Telefónica Deutschland will Terrain im Banking besetzen

Bild: Rawpixel Ltd. | Getty Images

Eine brisante Kooperation und ein Player mit einer gewaltigen Kundenbasis.

Der Vielzahl von Startups im Fintech-Bereich fehlt es nicht an Ideen, vor allem fehlt es an Kunden. Ein Fakt, der die Marketingkosten dramatisch steigen lässt. Chancen liegen oft in Kooperationen mit etablierten Finanzinstituten. Eine intelligente Idee, die beiden Seiten Vorteile bringen kann. Nicht wenigen Startups mit starken Ideen ist jedoch bereits auf halber Strecke die Luft ausgegangen – und sie sind wieder vom Markt verschwunden.

Harte Konkurrenz für Banken: Telcos

Telcos sind genau bei diesem Punkt im Vorteil. Eine grosse Telekommunikations-Anbieterin hat Zugang zu einer breiten Kundenbasis. Und, wenn sie ihre digitalen Hausaufgaben gemacht hat, dann hat sie auch Technologien und Infrastruktur im Haus, die mehr können als "nur" Telefonservices anbieten. Das fördert dann auch zwangsläufig den Hunger nach mehr und nach Diversifizierung. Und diese neue Kategorie der Anbieter kann Finanzinstituten und Fintech-Startups ernsthaft Konkurrenz machen. Ähnlich wie die grossen Technologie-Konzerne (Apple, Google, Amazon etc.), die im Moment noch die Messer wetzen.

Telcos haben zum Teil schon sehr viel Erfahrung mit Banking-Dienstleistungen gesammelt. Weniger in Europa, am Beispiel von M-PESA zum Beispiel in Afrika, mit einem Marktanteil von 50 Prozent in Kenia. Vodafone testet seit einiger Zeit auch Märkte in Europa (zum Beispiel Rumänien).

Das aktuelle Projekt einer Kooperation von Telco und Direktbank zielt allerdings vom Start weg direkt auf Europa. Auf breite Zielgruppen – und damit auch auf Kundensegmente etablierter Finanzinstitute.

Kooperation in Deutschland: Telefónica und Fidor Bank

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, plant Telefónica Deutschland den Schritt ins Banking mit ihrer wichtigsten Marke: O2. Nach Informationen der Süddeutschen soll das neue Produkt in wenigen Wochen vorgestellt werden unter dem Projektnamen "O2 Banking". Und: Als Kooperationspartner soll die Direktbank Fidor Bank vorgesehen sein. Das Gespann ist interessant und die Verbindung der beiden Partner birgt Sprengkraft.

Telefónica hat sehr gute Startvoraussetzungen für den Eintritt ins Banking. Zumal sie, ähnlich wie Apple, auch für weitere Services das Lieblings-Tool ihrer Kunden in den Vordergrund stellt: das Smartphone. Das Handy als zentrales Mulitmedia-Tool für alles. Neu eben auch für Banking-Services vom selben Anbieter. Da lässt sich innerhalb einer gewaltigen, bestehenden Kundenbasis vieles über einen einzigen Vertrag lösen.

Telefónica Deutschland

Telefónica bezeichnet sich selbst als "Impulsgeber und Motor der Digitalisierung in einem dynamischen Markt". Details zu Telefónica liefert der hervorragend gemachte Geschäftsbericht 2015. Mindestens zu einem Drittel eine Imagebroschüre, ein smart gemachtes Bilderbuch mit Zahlen. "Nur" Zahlen gibt's dann auch, und auch diese gut strukturiert.

Mit ihren Marken O2, BASE, Blau, simyo und weiteren, ist Telefónica im Markt und bei zahlreichen Kundensegmenten in Deutschland hervorragend aufgestellt. In den Bereichen Mobile und mit Festnetzanschlüssen.

Telefónica in Zahlen | Ende 2015

  • Kundenanschlüsse: über 48 Millionen in Deutschland
  • Marktanteil: nahe an 40 Prozent
  • Umsatz Mobile: 5,5 Milliarden Euro
  • Umsatz Gruppe: 7,8 Milliarden Euro

Fidor Bank

Fidor hat sich seit ihrer Gründung 2009 als innovative und smarte Direkt- und Internet-Bank positioniert, die so funktioniert, wie ihre Zielgruppen: digital, affin für Social Banking mit Web 2.0-Verhaltensweisen. Fidor fokussiert auf Millennials (1980 bis 1999 Geborene), die breite Bankservices nutzen, das aber auf einfache und transparente Weise tun wollen. Private, wie auch kleinere und mittlere Geschäftskunden.

Die Fidor Finanz Community besteht inzwischen aus 310'000 Nutzern, Tendenz steigend. Aktive Kontoinhaber derzeit über 100'000, Tendenz ebenfalls steigend. Fidor verfügt über eine europäische Banklizenz und operiert über Deutschland hinaus, aktuell mit der neu gestarteten Fidor Bank in Grossbritannien.

Ein Projekt im Fokus

Dass Telefónica nicht mit einer etablierten Grossbank, sondern mit einer innovativen Direktbank kooperiert, ist ein Indikator für die Idee und die geplante Stossrichtung des Projekts – auch und gerade in Bezug auf anvisierte Zielgruppen und Segmente. Details werden in den nächsten Wochen nach Angaben der Süddeutschen folgen. Die Markteinführung wird aller Voraussicht nach nicht leise, vielmehr unüberhörbar und unübersehbar über die Bühne gehen. Zumal Telefónica in den letzten Jahren mehrmals zum Ausdruck gebracht hat, dass die generelle Strategie nicht im Backen kleiner Brötchen liegt. Das dürfte sich auch im aktuellen Projekt bestätigen.

Mit Telefónica betritt ein neues Kaliber die Bühne der Finanzdienstleistungen und deren Anbieter. Und damit das erste Telco mit einer gewaltigen Kundenbasis in Deutschland – und direktem Zugang zu diesen Kunden. Anruf genügt!, sozusagen. Der Start mit O2 dürfte als Test verstanden werden, Pläne für Ausbau und Erweiterung sind mit Sicherheit ausgearbeitet und liegen bereit. Es empfiehlt sich, die Entwicklung sehr genau im Auge zu behalten.

Süddeutsche Zeitung | Andrea Rexer: "Die Millionen-Chance"

Telefónica: Website

Geschäftsbericht 2015 Telefónica: Gesamter Bericht als PDF

Geschäftsbericht 2015 Telefónica: Als Auszug im Web

Fidor Bank: Website

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