Während Online-Dienste in den letzten zehn Jahren zur Norm für das Arbeiten, Kommunizieren und Einkaufen geworden sind, hat die Corona-Krise zugleich die Notwendigkeit für digitales Banking beschleunigt. Laut einer Studie von Bain wird sich daran auch nicht mehr viel verändern: Die Untersuchung ergab, dass 95 Prozent der Konsumenten diesem Kaufverhalten treu bleiben werden. Über das Bankgeschäft hinaus bringt die Pandemie zudem weitere unerwartete Effekte mit sich, die meiner Einschätzung nach die im Folgenden skizzierten Auswirkungen haben werden.
Anhaltende Disruption im Bereich Payments
Dem Economist zufolge zeigt sich die Beschleunigung der Digitalisierung am deutlichsten bei den Bezahlprozessen. Bargeldzahlungen wichen während des Lockdowns P2P- und Account-basierten Zahlungen – sowohl online als auch über mobile Brieftaschen. Eher überraschend war die verstärkte Nutzung von "Buy-now-Pay-later"-Angeboten und anderen Ratenzahlungsmodellen – Verbraucher nahmen ihre Ausgaben spürbar genauer in den Blick. Eine kürzlich veröffentlichte Fintech-Analyse von FT Partners bestätigt dies. Ein Beweis sind die steigenden Kurs- und Wachstumszahlen von Unternehmen wie Afterpay, Sezzle und Splitit sowie die grossen Finanzierungsrunden von Firmen wie Klarna und Affirm. Es ist mit weiterer Disruption zu rechnen, wenn die Big Techs mit neuen Patenten und Investitionen in Zahlungstechnologien und Startups die Marktentwicklung weiter vorantreiben.
Weiter zunehmende Bedeutung von Responsible und Sustainable Banking
Digitales Banking und die Migration in die Cloud hatten im Jahr 2020 nicht nur für die Kunden Vorteile, sondern reduzierten auch den Bedarf an Reisen und papierbasierten Transaktionen erheblich. Ein Trend, der sich positiv auf die Nachhaltigkeitsziele der Banken auswirkt. Grüne und nachhaltige Konzepte stehen auch in der Finanzwelt bereits seit einiger Zeit auf der Agenda, 2021 wird dies noch weiter zunehmen. Investmentbanken werden Indizes einführen, die aufzeigen, wie umweltfreundlich Investitionen sind. Unternehmenskredite werden eng mit der Frage verknüpft sein, wie "grün" ein Kreditnehmer ist. Wir sehen bereits jetzt, wie Datenanbieter die Einführung von Instrumenten zur Überwachung der Nachhaltigkeit vorantreiben. Die Adaption des Open Bankings betrachten wir als eine riesige Chance für die Verbreitung von Anwendungen zum persönlichen Finanzmanagement (Personal Finance Management – PFM). Der Austausch von Daten wird 2021 einen neuen Höhepunkt erreichen und ich glaube, dass PFM für alle Kundensegmente eine Schlüsselrolle spielen wird.
Neuausrichtung des Einzelhandels
Offensichtlich führte die Corona-Pandemie zu einem enormen Anstieg bei der Nachfrage nach digitalen Banking-Prozessen – nicht nur für das kontenbasierte Tagesgeschäft, sondern auch bei der Kreditvergabe, bei Payment-Anwendungen, Onboarding-Prozessen und mehr. Diese Entwicklung wird nicht ausschliesslich von jüngeren Benutzern angetrieben, auch die älteren Generationen steigen zunehmend mit ein. Diese "World of Remote" beginnt sich gerade erst zu entfalten und wird auch weiterhin Entscheidungen beeinflussen. Schliesslich kämpfen die Banken gerade um das Gleichgewicht zwischen hochpreisigen Immobiliengeschäften, geringeren Margen und der zunehmenden Fähigkeit, ihren Kunden übergreifende Services zu bieten. Der Digitalisierung des Front-Office wird künftig grosse Priorität zuteil werden.
Digitalisierungs-Defizite schlagen durch
Für Banken, die ihre Digitale Transformation nur langsam vorantreiben, waren die vergangenen Monate eine Zeit der Abrechnung. Es wird nicht leicht werden, den Rückstand aufzuholen – vor allem für diejenigen, die noch immer über Counter-Kundenberatung arbeiten. Digitale Marktführer nutzen bereits die Vorteile von Bank-as-a-Service (BaaS) und Bank-as-a-Platform (BaaP). Diejenigen, die ihre Portfolios durch die Integration von Drittanbietern und offene APIs erweiterten, konnten ihre Kosten bereits effektiv senken. 2021 wird das Jahr, in dem diese Transformationsbemühungen intensiviert und neue Marktanteile erobert werden.