Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland leben, bezahlen oftmals gewaltige Zuschläge für ein Schweizer Bankkonto – sofern sie überhaupt eines bekommen. Der Vergleichsdienst Moneyland hat aktuell nachgerechnet und kommt auf zusätzliche Gebühren zwischen 80 und 720 Franken pro Jahr, die Auslandschweizer für ihr Bankkonto hinblättern müssen, Details dazu gibt's hier.
Banken begründen die massiven Zuschläge mit administrativen und regulatorischen Mehraufwänden, die sie für Kunden mit Auslandsadresse auf sich nehmen müssen. Schweizerinnen und Schweizer im Ausland fühlen sich benachteiligt und kämpfen seit Jahren schon für faire Konditionen – ohne Erfolg. Auch auf politischer Ebene hatte bisher niemand wirklich Lust, den Ärger der Bevölkerung der "fünften Schweiz" mit dem nötigen Druck zu einem Thema mit Resultaten in Bundesbern zu machen.
Das ist auch insofern erstaunlich, als mit 776'300 Schweizerinnen und Schweizern (Stand 2020, Bundesamt für Statistik) rund 11 Prozent der Schweizer Bevölkerung im Ausland lebt – davon ein beträchtlicher Teil mit Stimm- und Wahlberechtigung. Dennoch hat diese auch zahlenmässig nicht vernachlässigbare Gruppe bisher wenig Resonanz und Schützenhilfe von Politikerinnen und Politikern für ihren Wunsch nach einem Bankkonto mit normalen Gebühren gefunden – das soll sich jetzt ändern, allerdings nicht durch eine politische Intervention.
Die Neo-Bank Yapeal will ihren Namen auf dem nächsten Stimmzettel sehen
Yapeal kandidiert nicht fürs Parlament, die Neo-Bank stellt jedoch neu ihre Konto-Angebote zur Wahl: für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, für Grenzgänger und für Saisoniers. Zu Schweizer Konditionen, also ohne Mondpreise und Zuschläge, welche das Portemonnaie ganz schnell dünner werden lassen.
Yapeal vermittelt den Schweizern im Ausland erste warme Heimatgefühle und Stallgeruch, indem die Angebote für Auslandschweizer auf der Website nicht offensiv unter Preise oder Angebote, sondern unter dem Segel Community geführt werden. Diese dezent platzierte Willkommensgeste erklärt sich auch durch gewisse Einschränkungen im Marketing gegenüber Kunden im Ausland. Die FINMA erlaubt Yapeal Konten für Kunden mit Wohnsitz im Ausland zu führen, aktiv bewerben darf die Neo-Bank diese Zielgruppen jedoch nicht.
Zum Start öffnet Yapeal den Service für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer in den angrenzenden Ländern. Im ersten Halbjahr 2022 sollen weitere 15 Länder folgen.
Starker Move mit weltweiter Ausstrahlung
Ohnehin nicht erlaubte Werbung wird auch nicht notwendig sein, um Teile der grossen Gruppe von 776'300 Schweizerinnen und Schweizern im Ausland zu einem Ja auf dem Yapeal-Konto-Stimmzettel zu bewegen. Die Auslandschweizer-Organisation (ASO) hat an vorderster Front seit Jahren gegen die hohen Konto-Gebühren gekämpft und bisher nie gewonnen. Die ASO betreut unter der Flagge Swiss Community über 750 Schweizer Vereine und schweizerische Institutionen auf der ganzen Welt – sie wird ihre Kanäle und Verbindungen nutzen, um den ersten Sieg auf einem nicht erwarteten Schauplatz breit zu kommunizieren. Das sowie auch die Berichte zahlreicher Medien im In- und Ausland dürften in der Wirkung jede Marketingkampagne um Längen schlagen.
Dass bei dieser Nicht-Marketing-Strategie knapp 780'000 Auslandschweizer und mehr als 300'000 Grenzgänger im Zentrum stehen, könnte sich für Yapeal nicht nur kurzfristig im Image, sondern auf Dauer auch sehr positiv in Zahlen auswirken.
Eine Challenger-Bank, die keine sein darf, landet einen Wurf
Yapeal beschreibt sich selbst in ihrem Statement mit der Aussage: "We are not a Challenger Bank. We are challenging Banking." Die Neo-Bank (das darf sie übrigens auch nicht sein) challenged mit diesem Wurf tatsächlich das Banking, Banken und ein Stück weit auch zähflüssige bis erstarrte politische Prozesse. Yapeal geht einen anderen Weg, hält sich ans Marketingverbot und lässt Medien und vor allem die Swiss Community für sich agieren. Günstiger ist dieses verordnete Nicht-Marketing bei einer grossen Zielgruppe nicht zu haben – deshalb ein Wurf.
Mit diesem Wurf löst Yapeal für eine grosse Bevölkerungsgruppe ein Problem, das bisher kaum lösbar schien. Oder dann nur mit der Entflechtung eines Zuschlags- und Gebühren-Wirrwarrs in Variationen, von Bank zu Bank anders, das am Nerv und an der Brieftasche von Auslandschweizern zerrt. Genauso wie die Auflage, dass die Kontoeröffnung in der Regel in der Schweiz in einer Bankfiliale vor Ort zu erfolgen hat. Schafft es Yapeal, die von klassischen Banken angeführten "administrativen und regulatorischen Mehraufwände" auf Dauer zu managen, dann hat ein FinTech alle diese Hürden auf einen Schlag niedergerissen und challenged damit mehr als nur das Banking.
Apropos Challenger-Bank: Dass Yapeal keine Challenger-Bank und auch keine Neo-Bank sein darf, obschon sie im fliegenden Wechsel mal das eine und mal das andere ist, hängt auch mit Regulatorien zusammen. Inhaber der Schweizer FinTech-Lizenz dürfen sich nicht "Bank" nennen, der Begriff ist tabu. Dass Yapeal in ihrem Statement explizit darauf verweist, keine Challenger-Bank zu sein, ist allerdings nicht blosser Gehorsam, vielmehr auch cleveres Marketing. Eine Challenger-Bank, die sich nicht so nennen darf, will auf Google mit den richtigen Suchbegriffen dennoch gefunden werden. Ist man keine und unterstreicht das regelkonform, klappt's auch mit Algorithmus von Google.