Praktisch alle Banken beschränken sich darauf, in Sachen Vermögensaufbau die Kundengruppe Kinder und Jugendliche mit Sparkonten zu bedienen. Diese waren jedoch in den vergangenen Niedrigzins-Zeiten kein Ertragsparadies – und daran hat sich auch nach der Zinswende nicht viel geändert. Die jungen Kundinnen und Kunden werden zwar leicht bevorzugt behandelt, in der Regel bleiben die Zinsen aber auch bei Jugend-Sparkonten deutlich unter der Inflationsrate.
Frisst die Inflation die mageren Zinsen gleich wieder auf, gleicht ein Sparkonto dem mehr oder weniger regungslosen Sparstrumpf zu Hause, nur halt gestrickt von und verwahrt bei einer Bank. So wird das natürlich nichts mit dem dynamischen Vermögensaufbau über all die Kinderjahre, der später bei Erreichen der Volljährigkeit den jungen Erwachsenen einen finanziell starken Start ins selbstständige Leben ermöglichen soll.
Wenn Kinder zu Anlegerinnen und Anlegern werden
Dass Investitionen in Wertpapiere den Sparstrumpf um Längen schlagen kann, immer vorausgesetzt der Anlagehorizont ist lang genug, ist eine statistisch x-fach belegte Binsenwahrheit. Mit ein Grund, weshalb die FinTechs Findependent und True Wealth mit entsprechenden Angeboten vorgelegt haben, um Kinder und Jugendliche zu Anlegern zu machen. MoneyToday.ch hat berichtet, hier und hier. Dass diese Kinderportfolios für den langfristigen Vermögensaufbau im Markt offenbar sehr gut ankommen, bestätigen die ersten konkreten Zahlen, die True Wealth kürzlich kommuniziert hat.
Klassische Banken ziehen nach – zumindest eine
Die Grossbank UBS ist die erste Bank mit einer hybriden Neo-Bank. Hybrid deshalb, weil die digitalen Leistungen von Key4 nicht in einer separaten Neo-Bank oder App daherkommen. Gewünschte digitale Neo-Angebote können von Kundinnen und Kunden frei ausgewählt und dazugebucht werden. Nach dem Ja-Wort zu einer bestimmen Funktion, wird diese ins bestehende Mobile Banking integriert und findet ab dann in der Umgebung statt, die sich Kundinnen und Kunden gewohnt sind.
Ein cleveres Konzept, dass von einigen Kritikern nicht so recht verstanden und als chaotisch und unstruktuiert bezeichnet worden ist. Kundinnen und Kunden scheinen sich allerdings im "Chaos" der neuen zuschaltbaren Freiheit gut zurechtzufinden. Nach Aussagen von Sabine Magri, COO UBS Switzerland, werden Ende des Jahres bereits mehr als 200'000 Kundinnen und Kunden mindestens ein UBS Key4-Produkt nutzen. Diese ersten 200'000 haben offenbar verstanden, wie das gewohnte Mobile Banking mit zusätzlichen digitalen Services und gewünschten Funktionen aufgepeppt, erweitert und den persönlichen Wünschen angepasst werden kann.
Eine weitere dieser zuschaltbaren Funktionen hat die UBS erst vor wenigen Tagen in die bereits bestehende Abteilung "Key4 Smart Investing" integriert. In der neuen Rubrik Anlegen für ein Kind bietet die Grossbank ihre aktuelle Alternative zum Jugendsparkonto an: das Portfolio für Kinder. Die Anlagelösung, über die Eltern, Grosseltern, Gottis, Göttis und alle anderen Zugewandten in die Zukunft von Kindern investieren und für das Kind langfristig Vermögen aufbauen können.
Wie funktioniert das Kinderportfolio der UBS?
Die Geschenk-Anlagekonten für Kinden lassen sich ohne Papier-Umwege digital direkt über das Smartphone eröffnen. Wie alle Key4-Services integriert sich mit der Eröffnung dieser Neo-Funktion auch das Kinder-Anlagekonto in das gewohnte Mobile Banking. Mit einem Mindestbetrag von 50 Franken pro Einzahlung und Investition bleiben die Hürden tief. Wie bei den FinTech-Anbietern auch, macht die App aufgrund des persönlichen Anlegerprofils konkrete Anlagevorschläge, die nach Wunsch angepasst werden können. Für die Investitionen im Rahmen der persönlichen Präferenzen steht eine Auswahl von rund 20 aktiv und passiv verwalteten Fonds zur Verfügung.
Erwachsene, die über Key4 für sich selbst investieren, zahlen für Konto- und Depotführung, für die Zeichnung und Rücknahme von Anteilen an UBS-Anlagefonds sowie für die "transaktionsbasierte Anlageberatung" über die UBS pauschal 0.9 Prozent pro Jahr. Bei Anlagen für Kinder und Jugendliche reduziert die Bank diesen Ansatz um die Hälfte und gibt sich mit 0.45 Prozent zufrieden.
Die Beispiele der Vorreiter könnten Schule machen
Im Moment sind FinTechs und Banken mit Anlagelösungen für Kinder noch in der Minderheit. Die Beispiele könnten jedoch Schule machen – spätestens dann, wenn Eltern vermehrt bestehende Vergleichsrechner nutzen, welche über zehn oder zwanzig Jahre die Ertragsunterschiede zwischen Sparkonten und Anlagelösungen plakatieren.
Banken haben hier allerdings noch etwas Schonfrist – aktuelle Studien zeigen, dass Schweizerinnen und Schweizer bei ihren eigenen Bankeinlagen mehrheitlich (noch) nicht sehr zins- oder ertragssensitiv funktionieren. So hat der Vergleichsdienst Moneyland kürzlich erneut festgestellt, dass die Sparzinsen auch deshalb tief bleiben, weil die Wechselbereitschaft hierzulande sehr gering ausgeprägt ist. Davon können Banken profitieren.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Aussage von SNB-Präsident Thomas Jordan, der die Verantwortung für die tiefen Sparzinsen nicht nur bei den Banken sieht, sondern auch die Kunden in die Pflicht nimmt und eine pragmatische Lösung bereithält: «Wenn Sie zu einer anderen Bank wechseln, die mehr Zins bezahlt, dann zwingt das Ihre bisherige Bank, darauf zu reagieren». Das Zitat stammt aus einem Interview, das unsere Kollegen von der NZZ letzten November mit Jordan geführt haben.
Auch bevor Bankkunden der Empfehlung des SNB-Präsidenten folgen, gehört es wahrscheinlich zu den guten Ideen, möglicherweise wachsendem Unmut der sparenden Bevölkerung mit smarten Angeboten zuvorzukommen. Wenn noch nicht mit fairen Sparzinsen, dann eben mit alternativen Anlagemodellen, mit denen sich die mickrigen Zinsen locker schlagen lassen.