Intelligente Systeme wie Amazons Sprachservice Alexa oder Googles Assistent Siri verändern unseren Alltag. Auch in der Versicherungsbranche ist Künstliche Intelligenz ein Thema: In Zukunft werden smarte Algorithmen massgeblich dazu beitragen, Versicherungsbetrüger zu entlarven.
Google, Amazon oder Facebook haben es vorgemacht: Daten sind die Währung der Zukunft. Das gilt in besonderem Masse für Versicherer. Denn wer das Verhalten und die Lebenssituation seiner Kunden kennt, kann die Glaubwürdigkiet der Kunden besser einschätzen, Risiken genauer bepreisen und Betrugsfälle minimieren.
Warum die Versicherungsbranche digital aufholen muss
Dennoch ist die Versicherungsbranche eine der wenigen Branchen, die noch kaum im 21. Jahrhundert angekommen ist. Papierbasierte Prozesse und veraltete IT-Systeme mit inkompatiblen Schnittstellen sind eher die Regel als die Ausnahme. Aus diesem Grund konzentrieren sich die Unternehmen bislang vor allem darauf, einzelne Prozesse effizienter zu machen oder bessere Informationen bereitzustellen.
Nur etwa 27 Prozent aller Versicherer gelten als Digital Master, dabei ist es vor allem die Versicherungsbranche, die dazu prädestiniert ist, vom Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) zu profitieren. Grosse Datenmengen, unterschiedliche Datenquellen und ein Nebeneinander unterschiedlichster Abläufe können durch KI erheblich erleichtert werden.
Das grösste Potenzial schlummert jedoch in der Reduktion von Versicherungsbetrug. Zwei Prozent der Kunden verursachen 40 Prozent der Ineffizienz im System – laut Angaben des Gesamtverbands Deutscher Versicherungen weist jede zehnte Schadensmeldung im Sachbereich Ungereimtheiten auf. Etwa vier bis fünf Milliarden Euro bezahlen die verschiedenen Versicherungs-Unternehmen jedes Jahr für Versicherungsbetrug.
Wie macht man das System wieder fair?
Alle Kunden unter Generalverdacht stellen ist keine Lösung - schliesslich sind 98 Prozent aller Kunden ehrlich und es gibt nur wenige schwarze Schafe.
Für Startups aus dem Bereich der Insurance Technology, kurz InsurTech, ist die Antwort klar: Computer haben keine Probleme damit, Muster aus Millionen von Daten zu erkennen und in einem 200-dimensionalen Datenraum zu navigieren. Der Mensch dagegen schon. Insofern kann Künstliche Intelligenz das Betrugsrisiko besser einschätzen und Zusammenhänge besser erkennen als ein Mensch.
Doch wie kommt man mit Künstlicher Intelligenz Versicherungsbetrügern auf die Schliche? Sind die Maschinen wirklich besser als kompetente Mitarbeiter mit jahrzehntelanger Erfahrung?
In der Medizin werden solche intelligenten Systeme schon länger eingesetzt. Hier gibt es ausreichend klassifizierte und hochwertige Trainingsdaten, mit denen die Maschine lernen kann. Denn genau darum geht es bei KI: Ein Algorithmus lernt mit Hilfe grosser Datenmengen, Aufgaben auszuführen, ohne dass vorab bestimmte Regeln vorgegeben werden.
Bei den Expertensystemen in der Medizin handelt es sich zumeist noch um regelbasierte Systeme, die fest konfigurierten Regeln gehorchen. Dennoch erzielen diese Systeme in der Radiologie oder Dermatologie schon spektakuläre Erfolge. In einer Studie am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg liessen Forscher sowohl Ärzte als auch einen Algorithmus 100 Bilder danach beurteilen, ob es sich um ein Muttermal oder einen schwarzen Hautkrebs handelt. Am Ende war die Künstliche Intelligenz präziser als die klinische Diagnostik.
Selbstlernende Systeme, die mehr oder weniger stark assistiert eine Entscheidung treffen, werden auch die Versicherungswelt verändern. Noch sind sie weitgehend Fehlanzeige, denn die wenigsten Versicherer besitzen eine IT-Infrastruktur, die es erlauben würde, Kundendaten über die gesamte Vertragslaufzeit und alle Schnittstellen zu bündeln. Sie verfügen also nur über Daten innerhalb einzelner Silos und nicht entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Künstliche Intelligenz wird die Versicherungsbranche revolutionieren
Dennoch sind sich die Experten einig, dass KI mittel- bis langfristig die Versicherungsbranche revolutionieren wird. Denn während Kunden heutzutage auf Basis ihres Berufs oder eines bestimmten Wohnorts schnell in einer Schublade landen, die ihrem eigentlichen Risikoprofil nicht entspricht, so könnte Künstliche Intelligenz das ändern: Sie könnte Vertrauen auf Basis von Daten berechnen.
Kunden, die vertrauenswürdig sind, können dann beispielsweise von günstigeren Preisen oder einer schnelleren Schadensbearbeitung profitieren. Den subjektiven Entscheidungen einzelner Experten stünden dann objektive, trainierte Systeme entgegen, die sich nicht von Emotionen oder Stress beeindrucken lassen. Kurz: Der Versicherungsprozess wird wieder objektiv – und davon profitiert die gesamte Gemeinschaft ehrlicher Versicherungskunden.