Intelligente und komfortable Onboarding-Prozesse können Interessenten ganz schnell zu Kundinnen und Kunden machen. Oder auch nicht, wenn das Onboarding nicht als Brückenbauer, sondern vielmehr als Verhinderer funktioniert. Das gibt's auch heute noch. Prozesse, die aus dem letzten Jahrhundert zu stammen scheinen. Medienbrüche und Umwege ohne Entrinnen. Oder, der Klassiker, eine Software, die einen Pass oder einen Personalausweis auch beim dritten Anlauf immer noch nicht lesen und verifizieren kann.
Das wichtige Thema des Onboardings wieder einmal aufzugreifen, ist auf unserer Redaktion aktuell durch das FinTech Findependent befördert worden, das sich ein neues Onboarding leistet. Die zentrale Onboarding-Frage geht jedoch weit über ein einzelnes FinTech hinaus – Kundinnen und Kunden erwarten heute von jedem Unternehmen Komfort beim hürdenlosen Onboarden.
Findependent will weiter wachsen und hat das Onboarding optimiert
Eine Viertelstunde ist zu lange, Medienbrüche verscheuchen Kunden und technische Hürden gehören weggeräumt, sagen die Macherinnen und Macher des Finanz-Startups Findependent, und leisten sich ein neues modernes Onboarding. Es dauert keine zehn Minuten mehr, um Kundinnen und Kunden an Bord zu holen, freut sich das FinTech.
In erster Linie dürften sich jedoch besagte Kundinnen und Kunden freuen, die jetzt genau das bekommen, was sie erwarten. Und auch erwarten dürfen. Im Gegensatz zur bisherigen Lösung wird mit dem In-App-Onboarding der Registrierungsprozess komplett ohne Medienbrüche realisiert. Die Verifizierung der Telefonnummer und die Vertragsunterzeichnung via SMS erfolgen über das Mobiltelefon und auch die Identifikation läuft über die Smartphone-Kamera.
Wenn die Idee der Kundenzentrierung am Onboarding scheitert
Was sich wie aktueller Stand der Technik und deshalb wie Standard liest, ist es noch längst nicht überall. Und das ist ziemlich erstaunlich. Unsere Redaktion absolviert Onboarding-Prozesse zu Testzwecken immer wieder mal hier und dort. Die Zahl der veralteten Technologien, mühseligen Verfahren und der Einsatz pannenanfälliger Software nimmt wohl ab, ist jedoch nach wie vor überraschend gross.
Wir haben schon mehrfach berichtet über FinTechs und Neo-Banken mit exzellenter Software und durchdachten Prozessen. Das sind jene, die davon ausgehen, dass Menschen, besonders weniger geübte, Fehler machen. Deshalb funktioniert wirklich gute Software wie ein Freund, nimmt neue Kundinnen und Kunden gewissermassen an der Hand und führt sie schnell und sicher durch die Prozesse. Das verhindert Frustrationen und garantiert Erfolg auf allen Seiten.
Über Unternehmen, deren Onboarding nach verschlungenen Umwegen und Pannen zur Meldung führt, dass jetzt nur noch der Support helfen kann, der allerdings erst am nächsten Morgen wieder erreichbar ist, haben wir uns auch schon ausgelassen.
Auf längere Sicht ist es eine ganz schlechte Idee, mit einer billigen Onboarding-Lösung die Kosten für Kundengewinnung indirekt in die Höhe zu treiben, weil ein beträchtlicher Teil der Noch-nicht-Kunden mitten im Prozess entnervt wieder abspringt. Und auch nicht wiederkommen wird. Neben dem Kosten- ist das auch ein Imagefaktor, der negativ ins Gewicht fällt. Kein Unternehmen sollte es zulassen, dass beträchtliche Investitionen in Produktentwicklung, Services und Marketing kleinere Früchte tragen, weil der Onboarding-Prozess zu den schwachen Gliedern in der Kette gehört.
Wachstum wird durch Kundenzentrierung gefördert. Allerdings nur dann, wenn das Versprechen der Kundenzentrierung auf jeder Ebene eingelöst wird – auch und gerade beim Onboarding.
Apropos Wachstum: nochmals ein Blick auf Findependent
Findependent gehört zu den bemerkenswerten Startups in der Schweiz, weil das FinTech durch die Beharrlichkeit seines Gründers mit einer Idee Erfolg hat, die im Kern sehr einfach und schnell erklärt ist. Matthias Bryner ist im Februar 2021 gestartet mit der Vision, das Anlegen für ganz normale Menschen und eher unerfahrene Anlegerinnen und Anleger einfach zu machen. Viel mehr war da erstmal nicht, das war sein Hauptargument. In einem Markt, der zu diesem Zeitpunkt bereits ziemlich gut mit anderen Anlage-Apps besetzt war, die ebenfalls mit ETFs, tiefen Einstiegshürden und fairen Gebühren unterwegs waren.
Die an sich simple Rezeptur des "einfachen Anlegens" hat Bryner als Hauptargument konsequent durchgezogen, ohne markante Unterschiede in Angebot oder Leistungen zu seinen Konkurrenten zu schaffen. Mit dieser Rezeptur hatte und hat der Gründer Erfolg. Seine Bescheidenheit und seine Glaubwürdigkeit im Auftritt haben 2021 dazu geführt, dass er mit Roland Brack und Lukas Speiser zwei Investoren in der "Höhle der Löwen" für sein FinTech gewinnen konnte. Zu einem Zeitpunkt, als er gerade mal 140 (!) Kundinnen und Kunden auf seiner Plattform vorweisen konnte.
Im ersten Startup-Jahr und mit Unterstützung der Löwen hat Findependent 3'000 Kundinnen und Kunden überzeugen können. Das hat ein halbes Jahr später weitere Investoren dazu gebracht, dem Startup mit zusätzlichen 1.2 Millionen Franken Rückenwind zu geben. Bryner sagt: «2021 war es für uns wichtig, schnell an den Markt zu kommen und mit minimalem Aufwand herauszufinden, ob für unsere Anlage-App überhaupt Nachfrage besteht».
Der Markt hat eine Antwort geliefert, die das FinTech in seinen Plänen und Etappenzielen offenbar bestätigen. Heute nutzen rund 6’000 Kundinnen und Kunden die App für ihre Geldanlage. Das will sagen – und das ist als belegte Einsicht bemerkenswert: Ein Startup, das sich im Angebot nicht wesentlich von grösseren Konkurrenten unterscheidet, kann wachsen und Erfolg haben. Dann, wenn ein bestimmtes Argument – im Falle von Findependent das Argument des "einfachen" und sorgenfreien Anlegens – dermassen konsequent kommuniziert wird, dass es den Charakter einer Alleinstellung bekommt, ohne zwingend ein USP sein zu müssen.
Dass Findependent sein bisher etwas zähflüssiges Onboarding durch eine schnelle und komfortable Lösung ersetzt hat, dürfte als kundenzentriert gedachte Massnahme den laufenden Kundenzuwachs beschleunigen. Nicht nur von bisher 15 auf neu weniger als 10 Minuten, möglicherweise auch in harten und absoluten Kundenzahlen.