Mit In-Car-Payments sind mobile Zahlungen noch etwas mobiler geworden, die Technologie macht ein Auto zur Wallet auf Rädern. Nutzerinnen und Nutzer lösen Zahlungen direkt in ihrem Wagen aus, über den Monitor ihres Multimediasystems. Damit wird ein Auto zum gross geratenen Smartphone. Das Autorisieren und Auslösen von Zahlungen funktioniert im einen wie im anderen Fall praktisch identisch. In beiden Fällen über hinterlegte Debit- oder Kreditkarten.
Kritische Experten behaupten: In-Car-Payment braucht kein Mensch
Andere Experten attestieren In-Car-Payment eine grosse Zukunft. Die Meinungsdifferenzen dürften mit dem unterschiedlichen Fokus auf die noch eingeschränkten Anwendungen der Gegenwart oder mit der vorausgedachten Betrachtung der Potenziale der Zukunft zu tun haben.
In-Car-Payment ist noch keine Breitenbewegung – die Einsatzbereiche sind im Moment ziemlich überschaubar – und es spielen auch noch nicht sämtliche Autohersteller mit. Jene, die mit dabei sind, Mercedes, Audi, VW, Skoda und weitere, bauen die Anwendungen der Zukunft erst auf.
Eine naheliegende Anwendung funktioniert bereits heute an der Tanksäule. Nach dem Tanken entfällt der Gang zur Kasse, bezahlt wird direkt im Auto und man kann gleich weiterfahren. Verschiedene Autohersteller nutzen das System ausserdem dazu, dass ihre Kundinnen und Kunden bestimmte markenbezogene Services beziehen und bezahlen oder gewünschte Sonderausstattungen für ihren Wagen freischalten können.
Bei Mercedes ist das zum Beispiel die Funktion für das automatische Einparken. Diese Option ist bereits schlummernd mit an Bord. Wer sich beim seitwärts Einparkieren auf Dauer schwertut, schaltet die Einpark-Unterstützung frei und bezahlt den neuen Komfort über In-Car-Payment. Andere Hersteller hoffen auf einen kalten Winter und locken mit der Option der Sitzheizung, die sich bei Minusgraden nach einem In-Car-Payment sofort freischalten lässt.
Die Zahl der möglichen Use Cases ist jedoch sehr viel grösser.
Wann wird In-Car-Payment wirklich spannend?
Sind In-Car-Payments nur eine weitere Zahlungsmöglichkeit – Auto statt Smartphone – oder bieten In-Car-Payments in bestimmen Fällen tatsächlich ein fassbares Mehr an Nutzen und Komfort?
Ein Zusatzvorteil vorweg: Debit- oder Kreditkarten kann man grad nicht finden oder die Brieftasche mit den Karten liegt vergessen zu Hause. Das Auto ist unterwegs immer da und verfügbar, wenn man drinsitzt. Derselbe Vorteil gilt gegenüber dem Smartphone, das aus welchen Gründen auch immer ausfallen kann. Die zweite Wallet auf Rädern kann helfen, nicht ohne Geld dazustehen, das Auto ist die zusätzliche Option zum Bezahlen. Gewissermassen das Sicherheits-Backup der verschiedenen bereits vorhandenen Zahlungsmöglichkeiten.
In-Car-Payment wird jedoch vor allem dann interessant, wenn eine Vielzahl von Drittanbietern mit sinnvollen Services mit an Bord sind, deren Services direkt über den Monitor im Auto gebucht und bezahlt werden können. Also nicht nur der Treibstoff an der Tankstelle, sondern auch die Nutzung der Waschanlage, Parkgebühren, Maut und Autobahngebühren, Kino- oder Theaterkarten und andere Leistungen. All das, was Kundinnen und Kunden zusätzlichen Nutzen bringt, wenn sie direkt aus dem Auto bezahlen können.
Chancen öffnen sich auch im E-Commerce, insbesondere für Anbieter mit optimierter Zustell-Logistik. Zum Beispiel: Dringend benötigte Artikel könnten unterwegs bestellt – ohne Eingabe am Monitor, über Voice-Systeme – und am gewünschten Ort direkt ans Auto geliefert werden. Oder: Treffen die im Auto unterwegs bestellten Zutaten fürs Gästemenü heute Abend zu Hause ein, noch bevor der Wagen des Kunden in die Garageneinfahrt einbiegt, kann das Probleme lösen.
Das alles und mehr ist grundsätzlich heute schon übers Smartphone möglich. E-Commerce im Auto dürfte jedoch die Sinne für mobile Shopping-Möglichkeiten bei Autofahrerinnen und Autofahrern schärfen. Ebenso bei Händlern, welche mit mobilen Services bei einem kauffreudigen Publikum zusätzlich punkten können.
Die Use Cases von In-Car-Payment geht weit über autonahe Dienstleistungen hinaus. Auch Letztere bleiben jedoch interessant, wenn Parkgebühren, Tanken, Elektroauto-Laden oder Maut-Gebühren auf der Autobahn schnell und unkompliziert im Auto ohne Gefummel am Smartphone bezahlt werden können.
Die Kooperation von Mastercard und Skoda
Skoda lanciert aktuell in Zusammenarbeit mit Mastercard den Pay-to-Fuel-Service in der Schweiz. Das dürfte auch hier erst der Anfang sein. Kann nun jeder Skoda über sein Multimediasystem als In-Car-Payment Benzin, Diesel oder Strom bezahlen, geht auch mehr. Im Moment und zum Start aber schon mal das Tanken mit dem Pay-to-Fuel-Service.
Teilnehmende Tankstellen, die diesen Service in der Schweiz anbieten, werden über das GPS-System des Fahrzeugs angezeigt. Handelt es sich um die Station eines Pay-to-Fuel-Partners, erkennt das Fahrzeug dies automatisch. In der App auf dem Fahrzeugdisplay wird die Tankstelle bestätigt und die Nummer der benutzten Zapfsäule eingegeben. Anschliessend wird die getankte Menge auf dem Infotainment-Bildschirm akzeptiert und die Bezahlung erfolgt automatisch per Debit- oder Kreditkarte. Es werden alle gängigen Karten akzeptiert. Danach wird eine Zahlungsbestätigung in der Skoda-App und im Fahrzeugdisplay angezeigt und die Fahrt kann ohne den Gang zur Kasse fortgesetzt werden.
In-Car-Payment hat zahlreiche Supporter
Jeder Autohersteller, der seine digitalen Systeme fürs Bezahlen im Auto fit macht, trägt mit dazu bei, In-Car-Payments in die Breite zu tragen. Skoda hält in der Schweiz aktuell einen Marktanteil von 8.4 Prozent und hat damit eine breite Ausstrahlung.
Die Monitore und Multimediasysteme der verschiedenen Autohersteller dürften zudem eine starke Magnetwirkung für E-Commerce und Dienstleister haben, die sich einen Platz auf diesen Monitoren wünschen. Jeder Partner mit sinnvollen Angeboten schafft Use Cases, die In-Car-Payments ebenfalls ins Bewusstsein der zahlenden Bevölkerung rücken. Immer vorausgesetzt, diese Angebote schaffen Nutzen, lösen Probleme und bringen neuen Komfort. Tun sie das, ist das Auto als rollende Wallet mehr als nur ein zu gross geratenes Smartphone. Es wird zur situativen Bezahl-Alternative, die in vielen Fällen einfach besser passt.