Nach dem Postorganisationsgesetz darf die Postfinance keine Kredite und Hypotheken an Dritte vergeben. Für eine Bank ein enges Korsett, das ihre Ertragsmöglichkeiten empfindlich schmälert.
Wenig erstaunlich, dass die Post-Tochter für das erste Halbjahr 2018 ein Betriebsergebnis erzielt hat, das deutlich unter den Vergleichsperioden früherer Jahre lag. Die Ankündigung der Postfinance, dass sich diese negative Entwicklung fortsetzen werde, hat den Bundesrat offensichtlich veranlasst, eine längst fällige Entscheidung zu treffen.
Der Bundesrat zur Weiterentwicklung der Postfinance
Die Meldung aus dem Bundeshaus wird konkret:
In seiner Sitzung vom 5. September 2018 hat sich der Bundesrat mit verschiedenen Optionen zur Weiterentwicklung der Postfinance befasst. Er ist dabei zum Schluss gekommen, dass ohne Zugang zum inländischen Kredit- und Hypothekarmarkt für Postfinance langfristig kein erfolgversprechendes Geschäftsmodell möglich ist.
Nach Auffassung des Bundesrates ist der Eintritt von Postfinance in den Kredit- und Hypothekarmarkt auch aus Konsumentensicht zu begrüssen, weil er zu einer Belebung des Wettbewerbs führt. Der Bundesrat erkennt darin kein zusätzliches Risiko für die Finanzmarktstabilität, da der Eintritt von Postfinance in den Kredit- und Hypothekarmarkt in kleinen Schritten über mehrere Jahre hinweg erfolgen wird.
Um das zusätzlich notwendige Eigenkapital zu beschaffen und um die Beteiligungsrisiken des Bundes zu reduzieren, spricht sich der Bundesrat für eine Öffnung des Aktionariats von Postfinance aus. Mit einem erfolgversprechenden Geschäftsmodell sieht der Bundesrat dafür gute Voraussetzungen. Wie im geltenden Postorganisationsgesetz vorgesehen, soll die schweizerische Post – und damit indirekt der Bund – Mehrheitsaktionär von Postfinance bleiben. Um die im Postgesetz geregelte Grundversorgung mit Postdiensten und Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs in der heutigen Form zu gewährleisten, muss Postfinance Teil des Postkonzerns bleiben. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität zwischen staatlich beherrschten und privaten Akteuren im Kredit- und Hypothekarmarkt gebührende Aufmerksamkeit zu widmen ist.
Der Bundesrat hat das UVEK beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem EFD eine Vernehmlassungsvorlage für eine Teilrevision des Postorganisationsgesetzes auszuarbeiten. Das Kredit- und Hypothekarverbot soll aufgehoben werden.
Wie es weitergeht
Die entscheidende Phase für die Zukunft der Postfinance steht erst bevor, die Teilprivatisierung und der Einstieg ins Kredit- und Hypothekengeschäft sind noch keine Realitäten. Mit der Entscheidung des Bundesrates, eine Vernehmlassungsvorlage auszuarbeiten, sind im Moment nur erste Weichen gestellt, um Bewegung in einen unhaltbaren Zustand bringen – damit ist die Diskussion eröffnet.
Und diese Diskussion dürfte im National- und Ständerat sehr kontrovers und heftig geführt werden. Die einen werden eine Teilprivatisierung der Postfinance nicht goutieren, andere werden Front gegen die Aufhebung des Kreditverbots machen und progressive Vertreter befürworten möglicherweise die volle Banklizenz nur unter der Voraussetzung, dass die Postfinance vollständig privatisiert wird.
Welche Interessen aufeinanderprallen und wo Kompromisse oder Annäherungen möglich sind, werden wir sehen. Die Auseinandersetzung mit dem Thema folgt jedoch einer klaren Prämisse: So wie bis anhin, wird es nicht weitergehen können.
Deshalb ist die längst überfällige Entscheidung des Bundesrates zu begrüssen, weil sie konkret den Boden schafft, um Chancen, Risiken, Möglichkeiten, Szenarien und Alternativen überhaupt erst und breit zu diskutieren. Das war bisher nicht der Fall. Und das ist schon mal mehr und sehr viel besser, als im bestehenden Vakuum der Regungslosigkeit zu verharren.