Singapore – FinTech Capital of the World?

Skyline von Singanpure
Bild: Patrick Comboeuf

Patrick Comboeuf in Singapore auf Spurensuche – seine gelesenen und verfolgten Fährten zusammengefasst in einem spannenden Bericht.

Die Singapore FinTech Week ist Geschichte. MoneyToday.ch hat sich vor Ort umgesehen und sich unter anderem auch mit Vertretern aus der beachtlich grossen Schweizer Community unterhalten. Zeit für eine Nachlese...

Am Anfang steht die Frage: lohnt es sich für arrivierte Banker und FinTech-Enthusiasten überhaupt, die vielen Flugmeilen nach Singapore für diese eine Woche im November auf sich zu nehmen?

Für den eiligen Leser, hier die Antwort in der gebotenen Kürze: unbedingt.

Für alle anderen, hier der ausführliche Bericht.

Singapore FinTech Week

Auch im November 2024 kürte sich Singapore wieder zur (temporären) Weltmetropole der etablierten und der aufstrebenden Financial-Services-Branche. Mit über 70'000 Besuchern, Podiumsdiskussionen mit fast 1'000 Referenten und unzähligen, über die ganze Stadt verteilten Events, bot die Woche eine bemerkenswerte Plattform für Dialog und Lösungsfindung zu den grossen Fragen rund um Kooperation, Innovation, Regulierung, Inklusion, Nachhaltigkeit und die Zukunft der Finanzinnovation.

Die Präsenz der Schweiz war ein besonderes Highlight, welches Innovationsfertigkeiten mit einem gemeinsamen Engagement für grenzüberschreitende Zusammenarbeit verband. Neben dem Schweizer Pavillon in den Messehallen des Festivals selbst zeigte sich dies auch im bekannten Swiss Club of Singapore. An der dort von der Schweizer Botschaft in Singapur und dem Financial Innovation Desk (FIND) gemeinsam ausgerichtete Veranstaltung Re-designing Financial Innovation – Pathway 2035 bot sich eine tolle Gelegenheit zum Austausch mit Innovatoren, Visionären, Futuristen und Vordenkern in einem entspannten aber trotzdem professionellen Rahmen.

Über allem steht und stand der Ansporn, eine Zukunft des Finanzwesens neu zu gestalten, welche nicht nur innovativ, sondern auch integrativ und widerstandsfähig ist. Oder wie es Eva Selamlar, Leiterin (und Chief Concierge) des FIND, einer Abteilung des Staatssekretariats für Internationale Finanzfragen (SIF), am Anlass ausführte:

«Der Event hier in Singapore ist quasi ein Kick-off für die Erarbeitung unseres zentralen Pathway-Positionspapiers. Wir haben in vier Sessions mit internationalen Vordenkern, Visionären, aber auch der zahlreich anwesenden Finanz-Community, zu den Themen AI, Digital Trust, Quantum Safe und Digital Assets diskutiert und debattiert. Die so generierten Inputs werden nun in kleinen Arbeitsgruppen validiert und kondensiert. Daraus soll in den kommenden Wochen ein Kompass für das Schweizer Finanzökosystem entstehen.»

Neben den beiden Hauptveranstaltungen Insights Forum und dem Flaggschiff Singapore FinTech Festival boten diverse Innovation Lab Crawls sowie exklusive Side Events – zum Beispiel von SIX – einen tollen Rahmen zum lernen, diskutieren und Pläne schmieden.

Unsere wichtigsten Take-Aways aus dieser Woche:

Die Neugestaltung von Finanzsystemen

Finanzinnovation erfordert keine komplette Überholung, sondern vielmehr eine Philosophie der Verfeinerung und Wiederholung dessen, was funktioniert. Indem wir schrittweise, sinnvolle Verbesserungen in den Vordergrund stellen, können wir Systeme aufbauen, die widerstandsfähig sind und Vertrauen schaffen, so dass sich die Finanzlandschaft stabil weiterentwickeln und gleichzeitig neuen Bedürfnissen gerecht werden kann.

Dieser Ansatz betont "Verfeinern statt Ersetzen" und bewahrt eine solide Grundlage, während wir uns durch den schnellen Wandel bewegen. Und last but not least, aber den Umfang dieser Nachlese wohl sprengend: Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit werden gerade aus Sicht der Finanzindustrie immer mehr symbiotisch.

Die Zukunft der Arbeit in einer AI 1st Ära

Automatisierung und der Einsatz von KI wird die Arbeitswelt massiv verändern. Die Finanzbranche muss sich auf diese Veränderungen einstellen, unter anderem indem sie rasch und umfassend in Upskilling und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investiert. Auch hier bleibt Regulierung von innovativen Technologien wie Kryptowährungen und Künstliche Intelligenz eine grosse Herausforderung.

Das Finternet-Konzept

Eine der aufregendsten Ideen, die aus den Diskussionen hervorging, war die Entstehung des Finternet. Dieses Konzept sieht eine vollständig digitale, vernetzte globale Finanzlandschaft vor, in der Finanz- und Internetfunktionen nahtlos ineinander übergehen. Das Finternet verspricht zugängliche, weltweit vernetzte Dienstleistungen, die geografische und wirtschaftliche Barrieren abbauen, reibungslosere grenzüberschreitende Transaktionen ermöglichen und das globale Finanzwesen neu definieren.

DeFi und CBDCs auf dem Weg in den Mainstream

DeFi reift heran, und die regulatorische Unterstützung ebnet den Weg für skalierbare und sichere Anwendungen. In der Zwischenzeit finden Zentralbanken mehr und mehr aus der PoC-Sackgasse und schicken erste Whole-Sale-Konzepte in die Produktion. CBDCs versprechen effizientere grenzüberschreitende Zahlungen, niedrigere Transaktionskosten und eine bessere finanzielle Integration – und damit ein wichtiges zusätzliches Fundament für die Zukunft des internationalen Finanzwesens.

Open-Banking, AI & Embedded Everything

In vielen Diskussion wurde die Bedeutung einer zielgerichteten Zusammenarbeit zur Schaffung eines Finanzökosystems unterstrichen, das den Menschen wirklich dient, indem es Ineffizienzen und Hindernisse beseitigt. Mit APIs, Open-Banking und unterstützt durch "responsible AI" schaffen wir Wertschöpfung, die neue Märkte zugänglich und etablierte noch attraktiver macht.

Durch die Integration von Finanzdienstleistungen in nicht-finanzielle Plattformen wie E-Commerce und soziale Medien haben die Verbraucher jetzt einen bequemeren Zugang zu Finanzinstrumenten direkt dort, wo sie benötigt werden. Super-Apps gehen noch einen Schritt weiter, indem sie mehrere Dienste auf einer Plattform vereinen, die soziale, finanzielle und persönliche Bedürfnisse miteinander verbindet und so die Erfahrungen der Nutzer optimiert. Auch hier spielen APIs und Open-Banking Konzepte eine zentrale Enabler-Funktion.

Gerade für ein Medium wie Moneytoday, welches seit der ersten Ausgabe die Open-Banking-Flagge unbeirrt in die Höhe stemmt, ist es toll zu sehen, wie viele der vor einiger Zeit noch kühn anmutenden Ideen, nun auch global (endlich) Realität zu werden scheinen. Gemeinsam werden wir mit Open-Banking-Anwendungen nicht nur in der Schweiz spannende Wachstumspotenziale erschliessen.


Die Vibes der Singapore FinTech Week in Zürich

Für alle, die zumindest einen Sneak Peak in die Vibes der Singapore FinTech Week erhalten wollen, ohne dafür ins Flugzeug zu steigen:

Im Mail 2025 bietet das von der Monetary Authority of Singapore mitverwantwortete Point Zero Forum in Zürich Gelegenheit dazu.


Open Banking und die Rolle von bLink

Das Thema Open Banking war zwar nicht ganz so prominent präsent wie Künstliche Intelligenz in Singapore. Aber gerade auf den Panels und in den Gesprächen mit Schweizer Beteiligung ist offensichtlich, dass die nächste Phase, vor allem für Privatkunden, allmählich Gestalt annimmt.

Insbesondere SIX, das Gemeinschaftswerk der Schweizer Finanzdienstleister, ist mit ihrer bLink-Plattform hierzulande zum Fahnenträger mutiert.

Grund genug, diesen Entwicklungen im Gespräch mit einem langjährigen Schweizer Open-Banking-Experten bei einem Singapore Sling auf den Grund zu gehen.

Ein Interview mit Stefan Steuble, CEO Pixel Plus, im Anschluss an den Fachdialog Open Banking am Singapore FinTech Festival.

Im Gespräch mit Stefan Steuble

Stefan, was sind Deine Eindrücke von der Open-Banking-Front hier in Singapore?

Open Banking hat enormes Potenzial, insbesondere für Privatkunden, da es mehr Transparenz und Kontrolle über die eigenen Finanzen ermöglicht. In Singapore wurde deutlich, dass es nicht nur um Technologie, sondern auch um Vertrauen und Zusammenarbeit geht. Für die Schweiz ist Open Banking eine Chance, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen und innovative Lösungen für Kunden zu schaffen.

Wie wird bLink den Schweizer Finanzplatz verändern?

bLink hat das Potenzial, den Schweizer Finanzplatz als Vorreiter in Sachen Zusammenarbeit zwischen Banken und FinTechs zu positionieren. Es wird ein Katalysator für Innovation, indem es sichere, standardisierte Schnittstellen bietet und dadurch den Zugang zu Finanzdaten demokratisiert. Das stärkt den Wettbewerb und eröffnet allen Marktteilnehmern neue Chancen.

Doch bLink ist erst der Anfang. Unsere Vision geht darüber hinaus – hin zu einem Finternet, einem vollständig vernetzten Finanzökosystem, das nicht nur Banken und FinTechs, sondern auch Unternehmen aus anderen Branchen miteinander verbindet. Dieses Ökosystem wird es ermöglichen, Finanz- und Nicht-Finanzdienstleistungen nahtlos zu integrieren und völlig neue Kundenerlebnisse zu schaffen

Welche neuen Möglichkeiten eröffnet es für Banken, FinTechs und Kunden konkret?

Für Banken ermöglicht bLink die Entwicklung neuer Services und Geschäftsmodelle, während FinTechs einfacher innovative Lösungen schaffen können. Kunden profitieren von massgeschneiderten Anwendungen, die ihre Finanzverwaltung vereinfachen. Use Cases wie automatisierte Budgetierung, personalisierte Finanzempfehlungen oder nahtlose Kreditanträge werden Realität.

Welche Herausforderungen siehst Du bei der Einführung von bLink? Wie können diese bewältigt werden?

Eine der grössten Herausforderungen ist die Harmonisierung von Standards und Prozessen. Auch der Datenschutz und die Cybersicherheit müssen höchste Priorität haben. Hier sind Transparenz und enge Zusammenarbeit zwischen Banken, FinTechs und Regulatoren entscheidend, um Vertrauen zu schaffen und Akzeptanz zu fördern.

Zusätzlich bleibt die Tatsache, dass die Banken weiterhin entscheiden, mit wem sie über bLink zusammenarbeiten. Diese selektive Kontrolle kann Innovation blockieren und den Marktzugang für FinTechs erschweren. Ob das der richtige Weg ist, muss kritisch hinterfragt werden.

Für die Zukunft erhoffen wir uns entweder eine stärkere Öffnung der Banken oder mehr Impulse und Unterstützung seitens des Bundes, um die Innovationskraft von Open Banking voll auszuschöpfen und für den gesamten Finanzplatz Schweiz nutzbar zu machen.

Wie wird bLink den Datenschutz gewährleisten? Welche Massnahmen müssen ergriffen werden, um die Sicherheit der Kundendaten zu schützen?

bLink setzt auf strenge Standards und Technologien, um den Datenschutz zu gewährleisten. Verschlüsselung, rollenbasierter Zugang und regelmässige Audits sind essenziell. Zudem müssen alle Akteure transparent kommunizieren, wie Daten genutzt und geschützt werden, um das Vertrauen der Kunden zu stärken.

Welche innovativen Anwendungen erwartest Du auf Basis von bLink? Welche neuen Geschäftsmodelle könnten entstehen?

Wir erwarten eine Vielzahl innovativer Anwendungen, von personalisierten Finanzberatungen über smarte Sparlösungen bis hin zu KI-gestützten Finanzanalysen. Geschäftsmodelle wie Pay-per-Use-Dienstleistungen oder datenbasierte Partnerschaften zwischen Banken und Drittanbietern könnten entstehen.

Wie positioniert sich bLink im internationalen Vergleich? Welche Lehren können aus anderen Märkten gezogen werden?

bLink hat durch seinen Fokus auf Zusammenarbeit und Sicherheit eine starke Basis, muss sich jedoch im internationalen Vergleich an Vorreitern wie der EU mit ihrer PSD2-Regulierung messen. PSD2 hat den Grundstein für Open Banking in Europa gelegt, indem es Banken verpflichtet, ihre Daten sicher und standardisiert mit Drittanbietern zu teilen. Dadurch konnten FinTechs und Banken zahlreiche innovative Lösungen entwickeln, wie beispielsweise Multi-Banking-Apps oder automatisierte Finanzanalysen.

Ein weiteres Beispiel ist die Berlin Group, die mit ihren API-Standards wie "NextGenPSD2" eine wesentliche Rolle dabei spielt, Interoperabilität zwischen verschiedenen Akteuren sicherzustellen. Auch Märkte wie Grossbritannien haben mit ihrer Open-Banking-Initiative bewiesen, wie eine klare Regulierungsagenda Innovation fördern und den Wettbewerb ankurbeln kann.

Von diesen Beispielen kann die Schweiz lernen, insbesondere durch die Einführung klarer Standards und einer stärkeren Förderung von Innovation. bLink kann sich als erfolgreicher Player positionieren, wenn es flexibel genug bleibt, internationale Best Practices zu adaptieren, und dabei den Fokus auf Vertrauen, Sicherheit und Kollaboration beibehält.

Wie wird ein Integrationspartner wie Pixel Plus von bLink profitieren? Welche neuen Produkte oder Dienstleistungen plant Pixel Plus auf Basis von bLink anzubieten?

Pixel Plus wird bLink nutzen, um innovative digitale Produkte zu entwickeln, die Banken und FinTechs helfen, ihre Kunden besser zu bedienen. Wir arbeiten an Use Cases wie automatisierter Budgetierung und Finanzvisualisierungen, die Privatkunden echten Mehrwert bieten.

Wie sieht die Zusammenarbeit von Pixel Plus mit anderen Akteuren im Ökosystem aus? Welche Rolle spielen Banken, FinTechs und Regulatoren?

Unsere Strategie basiert auf enger Zusammenarbeit. Banken liefern die Datenbasis, FinTechs ergänzen mit innovativen Ideen und Regulatoren setzen den Rahmen für Sicherheit und Vertrauen. Pixel Plus agiert als Brücke zwischen diesen Akteuren, um innovative Lösungen zu realisieren.

Wie sieht die Zukunft des Open Banking aus Sicht von Pixel Plus aus? Welche Trends werden die Branche in den nächsten Jahren prägen?

Die Zukunft liegt in personalisierten Finanzdiensten, nahtlosen Nutzererfahrungen und der Integration von KI. Wir sehen grosses Potenzial in datenbasierten Services, die Kunden bei der Erreichung ihrer finanziellen Ziele aktiv unterstützen.

Wie wird bLink den Wettbewerb zwischen Banken und FinTechs verändern?

bLink fördert den Wettbewerb, indem es den Marktzugang für FinTechs erleichtert. Gleichzeitig zwingt es Banken, kundenorientierter und innovativer zu agieren. Diese Dynamik wird den gesamten Markt voranbringen.

Welche Bedeutung haben APIs für die Entwicklung von Open-Banking-Lösungen?

APIs sind das Rückgrat von Open Banking. Sie ermöglichen den sicheren Datenaustausch und die Entwicklung neuer Anwendungen. Einheitliche und leistungsfähige APIs sind entscheidend, um Innovationen zu beschleunigen und den Nutzen für Kunden zu maximieren.

Wie wichtig sind einheitliche Standards für die erfolgreiche Umsetzung von Open Banking?

Einheitliche Standards sind unerlässlich, um die Interoperabilität zwischen allen Akteuren zu gewährleisten. Sie schaffen Klarheit, senken die Einstiegshürden für neue Player und stärken das Vertrauen in die Open-Banking-Infrastruktur.


Insights Forum

Das Insights Forum bot eine tiefergehende Auseinandersetzung mit aktuellen Themen wie die Zukunft der Arbeit, wo Automatisierung und der Einsatz von KI die Arbeitswelt massiv verändern. Die Finanzbranche muss sich auf diese Veränderungen einstellen, unter anderem indem sie rasch und umfassend in Upskilling und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investiert.

Die Regulierung innovativer Technologien wie Kryptowährungen und Künstliche Intelligenz bleibt eine grosse Herausforderung. Dabei spielt auch Nachhaltigkeit eine immer zentralere Rolle in der Finanzbranche. Es wurden verschiedene Initiativen vorgestellt, die darauf abzielen, das globale Finanzsystem nachhaltiger zu gestalten.