Publikumsmedien und Special Interest-Titel übernehmen selbstverständlich nicht Marketing für Challenger-Banken im Auftrag und gegen Honorar. Sowas tun seriöse Medien nicht, sie beschränken sich auf ihre Kernkompetenz. Die liegt darin, News und Hintergrund journalistisch und redaktionell aufbereitet zu ihren Lesern zu bringen. Medien berichten über das, was ihre Zielgruppen interessiert und betrifft. Nicht mehr und nicht weniger.
Die nächste Phase im Marketing-Leben der Neo-Banken
Challenger-Banken geben oftmals und traditionellerweise wenig bis gar kein Geld aus für Marketing. Die verfügbaren Mittel insvestieren sie ins Produkt, in smarte Features und in neue Funktionen, welche kostenlos oder mit sehr attraktiven Gebühren-Modellen angeboten werden.
Im Neukunden-Marketing verlassen sich die Neo-Banken vor allem auf Community, Netzwerkeffekte und auf Mund-zu-Mund-Propaganda. Das scheint ziemlich gut zu funktionieren, wie aktuelle aktuelle Wachstumszahlen von N26 und Revolut zeigen. Das gilt auch für andere europäische Challenger-Banken, welche in der Schweiz aktiv (noch) keine Rolle spielen.
Mit dem wachsenden Leistungsumfang ihrer Smartphone-Banken und ihren attraktiven Gebühren-Modellen bleiben Challenger-Banken Thema in Fachpublikationen, werden jedoch zunehmend auch interessant für breitstreuende Publikumsmedien. Haben Printmedien und Online-Plattform vor Monaten eher sporadisch und kurz über Neo-Banken berichtet, werden die Artikel nun ausführlicher, Takt und Frequenz der Stories erhöhen sich.
Challenger-Banken werden zum Ereignis
Oder mit anderen Worten: Neo-Banken schaffen die Ereignisse selbst. Gesamtpaket, Gebühren oder Nicht-Gebühren und konkrete neue Leistungen werden verstärkt medial thematisiert, weil diese Themen für breite Zielgruppen interessant sind. Banking, Zahlungen und Finanzen generell gehören schliesslich zum Alltag aller Menschen.
Diese "Ereignis-Berichterstattung" schafft zusätzliche Aufmerksamkeit und Breite, wird das Wachstum der Neo-Banken weiterhin forcieren und hilft zudem, die Marketing-Budgets auf Dauer tief zu halten. Die eingesparten Marketingkosten können auch in Zukunft ins Produkt und in neue Leistungen investiert werden. Und jede zusätzliche Leistung kann wieder ein Ereignis schaffen, das medial thematisiert wird. Sei das im Bereich Banking, Zahlungen, Kredite, Kryptowährungen, Anlagen und Aktienhandel oder was auch immer.
Haben Journalisten und Medien die Fährte einmal aufgenommen und eine neue Bewegung als gesellschaftlich oder wirtschaftlich relevant identifiziert, bleiben sie in der Regel dran, sofern die Themen bei ihren Lesern ankommen. Und das tun sie offensichtlich. Davon profitieren nicht nur Leserinnen und Leser, auch die Avantgarde auf Anbieterseite bekommt ihren Platz unter der medialen Sonne.
Nicht zu unterschätzen: Breite durch wachsendes Medieninteresse
Einige willkürlich ausgewählte Beispiele der letzten Tage zeigen, dass mit diesem Medieninteresse auch von der Medienleistung für FinTechs einiges zusammenkommt.
Handelszeitung: Vergleich Auslandgebühren Kreditkarten
Mit einer Reichweite von 5,6 Prozent erreicht die Wirtschaftszeitung ein affines Publikum, dem sie letzte Woche in einem Gesamtkostenvergleich vor Augen geführt hat, dass Revolut und Neon bei Kreditkarten-Zahlungen in Euro zu einem Bruchteil der Kosten ihrer Mitbewerber operieren.
Basler Zeitung: Bericht über N26, Schweizer Banken und den "Kodak-Effekt"
Die Basler Zeitung mit 101'000 Lesern der Printausgabe und über 60'000 Nutzern der Online-Ausgabe, nimmt den bereits seit einiger Zeit geplanten Schweizer-Start der Smartphone-Bank N26 letzte Woche zum Anlass, Neo-Banken im Vergleich zu traditionellen Banken relativ breit aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten.
20 Minuten: Was Handy-Banken im Vergleich zu anderen Banken besser machen
Der Breitstreuer mit 1'918'000 Lesern der Printausgabe und einer Reichweite von 1'763'000 Frauen und 1'750'000 Männern bei der Online-Ausgabe nimmt letzten Samstag den Ball der Basler Zeitung auf und spinnt den Faden weiter. In einer ausführlichen Story beleuchtet das Medium Leistungen, Gebühren, Vorteile von N26 und fasst zusammen, was die Neo-Bank besser kann.
Das "Aufmerksamkeitsfeld" erweitert sich über die reine Medienleistung hinaus durch mindestens zwei Effekte. Zum einen nehmen andere Medien oftmals eine gute Story ihrer Journalisten-Kollegen auf, um eine weitere Geschichte mit zusätzlichen Aspekten zu schreiben. Zudem unterhalten sämtliche Neo-Banken eine mehr oder weniger grosse und meistens gut gepflegte Community, welche für die weitere Verbreitung der Geschichten in Social Medias sorgt.
Wer Ereignisse schafft, kommt ins Gespräch
Diese drei Beispiele sind nicht die einzigen, auch andere Medien haben das Spannungsfeld Neo-Banken versus tradionelle Banken entdeckt und thematisiert. Das ist nicht ganz neu, was jedoch auffällt: Frequenz und Ausführlichkeit der Geschichten nehmen deutlich und sehr stark zu.
Dass Medien damit das Marketing der Challenger-Banken übernehmen, ist zugegebenernermassen nur schon als Frage überspitzt ausgedrückt. Diese Absicht verfolgen Medien in keiner Weise – sie berichten über das, was interessiert und bewegt. Der markante Nebeneffekt für Neo-Banken liegt jedoch auf der Hand und entlastet zwangsläufig die Marketing-Budgets: Aufmerksamkeit, hohe Reichweiten und zunehmende Frequenz der Berichte rücken die Leistungen der Challenger-Banken in den Vordergrund und ins Bewusstsein breiter Zielgruppen. Ein Nebeneffekt, den man für Geld nicht kaufen kann.
Wer seine Kunden liest und neue Wege geht, hat gute Karten
Seriöse Medien reagieren nicht auf Zuruf und schreiben keine Gefälligkeitsgeschichten. Sie beobachten Entwicklungen, Märkte und Unternehmen – was auffällt und interessiert, wird zur Geschichte. Diese Geschichte kann positiv oder negativ sein. Im Falle der FinTechs und Challenger-Banken sind sie aktuell meistens positiv, weil die geschaffenen Ereignisse, die ins Gespräch kommen, mit neuen Wegen und konkreten Leistungen zusammenhängen, welche oftmals mit Engagement gegangen und dornenvoll erschaffen worden sind. Diese Resultate liegen jetzt vor, werden beleuchtet, hinterfragt, redaktionell vorgestellt und von Lesern diskutiert.
Wie gesagt, ein Weg, den alle Protagonisten in sämtlichen Lagern gehen können, was sie in unterschiedlicher Stärke auch tun. Dass Aussergewöhnlichkeiten, aus Kundensicht konzipierte Lösungen und damit neu geschaffener Nutzen Medien und Leser interessieren, ist eine Binsenwahrheit. Eine, die sich in diesen Tagen am Beispiel von Challenger-Banken einmal mehr beweist und in massiver Medienleistung ausdrückt.
Ob dieser Effekt zum Konzept von FinTechs und Startups gehört, ist nebensächlich, wichtig bleibt die Erkenntnis: wer wie ein Startup agiert und überzeugende Leistungen abliefert, profitiert davon.