gehören der Digital-Versicherer Smile und seine junge CEO weiterhin zu den gesetzten Protagonisten mit dem Potenzial, einer traditionellen Branche mit geringem Veränderungs- und Gestaltungswillen ein neues Gesicht zu geben.