Über Winde aus verschiedenen Richtungen bei Neo-Banken berichten wir regelmässig. In den letzten Tagen zum Beispiel über die bemerkenswerten Windmaschinen des CEOs von Radicant, hier, und über den bevorstehenden Markteintritt von Revolut in der Schweiz, hier.
Der frische Wind bei der Neo-Bank Yapeal hat bereits vor drei Jahren eingesetzt
Yapeal ist die Schweizer Neo-Bank, die gut drei Jahre nach ihrem Markteintritt einen markanten Strategiewechsel vollzogen hat: Abkehr vom B2C-Geschäft mit direkter Neukundengewinnung, neue Ausrichtung auf B2B2C. Konkret: Banking as a Service (BaaS) und Embedded-Finance-Projekte mit Drittunternehmen.
Im Zentrum der Motive für diese neue Strategie standen zwei Faktoren. Zum einen verfügt Yapeal über eigene, exzellente Technologie, Software, Tools und Infrastruktur. Zu gut und zu wertvoll, um sie "nur" den eigenen App-Nutzern zur Verfügung zu stellen. Aus dieser Einsicht heraus und mit diesem technologischen Kapital hat sich Yapeal (auch) zur BaaS-Anbieterin transformiert. Zum anderen hat sich Abacus als strategische Partnerin mit mehreren Millionen als Investorin an Yapeal beteiligt. Mit der Intention, die Finanz-Technologie von Yapeal zur Erweiterung der eigenen Software-Lösungen nutzen zu können.
Die Win-win-Situation ergab sich daraus, dass der eine Partner hatte, was der andere brauchte – und umgekehrt. Yapeal benötigte frisches Kapital und Abacus brauchte Zugang zu Finanz-Dienstleistungen und exzellenter Finanz-Software, um die Ziele mit automatisierten Spesenabrechnungen, Deep Tech, Deep Box und anderen vernetzten Plänen verfolgen zu können.
Die 2021 gestartete Liaison trägt technologische Früchte und scheint sich zu bewähren. Offenbar kommen beide strategischen Partner auf ihre Kosten. Yapeal segelt weiter unter der Flagge einer Neo-Bank, platziert ihre selbst entwickelte und für die Neo-Bank eingesetzte Technologie jedoch als BaaS-Anbieterin bei Abacus und bei zahlreichen weiteren Unternehmen, die ihren Kundinnen und Kunden über Embedded-Finance-Lösungen Finanzdienstleistungen anbieten möchten.
Der frische Wind setzt sich aktuell mit einem neuen CEO fort
Mitgründer Thomas Hilgendorff hat seit Mai 2019 den Kurs von Yapeal bestimmt. Nun wird er von Michael Eidel abgelöst. Hilgendorff nimmt bei Yapeal seine frühere Position als Chief Commercial Officer wieder ein. In dieser Funktion will er sich auf die kommerzielle Geschäftsentwicklung und den Ausbau strategischer Partnerschaften konzentrieren.
Eidel bringt eine breite Erfahrung aus börsennotierten Finanzinstituten und Technologieunternehmen mit. Zum Beispiel als CEO eines Finanztechnologie-Unternehmens in Australien, wo er die strategische Neupositionierung und Expansion vorantrieb und erfolgreich eine innovative Technologieplattform für Firmenkunden in den Markt einführte.
In führenden Positionen war Eidel unter anderem bei der Commonwealth Bank in Australien engagiert und in früheren Jahren in der Schweiz als Managing Director bei der Credit Suisse und als Division Manager bei Raiffeisen Switzerland. Zudem war er längere Zeit als Engagement Manager bei McKinsey unter Vertrag. Diese, einige weitere Funktionen und auch persönliche Startup-Erfahrung haben einen differenzierten Blick aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Finanzbranche möglich gemacht. Eidel hält einen Master in Ökonomie und hat in Wirtschaftswissenschaften promoviert.
Rückenwind kommt auch von der Investorenseite
Yapeal meldet zusammen mit der personellen Rochade auch gleich den erfolgreichen Abschluss einer Finanzierungsrunde mit bestehenden und neuen Investoren. Zu den neuen Ankerinvestoren gehören Dominik Bollier, Christoph Burkhard und Markus Granziol. Zwei dieser Investoren, Bollier und Burkhard, nehmen neu auch Einsitz im Verwaltungsrat von Yapeal.
Besonders interessant: Der bestehende strategische Investor und ERP-Hersteller Abacus hat bei der aktuellen Finanzierungsrunde erneut investiert. Damit gehört Abacus zu den strategischen Wiederholungstätern. Das Unternehmen hat sich 2021 mit mehreren Millionen zum ersten Mal an Yapeal beteiligt. 2022 hat Abacus die Anteile mit einem zweistelligen Millionenbetrag signifikant erhöht und ist dadurch zum grössten Aktionär der Neo-Bank geworden.
Mit der aktuellen dritten Investition dürfte Abacus-CEO Claudio Hintermann Gewicht und Rolle seines Unternehmens innerhalb der strategischen Partnerschaft mit Yapeal zusätzlich erheblich gestärkt haben. Der Umfang der Investments von Abacus und der drei neuen Investoren ist nicht kommuniziert worden. Hintermann zu seinem erneuten finanziellen Engagement:
«Abacus hat von Yapeals im letzten Jahr eingeleiteter strategischer Fokussierung auf Embedded-Finance-Lösungen für Firmenkunden bereits erheblich profitiert und ist vom Potenzial ihrer Digital First Plattform überzeugt. Durch die weiterhin enge Zusammenarbeit mit Yapeal wollen wir unseren Kunden ermöglichen, von den neuesten Innovationen im Bereich der automatisierten Buchhaltung zu profitieren und so ihre Effizienz deutlich zu steigern.»
Was kann der frische Wind auf allen Ebenen bewirken?
Auch bei einer Neo-Bank zeichnen, neben einem starken Team, prägende Persönlichkeiten für den Erfolg des Unternehmens verantwortlich. Yapeal hat einige solcher prägenden Figuren in unterschiedlichen Rollen an Bord. Namentlich CIO Christian Meier, der für erstklassige Technologie und Software bei der Neo-Bank steht. Mit dazu gehören VR-Präsident Werner Vontobel sowie Claudio Hintermann, der die Interessen von Yapeal und Abacus im Auge hat und miteinander verbindet. Neu an Bord der CEO Michael Eidel, der mit seinem sehr breiten Erfahrungshintergrund neue Impulse einbringen und möglicherweise überraschende Akzente aus verschiedenen Perspektiven setzen kann.
Dieses Quartett hat sich zum Ziel gesetzt, unterstützt von zahlreichen weiteren Macherinnen und Machern, die eingeschlagene Strategie konsequent fortzusetzen und eine führende Rolle im Schweizer Embedded-Finance-Markt einzunehmen. Die Chancen stehen eher gut, dass das gelingen kann. Vor allem dann, wenn Yapeal weiterhin nicht mit demselben Wind segelt, der auch allen Mitbewerbern zur Verfügung steht, sondern weiterhin inhouse den eigenen Wind produziert, der andere und neue Wellen auslösen kann.