Die Welt ist im Umbruch, Märkte und Kundenwünsche ebenfalls – die Banken ziehen mit und erfinden sich neu. Zumindest der aktive Teil der Finanzinstitute. Was seit längerem passiert und als Entwicklung in den nächsten Jahren noch stärker und schneller spürbar wird, hat Auswirkungen. Umdenken und Anpassen genügt nicht mehr, Neudenken und Mitgestalten ist gefragt. Genau das prägt im Moment die Bankenwelt.
Druck zum Handeln generiert Resultate
Das Verlassen der Komfortzone und die Bereitschaft digital zu denken, führen zu Kreativität und neuen Konzepten. Die Einsicht, dass Digitale Transformation als ständiger Prozess kein abgeschlossenes Projekt sein kann, bringt notwendigen Sofortmassnahmen, langfristige Planung und damit Roadmaps, welche zwischen Gegenwart und Zukunft Verbindungen schaffen.
Banken erschliessen neue Ertragskanäle
Natürlich generieren Banken weiterhin Erträge in ihren angestammten Bereichen. Dennoch zwingen historisch tiefe Zinsen und Marktumfelder im Umbruch Finanzinstitute dazu, bestehende Geschäftsmodelle zu überdenken, neue Geschäftsfelder zu testen oder bisherige Nebengeleise zu aktivieren und breiter zu fahren. Das führt zu neuen Entwicklungen, Technologien, Services und damit zu sehr viel neuer Bewegung in der Finanzbranche. Einige Beispiele:
Wie Banken unterwegs sind
Die Ausschläge des Aktivitätenpegels im Vergleich zwischen heute und vor zwei, drei Jahren sind inzwischen sehr sichtbar. Das gilt für Massnahmen und auch für die unterschiedliche Verteilung der Protagonisten. Weil die Digitalisierung gerade auch kleineren Banken Wettbewerbsvorteile verschafft.
Glarner Kantonalbank
Mit den automatisierten Plattformen Kontomat, Hypomat, Investomat und Risikomat schon sehr früh am Start, diversifiziert die GLKB zusätzlich innerhalb ihrer digitalen Strategie. Mit Softlink und Kreditfabrik etablieren sich die Glarner als Anbieter und Partner im Bereich digitaler Bankgeschäfte für Dritte: Technologie, Software, Know-how, Services und Plattformen als Dienstleistung oder als White Label-Lösung. Die Glarner Kantonalbank bleibt Bank, wird jedoch zusätzlich zum Software-, Plattform- und Lösungsanbieter.
Hypothekarbank Lenzburg
Eine ebenso konsequente Digital-Strategie verfolgt die Hypothekarbank Lenzburg. Das agile Team um CEO Marianne Wildi bietet zum Beispiel sofortige Liquidität für Unternehmen mit Hypicash, günstige Kredite über Crowdlending oder ein flexibles E-Commerce Tool mit Hypipay. Zudem stellt die Bank mit dem eigenen Kernbankensystem Finstar als Dienstleister anderen Finanzinstituten modulare Leistungen in der Bandbreite zwischen Software, Services und Outsourcing zur Verfügung. Der Slogan "Sofware for Banker from Banker" scheint zu verfangen und generiert Umsätze. Auch die Hypothekarbank Lenzburg bleibt natürlich eine Bank, diversifiziert jedoch in neue Geschäftsfelder und etabliert zusätzliche Umsatz- und Ertragsgeneratoren.
Luzerner Kantonalbank
Die LUKB betreibt mit Funders und Crowders eigene Crowdfunding- und Crowdvoting-Plattformen, sucht und findet Partner, schafft damit eine breitere Basis und plant weitere Plattformen innerhalb der digitalen Strategie. Zudem baut die LUKB ein Kompetenzzentrum für strukturierte Produkte auf, um die Ertragsbasis zu verbreitern, und tritt damit ab Anfang 2018 als Zulieferer für andere Banken und für Vermögensverwalter auf.
Das sind nur drei Beispiele, stellvertretend für andere Banken, die ebenfalls digital unterwegs sind. Um bisherige Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen, um neue Strategien zu entwickeln und um weitere Geschäftsfelder zu öffnen. Um im B2B- und im B2C-Bereich neue Modelle zu testen und rechtzeitig Terrain zu besetzen.
Und die Grossbanken?
Die Grossbanken haben zahlreiche Eisen im Feuer, sind in Projekten unterwegs und treiben digitale Lösungen voran. Neben den aktuellen Zahlungsverkehrs-Projekten in den Bereichen Blockchain, digitale Währungen, Digital Identity, Superbank (Transaktionsbank für den Finanzplatz) oder mit digitalen Services, welche Kunden gewinnen, Kunden halten, Kosten senken oder neue Erträge generieren sollen.
SIX denkt aktuell ebenfalls über die Superbank und ein zentrales Backoffice für alle Banken nach und ist zudem sehr aktiv in zahlreichen Innovations- und FinTech-Initiativen. Zum Beispiel mit F10, dem FinTech Startup Incubator & Accelerator, dessen Trägerschaft aktuell durch Baloise Group, Generali Group und Eny Finance verstärkt worden ist. Oder mit dem SIX Hackathon, der im März 2017 zum dritten Mal durchgeführt wird. Zudem ist SIX engagiert in zahlreichen Kooperationen und Engagements, um starke Verbindungen und Kupplungen zwischen der noch bestehenden "früheren" Bankenwelt und den ebenso zur Tatsache gewordenen FinTech-Banken zu schaffen.
Das Umfeld bewegt sich mit
Alle relevanten Gruppen sind mit im Boot und leisten Beiträge: Behörden, welche agieren und sehr schnell reagieren auf Entwicklungen. Zum Beispiel Bundesrat und Parlament, welche eine FinTech-Lizenz lancieren oder mit dem E-ID-Gesetz den Rahmen für die Digital Identity in der Schweiz schaffen. Startups und FinTechs als Drittparteien oder Kooperationspartner, welche Banken und deren Kunden Zusatzleistungen bieten. Bildungs-Institutionen, welche mit neuen Programmen helfen, die Spezialisten der Gegenwart und der Zukunft an Bord zu holen. Kongresse und Fachtagungen, welche die Plattformen für Know-how und Austausch schaffen. Zum Beispiel der PSD2 Implementation Congress, der nicht nur sagt, was PSD2 ist, sondern die Kompetenz vermittelt, PSD2 zu denken und zu integrieren. Oder Fachtagungen, welche fit machen, Open Banking & Blockchain als Teil der eigenen Strategie zu begreifen und zu etablieren. Plattformen und Initiativen wie World Web Forum, Digital Switzerland, Swiss Finance Startups und andere, welche Brücken schlagen zwischen Wirtschaft, Politik, Finance, Investoren und FinTechs. Wirtschaft und Exponenten, welche zum Beispiel dafür sorgen, dass das Crypto Valley nicht in den USA, sondern im Herzen der Schweiz liegt.
Wer profitiert von der neuen Kreativität?
Im Resultat führen diese Aktivitäten zu Einsparungen oder zu Neugeschäften, welche zusätzliche Ertragskanäle öffnen. Mit den verschiedenen Diversifizierungs-Strategien werden neue B2B-Geschäftsfelder etabliert – Banken bieten Leistungen für andere Banken und Finanzdienstleister an. Die Bank bleibt eine Bank, wird jedoch sehr viel stärker zum FinTech und zum Leistungs-, Software- und Lösungsanbieter für Dritte.
Davon werden alle Beteiligten profitieren. Banken selbst, jene eben, welche die Zeichen der Zeit nicht nur erkannt, sondern vielmehr mit eigenen sichtbaren Zeichen beantworten und die weitere Entwicklung mitprägen. Und damit nicht nur Image und Position stärken, sondern unrentable Bereiche im Banking durch monetarisierbare und rentable Angebote und Leistungen ersetzen können.
Die ganze Branche profitiert, weil sich die Finanzindustrie von innen heraus erneuert und damit die eigene Zukunft prägt und sichert. Herausforderungen und neue Konkurrenz, zum Beispiel durch Technologie-Riesen, werden weiterhin die Regel bleiben. Nur ist eine Branche auf solidem Fundament, technologisch und digital topfit, neuen Herausforderungen der Zukunft gewachsen.
FinTechs und Startups profitieren, weil sich in der Wertschöpfungskette von Finanzinstituten neue Räume öffnen, welche durch externe Anbieter oder durch Kooperationen ausgefüllt werden können.
Vor allem profitieren Kunden. Im B2C- wie auch im B2B-Bereich. Weil Kunden durch die neue Kreativität und durch völlig neue Konkurrenzumfelder nicht nur Angebote zur Verfügung stehen, sondern Leistungen: beste Leistungen. Nur schon deshalb, weil sich zweitbeste auf Dauer nicht werden halten können. Kunden verändern sich so, wie die Finanzbranche sich ändert. Und der Wandel vom Konsumenten zum aktiven und anspruchsvollen Nutzer ist Tatsache und wird sich in Zukunft in höheren Ansprüchen niederschlagen.
Stichworte zum Thema im Lexikon: Digitale Transformation | Digital Identity | E-ID | Open Banking