Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA hat am 13. Juni 2024 den Konkurs über die FlowBank eröffnet. Eine Konkursliquidatorin ist bereits bestimmt, Kundinnen und Kunden haben keinen Zugriff mehr auf ihre Konten und Assets.
Diese Massnahme wurde laut FINMA notwendig, da die Bank nicht mehr über die Mindesteigenmittel verfügen würde, die für den Geschäftsbetrieb erforderlich sind. Zudem äussert die FINMA die "begründete" Sorge, dass die Bank überschuldet sein könnte.
Die Intervention der Finanzmarktaufsicht und der eröffnete Konkurs dienen dem Schutz der Einlegerinnen und Einleger, wie die FINMA mitteilt.
Was bedeutet das Grounding für Kundinnen und Kunden der Neo-Bank?
Die FINMA hat eine detailliertes Papier verfasst, das alle Fragen beantwortet, Download hier. Einige zentrale Punkte gleich voweg:
Guthaben auf Bankkonten
Diese werden bis zum Betrag von 100'000 Franken privilegiert behandelt. Nach aktuellen Informationen können diese privilegierten Einlagen aus den verfügbaren Aktiven der FlowBank SA ausgezahlt werden. Eine Inanspruchnahme der Einlagensicherung Esisuisse ist nach heutigem Kenntnissstand nicht erforderlich.
Einlagen, die über 100'000 Schweizer Franken hinausgehen, werden im Konkursverfahren kolloziert und je nach verfügbaren Aktiven ganz oder anteilsmässig ausbezahlt.
Bei der FlowBank hinterlegte Wertschriften
Die Bank verwahrt die Wertschriften für die Kundinnen und Kunden in individuellen Depots. Im Konkursfall fallen die Wertschriften der Kundinnen und Kunden nicht in die Konkursmasse. Diese werden aus dem Konkurs ausgesondert und durch die Liquidatorin an die jeweiligen Depotinhaberin oder dem jeweiligen Depotinhaber gemäss den erteilten Weisungen übertragen, sofern die Bank kein Verrechnungsrecht gegenüber der Kundin oder dem Kunden hat. Das gilt jedoch nur bei Wertschriften, von denen der Kunde oder die Kundin wirklich auch Eigentümer oder Eigentümerin ist.
Bei der FlowBank verwahrte Kryptoanlagen
Der Umgang mit Kryptoanlagen hängt vom Produkt ab. Ob die jeweiligen Produkte Depotwerte darstellen, die gleich wie andere Wertschriften von der Liquidatorin abgesondert und übertragen werden oder als Forderungen gegenüber der Bank betrachtet werden, wird von der Liquidatorin im Einzelfall geprüft und festgelegt.
Alles Weitere zum Vorgehen ist im Papier der FINMA zusammengefasst. Inklusive Kontaktdaten der Liquidatorin, wenn Fragen offen bleiben.
Was hat zum Konkurs der FlowBank geführt?
Im Folgenden zitieren wir die ausführliche Begründung der FINMA: "Bereits im Oktober 2021 hatte die FINMA gegen die FlowBank SA ein erstes Enforcementverfahren eröffnet und in der Folge schwere Verletzungen von Aufsichtsrecht, namentlich der Eigenmittelvorschriften sowie der Anforderungen an eine angemessene Verwaltungsorganisation und das Risikomanagement, festgestellt. Im Oktober 2022 ordnete die FINMA deshalb umfassende Massnahmen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands an und setzte einen Prüfbeauftragten zur Begleitung deren Umsetzung ein.
Aufgrund von erneuten Hinweisen auf verschiedene aufsichtsrechtliche Mängel – unter anderem wegen weiterer Verstösse gegen die Eigenkapitalquote – eröffnete die FINMA im Juni 2023 wiederum ein Enforcementverfahren gegen die Bank und setzte eine Untersuchungsbeauftragte zur Überwachung der Tätigkeit der Bank sowie zur Abklärung des relevanten Sachverhalts ein. Die Untersuchungsbeauftragte stellte fest, dass die FlowBank SA Eigenmittelvorschriften wiederholt nicht einhielt und nach wie vor in verschiedenen Bereichen mangelhaft organisiert war. Die Buchführung der Bank sowie das finanzielle Reporting stellten sich als fehlerhaft und unvollständig heraus. Es zeigte sich auch, dass die Bank Auskunfts- und Meldepflichten gegenüber der FINMA verletzte.
Die Untersuchung ergab zudem, dass die Bank zahlreiche Geschäftsbeziehungen mit erhöhten Risiken einging und Transaktionen von erheblichem Umfang abwickelte, ohne die Hintergründe der Geschäftsbeziehungen und Transaktionen angemessen abzuklären. Mit der Aufnahme solcher Geschäftsbeziehungen erhöhte die Bank ihre Risiken erheblich, obwohl die bereits bestehenden organisatorischen Mängel noch nicht behoben waren. Damit verstiess sie in der Beurteilung der FINMA in schwerer Weise gegen die Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung der Geldwäscherei sowie auch gegen das von der FINMA ausgesprochene Verbot, zusätzliche risikoerhöhende Geschäftsaktivitäten einzugehen.
Angesichts der schweren Missstände, der dauerhaften Verletzung von Bewilligungsvoraussetzungen sowie der Unfähigkeit der Bank, den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen, verfügte die FINMA am 8. März 2024 den Bewilligungsentzug und sprach der Bank die Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit ab. Diese Verfügung ist aufgrund eines hängigen Beschwerdeverfahrens vor Bundesverwaltungsgericht noch nicht rechtskräftig. Hingegen sind während des Beschwerdeverfahrens verschiedene von der FINMA angeordnete vorsorgliche Massnahmen in Kraft, die unter anderem Substanzabzüge bei der Bank verhindern.
Nachdem der Verwaltungsrat der Bank den Jahresabschluss 2023 erst vor wenigen Tagen genehmigte und gesicherte Zahlen für die Beurteilung der Insolvenzgefahr erst seit kurzem vorliegen, stellte die FINMA fest, dass die finanzielle Situation der FlowBank SA weit schlechter ist, als diese ursprünglich gemeldet hatte. Die Mindesteigenmittelvorschriften der Bank waren bereits Ende 2023 sowie per Ende April 2024 in klarer Weise verletzt. Darüber hinaus besteht die begründete Besorgnis, dass die Bank per Ende April 2024 überschuldet ist. Der Bank gelang es nicht, innert Frist eine genehmigungsfähige Erhöhung der Eigenmittel zu unterbreiten. Diese neue Situation erfordert zum Schutz der Einlegerinnen und Einleger eine umgehende Intervention der FINMA, weshalb sie den Konkurs über die Bank eröffnet."
Warum endet die Vision der FlowBank mit einem Grounding?
Die FlowBank ist Ende 2020 mit einer Banklizenz in den Markt gegangen, mit der Vision, Anlegerinnen und Anlegern ein "völlig neuartiges Handelserlebnis" zu bieten. Das Unternehmen hat sich als Online-Handelsplattform positioniert, andere Banken-Dienstleistungen waren die Zugabe.
Das Genfer Startup hat Rookies und Profis eine extrem breite Palette an handelbaren Assets zur Verfügung gestellt, Kosten und Gebühren wurden tief gehalten.
Die FlowBank ist aufgefallen durch ausgebaute Serviceleistungen und durch massive Investitionen in Informationen und Education für Kundinnen und Kunden. Jeweils auf unterschiedlichen Levels, damit Einsteiger und Profis etwas davon haben. Wert gelegt wurde auch auf professionelles Marketing, in das beträchtliche Mittel investiert worden sind.
Gründer und CEO Charles Henri Sabet verfolgte mit einem Gründungskapital von 36 Millionen Franken die Vision, eine erstklassige digitale Handels-Plattform zu etablieren, die sehr einfach zu bedienen ist. Beste Technologie, tief in den Gebühren, umfangreich im Angebot, komfortabel im Handling, mit dem Label der Swissness und in ihren Stärken den traditionellen Finanzhäusern voraus.
Die FlowBank expandierte geografisch, zum Hauptsitz in Genf kamen Büros in Zürich dazu sowie Tochtergesellschaften in London und auf den Bahamas.
All das hat massiv Geld gekostet. Der Online-Pionier mit Hintergrund und Erfahrung war überzeugt, dass die Rechnung aufgeht und dass mit entsprechenden Handelsvolumen eine gesunde Waage zwischen Ausgaben und Einnahmen hergestellt werden kann.
Die FlowBank weist heute eine Bilanzsumme von ungefähr 680 Millionen Franken auf, beschäftigt weltweit rund 140 Angestellte und führt 22'000 Kundenkonten. Diese nach dreieinhalb Jahren Geschäftstätigkeit überschaubare Kundenzahl dürfte deutlich unter den Erwartungen und Zielvorstellungen der FlowBank liegen. Die dadurch ausbleibenden oder zu geringen Volumen konnten offenbar nicht die notwendigen Erträge generieren, um Investitionen und hohe laufende Kosten auszugleichen.
Schade. FlowBank war eine interessante und gross gedachte Vision mit Potenzial, die in ihrer Ausprägung qualitativ Massstäbe gesetzt hat – in den quantitativen Notwendigkeiten aber offenbar nicht Schritt halten konnte.