Dass das FinTech Loanboox, seit 2016 der Platzhirsch der digitalen Kapitalmarkt-Plattformen für öffentlich-rechtliche Körperschaften und für Unternehmen, nicht allein auf weiter Flur bleiben würde, war klar. Zu verführerisch ist die Grösse des Marktes und zu steil der Aufstieg des FinTechs, das in den Bereichen Darlehen und Anleihen Banken, Broker und andere Intermediäre überflüssig macht.
Deshalb war neue Konkurrenz noch weniger von unabhängigen Startups zu erwarten, vielmehr von Banken, welche keine Lust auf "überflüssig" haben, sondern ihre neue Rolle ebenfalls über digitale Plattformen nach dem Vorbild von Loabboox definieren.
Banken spielen mit im Markt der digitalen Kapitalmarkt-Plattformen
Seit September 2018 ist Cosmofunding mit im Spiel. Das Startup von Vontobel fokussiert ebenfalls auf öffentlich-rechtliche Körperschaften sowie auf Unternehmen, welche mit Investoren über die digitale Plattform direkt zusammengebracht werden sollen.
Im November 2019 hat Raiffeisen Schweiz mit der Vorstellung ihres Startups Valyo überrascht, welches die digitale Durchführung von Emissionen am Schweizer Anleihenmarkt ermöglichen soll. Vorreiter ist auch hier das FinTech Loanboox, welches den ersten Green Bond von Axpo Holding über 133 Millionen Franken im Juli 2020 vollständig digital und ohne Intermediäre über die eigene Kapitalmarkt-Plattform abgewickelt hat, wir haben berichtet.
Die bestehenden wie auch die neuen Anbieter sorgen nun gemeinsam dafür, dass der Markt der Kapitalbeschafftung im grossen Rahmen für öffentliche Körperschaften wie auch für Unternehmen digital erwachsen wird.
Die erste digitale Anleihensemission über die Kapitalmarkt-Plattform von Valyo
Über die Plattform von Valyo emittiert Swisscom eine Anleihe über 100 Millionen Franken mit einer Laufzeit von elf Jahren und einem Coupon von 0,13 Prozent. Die Kotierung der Anleihe an der SIX Swiss Exchange ist für den 16. September 2020 vorgesehen.
Das Buch öffnete um 09:00 Uhr und wurde um 12:15 Uhr geschlossen, meldet Valyo. Zahlreiche Marktteilnehmer sollen die Emission live auf der Plattform verfolgt haben, berichtet das FinTech, auch neue Registrierungsanfragen sollen das Support-Team von Valyo bei der Deal-Ankündigung erreicht haben. Die Anleihe wurde nach Angaben des Sartups bei Asset Managern, Banken, Pensionskassen und Versicherungen platziert.
Wie Emissionen über die Plattform von Valyo funktionieren
Auf der Kapitalmarkt-Plattform Valyo stehen sich Emittenten und Investoren ohne Intermediär direkt gegenüber und wickeln die Emission von der Erfassung der Transaktionsdaten, über das Bookbuilding bis hin zum Settlement und Veranlassung der Kotierung der Anleihe online über die Plattform ab. Die Preisbildung und die Allokation sind für die Parteien transparent und nachvollziehbar und werden nicht von einem Intermediär gesteuert.
Die Kooperation von Valyo und Swisscom ist nicht ganz zufällig, Valyo-CEO Daniel Schwab war vor seinem Startup-Engagement Group Treasurer bei der Swisscom. Schwab sagt in seiner neuen Rolle, dass er als ehemaliger Treasurer immer davon überzeugt gewesen wäre, dass der Emissionsprozess effizienter und transparenter gestaltet werden könnte.
Ein Bookbuilding live und in Echtzeit mitzuerleben, ist ein deutlicher Mehrwert
Das Startup Valyo ist 2019 gegründet worden und hat seinen Sitz im Baden. Das FinTech ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft von Raiffeisen Schweiz.
Wird's eng auf dem Markt der digitalen Kapitalmarkt-Plattformen?
Vorderhand nicht, für smarte Lösungen, starke Technologie und neuen Komfort für Institutionen und Unternehmen auf der einen Seite und für Investoren auf der anderen Seite ist Raum vorhanden – ein Gedränge und ein Überangebot ist nicht in Sicht.
Je nachdem, welches Research-Team man fragt, gehen die Erwartungen für die nächsten paar Jahre auseinander. Einig sind sich jedoch alle: der wachsende Milliarden-Markt hat enormes Potenzial und ist längst nicht ausgereizt.
Auf die eine oder andere Weise nehmen Loanboox, Cosmofunding und auch Valyo für sich in Anspruch, den Markt für Finanzierungen "zu revolutionieren" und zur Nummer 1 zu werden. Letzteres wird sich im Laufe der Zeit ergeben, zumal weitere Player aus den Reihen der Banken dazustossen dürften.
Bis dann darf sich die Etikette des revolutionierenden und revolutionären FinTechs weiterhin die aktuelle Nummer 1 an die Brust heften, Loanboox. Das Unternehmen hat die Ära der digitalen Kapitalmarkt-Plattformen als erstes FinTech bereits 2016 eingeläutet und operiert seither sehr erfolgreich in mehreren Ländern.
Eine zunehmende Zahl von Mitrevolutionären kann jedoch nicht schaden – auch digitale Kapitalmarkt-Plattformen bieten ihren Kunden mehr, wenn mehrere Mitstreiter als Konkurrenten mit im Spiel sind und ihr Bestes geben.