Mit Revolut wird eine weiteres FinTech bald zur Bank, wir haben gestern berichtet. Was genau ist ein FinTech mit Startup-DNA, das eine Banklizenz erhält – weiterhin ein FinTech, eher eine Bank oder etwas ganz anders?
FinTech oder Bank?
Die Frage erübrigt sich: So wie eine Bank ein FinTech sein kann, so kann auch ein FinTech zur Bank werden. Dass dabei der Startup Groove nicht verloren gehen muss, beweist N26 schon seit letztem Sommer. So wie andere Startups in Europa, die eher schnell den Sprung zur FinTech-Bank geschafft hat, die Liste wird länger. Aus naheliegenden Gründen: Kommt die Idee eines FinTechs im Markt an und will das Startup nicht auf Kooperation mit einer Bank oder auf White Label-Lösungen setzen, dann stösst das Unternehmen eher bald an Grenzen und limitiert sich selbst. Ohne Banklizenz bleiben Türen für neue Ideen und erweiterte Leistungen geschlossen.
Deshalb wird die Zahl der erfolgreichen FinTechs mit eigener Banklizenz auch weiterhin wachsen. Genauso wie die Zahl der klassischen Banken, welche zu FinTechs werden oder schon längst FinTechs sind. Nur: Sind das dann dieselben Banktypen, die da entstehen, lediglich mit einer unterschiedlichen Geschichte?
FinTech-Bank oder Digital-Bank?
Mit diesen Begriffen behilft man sich aktuell, wenn ein FinTech die Banklizenz erhält oder eine klassische Bank besonders digital operiert. Die Begriffe treffen den Nagel jedoch auch nicht auf den Kopf, weil zahlreiche Unterschiede bestehen bleiben. Nicht nur in der Geschichte, auch in der Aussensicht, mit den Augen der Kunden betrachtet.
Eine Bank ist eine Bank, vielleicht mit FinTech und deshalb mehr oder weniger digital
Eine Bank ist traditionellerweise ein Institut, wo Kunden hingehen können. Da gibt's Filialen, Menschen, Beratung, Bankschalter, Bargeld, Tresore im Keller und mehr – alles eben, was Kunden mit mit dem Begriff "Bank" verbinden und immer schon verbunden haben. Agiert diese Bank fortschrittlich und digital, bleibt sie erstmal eine Bank. Sie operiert einfach mit schnellen Prozessen, die man von aussen nicht sieht und mit digitalen Angeboten, die Kunden sehen und nutzen können.
Ein Startup ist ein Startup, mit FinTech, vielleicht mit Banklizenz, aber dennoch ohne Bank
Ein FinTech mit Banklizenz war aus der Sicht der Kunden nie eine Bank. In der Regel können Kunden nicht hingehen, es gibt keine Filialen, kein Bargeld und auch keine Tresore im Keller, das FinTech bietet lediglich "bankähnliche" Finanzdienstleistungen. Vom Start weg jedoch digital, ohne Papier und Prospekte, auf Distanz und übers Internet. Deshalb bleibt das FinTech ein digitales Startup, neu einfach mit Banklizenz, es wird deshalb jedoch aus der Sicht des Kunden nicht zur Bank.
Ein Kunde ist ein Kunde, und Kunden haben Anspruch auf Orientierungshilfe
Welche Typen von Banken sind denn da am Entstehen? Sind das überhaupt Banken oder etwas ganz anderes? Das könnte uns allen ziemlich egal sein, wenn es die Kunden nicht gäbe. Die gibt's jedoch glücklicherweise und die brauchen irgendwann taugliche Labels, welche sie dem Finanzdienstleister ihrer Wahl anheften können, damit sie unterscheiden können. Zumal Kunden sich weigern werden, unsere gewohnten Begriffe zu übernehmen. Ein Kunde wird niemals sagen: Ich gehe jetzt zu meiner Digital-Bank, surfe vorher noch bei meiner FinTech-Bank vorbei und vergleiche noch andere Finanzdienstleister ohne Bank. Das klingt nicht nur ziemlich unsexy, das nivelliert auch Unterschiede, die weiterhin bestehen bleiben.
FinTechs haben in Notwehr bereits den Begriff "Smartphone-Bank" kreiert, um Kunden über die traditionellen Assoziationen abzuholen und zu kommunizieren: Was du bisher bei deiner Bank mit Schalterhalle bekommen hast, haben wir jetzt alles digital ins Smartphone gepackt." Also digitale Leistungen, nur ohne Bank. Das taugt auf Dauer als Unterscheidungsmerkmal auch nicht, weil jede klassische Bank den Begriff auch für sich in Anspruch nehmen darf. Das klingt dann sogar nach mehr: digitale Leistungen und sogar mit Bank.
Was haben FinTech Startups gemeinsam?
Die Startups und FinTechs mit Banklizenz, zum Beispiel N26, Atom, Starling, Monzo oder Holvi und bald auch Revolut, haben mehrere Dinge gemeinsam, im Wesentlichen diese:
- Kundenzentrierung
FinTechs "lesen" ihre definierten Zielgruppen und liefern genau das, was die Zielgruppe braucht, wünscht oder was fehlt - Digitales Banking
Das Handling für Kunden sowie Prozesse funktionieren weitgehend oder vollständig digital und online - Smartphone Banking
Angebote und Pakete werden mobil verpackt und fürs Smartphone Banking ausgelegt - Einfaches Handling
Komfort, Schnelligkeit und einfaches Handling für Kunden bleiben immer im Vordergrund - Bedürfnisse erkennen und Wünsche erfüllen
Zielgruppen werden weiterhin "gelesen", was gewünscht ist, wird laufend dazu entwickelt und ausgeliefert - Segmentierung
Mit wachsenden Erfolg und neuem Kapital beginnen die Startups auch bei den Zielgruppen zu segmentieren und schaffen unterschiedliche Pakete (Privatkunden und Geschäftskunden oder Pakete nach anderen Kriterien) - Preise und Gebühren
Kosten- und Gebührenmodelle sind meistens weit bis sehr weit vom Pricing klassischer Banken entfernt (ermöglicht durch schlanke Strukturen und Prozesse ohne Altlasten oder Legacy Systeme) - Marketing
Der lockere bis forsche Umgangston in Marketing und Ansprache bringt frischen Wind und kommt gut an - Service und Support
Die (langfristig erfolgreichen) FinTechs bieten smarten Service, guten Support und schaffen Erreichbarkeit für ihre Kunden (Telefon und Internet, nicht persönlich)
Wie gesagt, eine "Digitale Bank" oder eine "FinTech-Bank" kann auch ein klassisches Finanzinstitut sein, das sich digital transformiert, "kulturell" neu orientiert und seine Geschäftsmodelle neu ausrichtet. Das heisst aber immer noch nicht, dass ein Startup ebenfalls zur Bank wird, nur weil es eine Banklizenz hat.
Was genau bildet sich da heraus?
Keine Bank mit FinTech-Ambitionen und kein FinTech mit Banklizenz-Wünschen, vielmehr eine völlig neue Art von Finanzdienstleistern.
Viele Menschen und Kunden möchten in Zukunft vielleicht gar nicht mit einer Bank arbeiten. Das klingt zu etabliert. Mit einem FinTech allerdings auch nicht. Das klingt zu technisch. Vielmehr aber einem smarten und gleichzeitig verlässlichen "Laden", der à la carte all das Finanzielle in der Auslage hat, was die eigene Lebenssituation gerade erfordert. Und das kann sich alle paar Jahre und schneller ändern. Also eine Art von "Money Home" mit allen Leistungen, die in den aktuellen Lebensentwurf passen.
Banking und Banken
Banken wird es immer geben, die bleiben Banken und heissen Banken? Vielleicht schon. Oder ganz anders? Bereits in den letzten paar Jahren hat sich vieles verändert, das wird weitergehen.
Vor zehn Jahren hätte niemand in der Finanzbranche geglaubt, dass clevere Entwickler in Turnschuhen, Jeans und T-Shirt smarte Apps und Services entwickeln, die im Markt ankommen, Kunden anziehen und etablierten Banken das Wasser reichen können. Und dass dieselben Entwickler, gerade mal Dreissig, immer noch in Turnschuhen, Jeans und T-Shirt, inzwischen mit Banklizenz, faktisch zu Bankdirektoren geworden sind und ein Bankhaus betreiben, ist ebenso erstaunlich. Auch das hat niemand kommen sehen. Die neuen Bankdirektoren und ihre Crew wirken im Look anders als gewohnt und das Bankhaus hat in einem Smartphone Platz. Das ist weder gut noch schlecht und ohne jede Wertung. Der Begriff "Bank" allerdings mag nicht so recht zum neuen Unternehmenstyp passen.
Sollte Bill Gates mit seiner provozierenden Aussage, "Banking is necessary, Banks are not", recht bekommen, sollten gelegentlich taugliche Ersatzbegriffe gefunden werden. Damit die neuen Banktypen, unabhängig von ihrer Herkunft (klassische Bank oder Startup), das richtige Label tragen.
Look und Wording bleiben allerdings zweitrangig, Philosophie, Leistungen und die Art, wie diese Leistungen erbracht werden, sind entscheidend. Und diese Differenzierung muss beim Kunden ankommen. Das richtige Wort und das richtige Label kann dann Kunden helfen, den Typ "Bank" zu wählen, der zu ihnen passt und bei dem sich sich Zuhause fühlen. Moneyhome oder etablierte Bank mit digitalen Services – beides ist gut, nur nicht dasselbe.