Neo-Banken

Ist die Neo-Bank Yuh reif für die Expansion ins Ausland?

Tablet und zahlreiche Länder-Flaggen in der Luft

Yuh-CEO Markus Schwab würde den Sprung aufs internationale Parkett wagen. Von unserer Seite eine Kurzanalyse der Chancen für Yuh in Deutschland.

Wie unsere Kollegen von Finanz und Wirtschaft (Paywall) in Erfahrung gebracht haben, denkt die Neo-Bank Yuh in grossen Formaten und will ins Ausland expandieren. Die Würfel sind noch nicht gefallen, aber auf oberster Ebene werde diskutiert und abgeklärt, ob die erfolgreiche Startup-Tochter von Swissquote und Postfinance den riskanten Schritt wagen soll. Der Verwaltungsrat will gegen Ende 2024 entscheiden, ob Yuh ins Ausland expandieren soll.

Markus Schwab, CEO von Yuh, bestätigt die Gerüchte, die damit keine mehr sind, und meint gegenüber der "FuW": «Wenn das Geschäft in der Schweiz erfolgreich ist, warum sollte man damit nicht den Sprung auf das internationale Parkett wagen? Vorausgesetzt, die Bedingungen sind erfüllt.»

Welche Bedingungen will der CEO denn erfüllt sehen?

Die Bedingungen, die Schwab anspricht, sind grundsätzlich erfüllbar – oder sogar bereits erfüllt. Für den Yuh-CEO stehen drei Punkte im Fokus:

Profitabilität
Zum einen steht die Profitabilität der Neo-Bank im Vordergrund.

Im ersten Quartal 2024 hätte die Neo-Bank erstmals einen kleinen Gewinn geschrieben. Das ist eine positive Entwicklung, damit ist die Gewinnschwelle jedoch noch nicht dauerhaft überschritten.

Nummer 1 der Schweizer Neo-Banken
Zum anderen soll Yuh die Nummer 1 unter den Schweizer Neo-Banken werden.

Je nachdem, wie man rechnet, ist diese Bedingung bereits heute erfüllt – oder dann ist Yuh mit über 225'000 Kundinnen und Kunden sehr nahe dran. Die App der Credit Suisse (CSX) ist mit 400'000 Nutzerinnen und Nutzern grösser, aber nicht unbedingt erfolgreicher. Zudem segelt CSX in einer besonderen und heute noch ungewissen Konstellation. Im Vergleich zu den anderen Schweizer Neo-Banken hat Yuh ihre Konkurrenten zahlenmässig überholt und ist bereits heute die Nummer 1.

Überraschungen in Sachen Wachstum und Kundenzahlen sind möglicherweise von Coop Finance+ zu erwarten. Die vor sieben Monaten lancierte App des Detailhandelsriesen ist von der Angebotsstruktur her allerdings anders aufgestellt als Yuh.

Regulatorische Anforderungen
Zum Dritten muss Yuh die regulatorischen Anforderungen im Ausland erfüllen können. 

Auf europäische Länder bezogen dürften die Expansionspläne an diesem Punkt nicht scheitern. Zum einen verstehen die Macherinnen und Macher bei Yuh ihr Handwerk und realisieren Angebote und Innovationen in Abstimmung mit regulatorischen Richtlinien. Zum anderen hat das Mutterhaus Swissquote Erfahrung in Auslandexpansionen und verfügt auch über entsprechende Lizenzen. Innerhalb der EU Insbesondere mit der Swissquote Bank Europe in Luxemburg, welche mit einer Banklizenz unterwegs ist. Unter dem Dach dieser Lizenz öffnen sich für Yuh alle Möglichkeiten im Ausland, so wie das unter dem Schirm der Swissquote bereits in der Schweiz der Fall ist.

Geht Yuh in Deutschland mit N26 und Revolut in den Ring?

C24, Bunq, Monese, Qonto, Vivid Money und einige andere gibt's auch, aber die mit Abstand grössten Kundenzahlen generieren N26 und Revolut. Zudem bieten diese beiden Schwergewichte eine ähnliche Angebotsvielfalt, die auch Yuh im Programm hat. In der Angebots-Trilogie von Yuh – Zahlen, Sparen, Investieren – sind die deutsche Neo-Bank N26 und die britische Challenger-Bank Revolut ebenso fit und gut aufgestellt. 

Von Deutschland oder anderen Zieldestinationen war bei Yuh noch nicht die Rede. Aufgrund von Marktgrösse und weiteren Faktoren gehen wir jedoch davon aus, dass Yuh bei einer geografischen Expansion Deutschland den Vorzug geben würde, vor Frankreich, Italien oder Spanien.

Welche Chancen hat die Schweizer Neo-Bank Yuh in Deutschland?

Mit der breiten Angebotspalette, dem lockeren und flockigen Auftritt und dem USP der Swissness hätte Yuh sicher Chancen. Allerdings nur dann, wenn die breite Bevölkerung von der Existenz des neuen Players erfährt. Darin liegt denn auch der Knackpunkt.

Im Kern messen sich die Chancen vor allem an den Kosten und an der Investitionsbereitschaft der beiden Mutterhäuser Swissquote und Postfinance. Sind die Markteintrittskosten für FinTechs in neuen Ländern in der Regel sehr hoch, dürfte dieser Ausgabeposten für Yuh durch das Vorhandensein der luxemburgischen Swissquote Bank Europe etwas gemildert werden. Kann Yuh von bestehenden Strukturen, Lizenzen, Know-how und Verbindungen in der EU profitieren, kann die Neo-Bank auf teilweise geebneten Wegen starten.

Richtig teuer und aufwendig wird jedoch die Marktbearbeitung. Als vorerst unbekannte Grösse in einem Riesenmarkt Aufmerksamkeit und Bekanntheit zu schaffen, ist extrem kostspielig. Potenzielle Kundinnen und Kunden in grosser Zahl davon zu überzeugen, nicht N26, Revolut oder andere Neos zu wählen, sondern Yuh das Jawort zu geben, dürfte in den ersten Jahren sehr hohe Summen verschlingen.

Die Einschätzung unserer Redaktion

Am Potenzial des Marktes Deutschland wird's nicht scheitern, der Markt ist gross. An der Konkurrenz der grossen Neo-Player ebenso wenig, weil Yuh mit einem vergleichbaren Angebot unterwegs ist. In gewisser Weise kann Yuh sogar von den bestehenden Playern profitieren. Diese haben in den vergangenen Jahren das Terrain geebnet und das Bewusstsein geschaffen, was eine Neo-Bank ist und wem sie nützt. Auf diesem Boden hat ein neuer Player "nur" noch die Aufgabe, interessierten Gruppen zu erklären, warum gerade er die beste Wahl ist.

Grob geschätzt haben N26, Revolut und die Vielzahl der kleineren Neo-Banken zusammengenommen heute in Deutschland um die 5 Millionen Kundinnen und Kunden an Bord. Das sind erst knapp zehn Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland. Rechnet man das Drittel raus, das sich auch in Zukunft niemals für eine Neo-Bank als Zweit- oder Erstbank entscheiden würde, bleiben deutlich über 30 Millionen Menschen im Spiel, die möglicherweise für das eigene Unternehmen zu interessieren wären. Diese Zahl wird noch grösser, wenn in weiteren Schritten über die Grenzen von Deutschland in den EU-Raum hinausgedacht wird.

Die Chancen für Yuh sind intakt. Produkt, Innovationsfreude, Know-how, Pioniergeist und Startup-Gen sind vorhanden. Der Verwaltungsrat von Yuh wird bis Ende 2024 entscheiden, ob die Neo-Bank im Ausland starten soll oder nicht. Im Kern basiert diese Entscheidung auf Überlegungen mit nüchternen Zahlen:

Ist man bereit, massiv zu investieren, um die vorhandenen Chancen in einen Kundenstamm profitabler Grösse umwandeln zu können? Und räumt man diesem Umwandlungsprozess genügend Zeit und Spielräume ein?

In einigen Monaten werden wir das erfahren.