Gebühren

Ist es eine gute Idee, Kunden mit hohen Transfergebühren an sich zu binden?

Reifere Frau prüft am Laptop ihr Wertschriften-Depot

Möchten Kundinnen ihre Wertschriften transferieren, kann das sehr teuer werden, je nach Bank und Anbieter.

Zufriedene Kundinnen und Kunden wechseln ihre Bankverbindung in der Regel nicht, warum auch? Das gilt für Bankkonten wie auch für Wertschriften-Depots. 

In der Schweiz ist die Wechsel-Faulheit bei Bankkunden besonders stark ausgeprägt, davon können Finanzdienstleister profitieren. Das tun sie oftmals auch, indem Spielräume bei Gebühren genutzt und zuweilen auch ziemlich strapaziert werden. 

Die zwei Seiten der Kundenbindung

Der Begriff Kundenbindung ist primär positiv konnotiert. Zu Recht, weil der Begriff spiegelt, dass Unternehmen und auch Banken vieles tun, um ihre Kundinnen und Kunden mit starken Leistungen zu überzeugen und an sich zu binden.

Die negative Seite der Kundenbindung kann zum Beispiel darin liegen, dass die Hürden für wechselwillige Kunden sehr hoch gesetzt werden. Durch mühsame Prozesse oder auch durch hohe Gebühren, die bei einem Wechsel anfallen. Der Poker, dadurch Kunden daran zu hindern einen Wechsel in Betracht zu ziehen, ist kurzfristig vielleicht wirksam, langfristig möglicherweise fatal

Was von Kundinnen und Kunden als Schikane oder als Geldmacherei zum Abschied empfunden wird, kann Folgen haben. Empörte Kunden sind kommunikationsfreudig, sie werden ihren Frust nicht für sich behalten. Je nach Bekanntenkreis oder Verstärker über soziale Medien, kann der Ärger Kreise ziehen. Der Imageschaden wird oftmals unterschätzt.

Fairness beim Abschied wird memoriert und lässt alle Türen offen. Fühlen sich Kunden beim Wechsel schlecht behandelt oder übervorteilt, schliessen sich gleich mehrere Türen.

Transfergebühren zwischen 0 und 2'400 Franken

Diese bemerkenswerte Spanne hat der Online-Vergleichsdienst Moneyland am Beispiel eines Musterdepots ermittelt. Die Gebühren der Schweizer Banken für die Auslieferung von Wertpapieren wie Aktien oder ETFs sind sehr hoch, die Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern sind beträchtlich.

Wenn Kundinnen und Kunden ihre Bank wechseln und ihre Wertschriften wie Aktien, Anleihen oder ETFs von der alten zur neuen Bank mitnehmen möchten, verlangen viele Banken sogenannte Transfergebühren. Moneyland hat die Transfergebühren von 36 Anbietern analysiert.

84 Franken kostet die elektronische Auslieferung von inländischen Wertschriften im Durchschnitt – pro Titel. Im Maximum sind es sogar 150 Franken. Bei ausländischen Wertschriften liegen die Kosten im Schnitt sogar bei 95 Franken, mehrere Banken verlangen 150 Franken pro Titel. Wer viele Titel im Depot hat, muss beim Wechsel zu einer neuen Bank mit sehr hohen Kosten rechnen.

Die Transfergebühren beziehen sich also nicht auf das gesamte Depot, sondern jeweils auf einen Wertpapiertitel (auch Position, Posten oder Valor genannt). «Entscheidend für die Höhe der Transfergebühren ist also die Anzahl verschiedener Wertpapiertitel, nicht die Depotgrösse», erklärt Felix Oeschger, Analyst bei Moneyland. 

Tausende von Franken an Transfergebühren

Ein Kostenbeispiel soll die hohen Gebühren verdeutlichen: Ein Anleger hat bei einer Schweizer Bank ein Depot mit einem Schweizer ETF, fünf Schweizer, fünf amerikanischen und fünf europäischen Aktien. Will er dieses Depot zu einer anderen Bank transferieren, muss er für den Anbieterwechsel durchschnittlich 1'454 Franken bezahlen. Bei der teuersten Bank kostet der Transfer sogar 2'400 Franken. Zu den Transfergebühren können weitere Kosten wie die Mehrwertsteuer und teilweise auch Fremdspesen hinzukommen.

Die folgende Tabelle listet 36 Anbieter und zeigt die jeweiligen Transfergebühren bei der Auslieferung von Wertschriften.

Online-Broker mit tiefen Transfergebühren

Die günstigste der untersuchten Banken für den Transfer inländischer Wertschriften ist die VZ Depotbank, die nach eigenen Angaben keine Transfergebühren verlangt. Am zweitgünstigsten ist der Transfer von inländischen Wertpapieren bei Cornèrtrader mit 30 Franken pro Titel. Mit 50 Franken pro Titel folgen die Aargauische Kantonalbank, Online-Trading 1816 (Angebot der Genfer Kantonalbank), Saxo Bank und Swissquote.

Es fällt auf, dass sich unter den sechs Anbietern mit den günstigsten Transfergebühren vier Online-Broker befinden. 

Physische oder elektronische Auslieferung

Schweizer Banken unterscheiden zwischen elektronischer (buchmässiger) und physischer Auslieferung von Wertschriften. Bei der physischen Auslieferung (zum Beispiel am Schalter) sind die Kosten mit durchschnittlich 126 Franken (inländische Titel) beziehungsweise 168 Franken (ausländische Titel) nochmals deutlich höher. Für die meisten Kundinnen und Kunden ist die physische Auslieferung am Schalter jedoch nicht mehr relevant.

Eine weitere Unterscheidung betrifft die Herkunft der Wertschriften: Der Transfer von ausländischen Wertschriften (mit einer ausländischen ISIN) zu einer Drittbank ist häufig teurer als derjenige von Schweizer Wertschriften (mit einer Schweizer ISIN). Hingegen ist es für die Kosten in der Regel unerheblich, ob die Wertschriften an eine in- oder ausländische Bank transferiert werden.

Abschaffung der Transfergebühren unwahrscheinlich

Die hohen Gebühren haben 2016 den Preisüberwacher und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) auf den Plan gerufen. Seither haben einige Banken ihre Gebühren gesenkt. So lagen die durchschnittlichen Gebühren für den Transfer eines Schweizer Wertschriftentitels 2017 noch bei 100 Franken, heute sind es mit 84 Franken 16 Prozent weniger. Die Transferkosten für ausländische Wertschriften sind um 21 Prozent von 120 Franken im Jahr 2017 auf aktuell 95 Franken gesunken.

Dabei handelt es sich jedoch um Durchschnittswerte, die grossen Unterschiede bleiben bestehen. Während einige Banken die Gebühren seit 2017 stark gesenkt oder ganz abgeschafft haben, haben andere die Gebühren nicht verändert oder sogar erhöht.

Die Empfehlungen von Moneyland für einen Anbieterwechsel

Durch den Verkauf der Wertpapiere bei der alten Bank können die Transfergebühren vermieden werden. Bei der neuen Bank können die Kundinnen und Kunden die gewünschten Wertschriften wieder kaufen. Diese Lösung ist jedoch mit Aufwand verbunden, und beim Kauf und Verkauf fallen Transaktionskosten und Stempelsteuern an. «Trotzdem ist der Kauf und Verkauf in vielen Fällen günstiger als ein Transfer», sagt Oeschger.

Manchmal gibt es eine noch günstigere Alternative: Viele Banken übernehmen für einzelne Neukundinnen und -kunden nach individueller Prüfung die Transfergebühren ganz oder teilweise. Deshalb lohnt es sich, bei der zukünftigen Bank nachzufragen, ob sie die Transfergebühren übernimmt.