Digitale Assets sind – vereinfacht ausgedrückt – eindeutige digitale Repräsentationen von finanziellen Vermögenswerten, deren Eigentumsverhältnisse sicher in einer Blockchain gespeichert sind. Dazu gehören Kryptowährungen, Stablecoins, NFTs und Token für digitale Vermögenswerte (Digital Asset Token). Lange haben globale Finanzinstitute das Thema Kryptowährung mit spitzen Fingern angefasst, jetzt investieren die Banken gezielt in Krypto. Zudem steigt die Nachfrage von Kryptowährungen bei den Verbrauchern sprunghaft an. In einigen Ländern, wie etwa El Salvador, werden Kryptowährungen sogar als gesetzliches Zahlungsmittel akzeptiert. Angesichts dieser Trends spielen digitale Assets heute eine zunehmend wichtige Rolle im globalen Finanzökosystem.
Wie bei jeder neuen Technologie sind die Regularien in diesem Bereich viele Jahre lang hinter dem Tempo der Innovation zurückgeblieben. Dies ändert sich jetzt jedoch, da die Regulierungsbehörden die Dringlichkeit erkannt haben, Anleger zu schützen, Kriminalität zu bekämpfen und ihre Länder als FinTech-Zentren zu etablieren. Welche regulatorischen Änderungen können wir vor diesem Hintergrund von den wichtigsten europäischen Akteuren, nämlich Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich, im Jahr 2022 und darüber hinaus erwarten?
Der wachsende Bedrohung digitaler Assets bei der weltweiten Geldwäsche angemessen begegnen
Dass Kryptowährungen schwere organisierte Kriminalität – vom Drogenhandel bis hin zu Erpressungen mit Ransomware – ermöglichen, kann nicht ignoriert werden. Mit Kryptowährungen können kriminelle Akteure problemlos Bestechungsgelder und Lösegelder entgegennehmen und die Erlöse aus ihren Straftaten wieder ausgeben – und das alles mit sehr geringem Risiko, identifiziert oder festgenommen zu werden. Dieses dringende Problem wurde in dem Bericht der Europäischen Kommission EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität 2021-2025 hervorgehoben, der Anfang dieses Jahres veröffentlicht wurde. Die Autoren stellen fest, dass "nur 1 Prozent der illegal erworbenen Vermögenswerte beschlagnahmt werden“. Dies habe sich durch die zunehmende Nutzung von Finanzkanälen, die einer geringeren Aufsicht unterliegen als der Bankensektor, wie zum Beispiel virtuelle Währungen, noch verschärft.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass die EU-Mitgliedstaaten die Rolle digitaler Assets bei kriminellen Aktivitäten genauer unter die Lupe nehmen. Welche Massnahmen ergreifen sie konkret in diesem Kampf?
Im April dieses Jahres hat das französische Ministerium für Wirtschaft und Finanzen ein Dekret veröffentlicht mit dem Ziel, die bestehenden rechtlichen Instrumente zum Einfrieren von Vermögenswerten aus Straftaten zu stärken. Das neue Dekret zielt darauf ab, die Verwendung anonymer digitaler Vermögenswerte für illegale Aktivitäten zu unterbinden. Im Kern geht es um eine Ausweitung der Sorgfaltspflichten für Finanz- und E-Geld-Institute sowie um die Verpflichtung für Anbieter digitaler Vermögensdienstleistungen, Kunden zu identifizieren, bevor sie eine Transaktion zulassen.
Derzeit wird davon ausgegangen, dass bis 2024 in allen Mitgliedstaaten eine einheitliche Zulassungsregelung für Krypto-Assets eingeführt werden soll
Zusätzlich zu den individuellen Bemühungen der Mitgliedsstaaten sieht die von der EU vorgeschlagene Regulierung der "Markets in Crypto-Assets" (MiCA) einen detaillierten regulatorischen Rahmen für Emittenten digitaler Assets in der gesamten EU vor. Es ist erwähnenswert, dass diese gesetzliche Initiative nicht für digitale Zentralbankwährungen gelten soll, die von Staaten ausgegeben und von Zentralbanken reguliert werden, sondern für andere Kryptowährungen, einschliesslich Utility Tokens und Payment Tokens. Auch drei Jahre nach Vorlage der MiCA herrscht jedoch in mehreren Schlüsselbereichen noch Unklarheit. Derzeit wird davon ausgegangen, dass bis 2024 in allen Mitgliedstaaten eine einheitliche Zulassungsregelung für Krypto-Assets eingeführt werden soll.
Ausserhalb der EU veröffentlichte das britische Finanzministerium im Juli 2021 einen Änderungsvorschlag zu den Geldwäsche-, Terrorismusfinanzierungs- und Geldtransferverordnungen aus dem Jahr 2017. Die vorgeschlagenen Änderungen zielen darauf ab, Regelungen für den grenzüberschreitenden Transfer von Krypto-Assets einzuführen. Die Travel Rule der Financial Action Task Force sieht vor, dass sowohl Finanzinstitute als auch Virtual Asset Service Provider (VASPs / Kryptobörsen) bei Überweisungstransaktionen von mehr als 1'000 USD/EUR personenbezogene Daten einschliesslich Namen und Kontonummern von Absendern und Empfängern erfassen. Diese Zusatzbestimmung wird voraussichtlich im Frühjahr 2022 eingeführt.
Erhöhung der Sicherheitsstandards für Börsen und Verwahrstellen
Geldwäsche ist jedoch nicht die einzig dringliche Sorge, sondern auch die Börsen werden immer strenger überwacht. Obwohl der jüngste Coinbase-Hack zweifellos der aufsehenerregendste war, war er nicht der erste, bei dem Kryptobörsen und -verwahrer erfolgreich angegriffen wurden. In der Tat zeigen aktuelle Forschungsergebnisse, dass im Jahr 2020 Kryptowährungen im Wert von geschätzt 1,9 Milliarden Dollar von Hackern gestohlen wurden. Diese erschreckende Zahl ist ein Beleg dafür, dass die Sicherheitsstandards von Börsen und Verwahrstellen für digitale Vermögenswerte zum Schutz der Anleger deutlich verbessert werden müssen.
Die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat sich als Vorreiter bei der Regulierung digitaler Vermögenswerte etabliert – und hat bereits wichtige Schritte unternommen, um die Sicherheitsstandards bei Kryptobörsen und -verwahrern zu erhöhen. Deutschland war eines der ersten Länder, das Finanzinstituten die Verwahrung von Krypto-Assets gestattet hat. Diese Art der Dienstleistung wurde bereits im Januar 2020 als Finanzdienstleistung eingestuft. Nach deutschem Recht müssen alle Einrichtungen, die Kryptowährungen verwahren wollen, und diejenigen, die mit Kryptowährungen handeln, eine Genehmigung der BaFin beantragen. Das deutsche Kreditwesengesetz betrachtet alle Krypto-Depots und -Börsen als Finanzinstitute, sodass diese strenge Anti-Geldwäsche-Regeln einhalten müssen.
Krypto-Verwahrer und Börsen müssen über das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmass hinausgehen
Im Vereinigten Königreich wird die Financial Conduct Authority (FCA) bald verlangen, dass Krypto-Asset-Börsen und -Verwahrer einen jährlichen Bericht über Finanzkriminalität vorlegen. Als Teil der Politik der FCA zur Ausweitung der jährlichen Meldepflicht für Finanzkriminalität wird erwartet, dass die Zahl der Unternehmen, die sich der Meldepflicht für Finanzkriminalität unterstellen müssen, von 2'500 auf etwa 7'000 ansteigen wird. Die Vorschrift tritt am 30. März 2022 in Kraft.
Wenngleich die Zunahme an Vorschriften in diesem Bereich ermutigend ist, müssen Krypto-Verwahrer und Börsen über das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmass hinausgehen. Nur so lässt sich das Vertrauen der Verbraucher, das derzeit so gering ist wie nie zuvor, dauerhaft stärken.
Klarheit über die Zulassung und den Verbraucherschutz für Finanzinstitute schaffen
Der rasante Anstieg digitaler Vermögenswerte führt dazu, dass Banken und Finanzinstitute sich durch die Schaffung börsengehandelter Produkte, die an Kryptowährungen gekoppelt sind, ihren Anteil an diesem Markt sichern wollen. Im Wesentlichen handelt es sich bei börsengehandelten Kryptofonds (ETFs) um Wertpapiere, die den Kurs einer Kryptowährung wie Bitcoin oder Ether nachbilden, aber an einer regulären Börse gekauft und verkauft werden können.
Da das Interesse an solchen Produkten weiter zunimmt, wird zunehmend gefordert, dass mehr getan wird, um zu klären, wie Banken und Finanzinstitute den Kauf von Krypto-Assets lizenzieren dürfen.
Sowohl Deutschland als auch Frankreich haben den Verkauf von börsengehandelten Produkten in Verbindung mit Kryptowährungen genehmigt. Erst letzten Monat wurde der erste europäische OGAW-konforme Bitcoin-ETF an der Pariser Börse notiert. Es ist das erste Produkt dieser Art, das Kleinanlegern und institutionellen Investoren in der gesamten EU zur Verfügung gestellt wird.
Für das Jahr 2022 ist zu erwarten, dass die Regulierung sowohl an Komplexität als auch an Strenge zunehmen wird
Der Wunsch, Kleinanleger vor der hohen Volatilität der Kryptowährungsmärkte zu schützen, hatte letztlich die britische Regierung dazu veranlasst, ETFs auf Kryptoprodukte im Jahr 2020 zu verbieten. Angesichts der Tatsache, dass viele Länder, darunter Deutschland, Frankreich und seit kurzem auch die USA, börsengehandelte Produkte in Verbindung mit Kryptowährungen zugelassen haben, ist das Vereinigte Königreich mit seiner vorsichtigen Haltung ein Ausreisser in diesem Bereich. Da Kleinanleger legal mit börsengehandelten Fonds für volatile Rohstoffe wie Gold und Öl handeln können, wird das völlige Verbot des Vereinigten Königreichs von vielen Marktbeobachtern als unverhältnismässig und schwerfällig dargestellt.
Insgesamt ist es klar, dass die Regulierungsbehörden die Dringlichkeit spüren, einen fairen und dauerhaften Rechtsrahmen für digitale Vermögenswerte zu gestalten. Für das Jahr 2022 ist zu erwarten, dass die Regulierung sowohl an Komplexität als auch an Strenge zunehmen wird. Um sicherzustellen, dass dies auch tatsächlich zu Stabilität führt, Investoren schützt und Innovationen nicht abwürgt, sollten die Hauptakteure der Branche mit den Regulierungsbehörden zusammenarbeiten, anstatt sich der externen Aufsicht zu widersetzen.
Tiefer ins Thema der Regulierung digitaler Vermögenswerte führt der Global Financial Regulatory Report 2022. Der Report kann kostenlos runtergeladen werden, über den Link gleich unten.