Im Moment sind die mobilen Lösungen der verschiedenen Schweizer Anbieter in Strategie, Konzept und Funktionen noch sehr unterschiedlich aufgestellt. Spannend wird's, wenn sich die Konkurrenten vom Funktionsumfang her angleichen. Genau das gärt in den verschiedenen Pipelines und wird in den nächsten Wochen und Monaten realisiert.
TWINT besetzt Terrain
Das digitale Portemonnaie der PostFinance-Tochter ist seit seinem Start breiter aufgestellt als seine Konkurrenten und kann: P2P, Shop-Zahlungen, Online-Zahlungen plus Mehrwertservices.
Mit der Migros hat TWINT in diesen Tagen den zweiten Grossverteiler (neben Coop) mit ins Boot geholt und schafft damit zusätzliche Breite. Spätestens ab Anfang 2017 soll in allen Super- und Fachmärkten sowie in Restaurants und Take aways der Migros mobil bezahlt werden können. Interessantes Detail: Migros setzt nicht auf die TWINT-Terminals – vorgesehen ist, TWINT in die Migros App zu integrieren. Und man hält sich Optionen offen, in Zukunft auch weitere Bezahllösungen zu integrieren.
Neuster Zugang bei TWINT: Brack.ch. Deshalb bemerkenswert, weil Brack eine riesige Kundenbasis bedient und für die neue Bezahlmethode in den Social Medias mit einem 10-Franken-Guthaben lockt. Auch diese Kooperation wird zusätzliche Breite schaffen.
Paymit baut aus
Als bis anhin reine P2P-Lösung, hat Paymit genau mit diesem Feature die Einstiegshürde tief gelegt und mit cleverem Marketing und Social Media-Massnahmen User generiert. Mit über 170'000 Downloads verfügt Paymit über eine starke Userbasis. Nun legt Paymit in absehbarer Zeit nach mit neuen Features.
Bereits im Februar 2016 werden die Funktionen erweitert, dann sind auch Shop-Zahlungen möglich. Mit dem dichten Netz von SIX-Terminals im stationären Handel stehen die Chancen für die Paymit-Expansion gut. Im zweiten Quartal 2016 sollen zusätzliche Erweiterungen für E-Commerce und Online-Zahlungen ausgeliefert und integriert werden.
In Kooperation mit Swisscom wird seit Januar 2016 "Paymit as a Service" angeboten. Die White Label-Lösung für Finanzinstitute ermöglicht auch kleineren Banken einen schnellen und problemlosen Einstieg.
SwissWallet in den Startlöchern
Die Lösung der Kreditkartenfirmen bietet seit Mitte November 2015 "nur" E-Commerce-Zahlungen. Mitte 2016 sollen die Funktionen für Shop-Zahlungen, P2P und Mehrwertleistungen folgen.
Weitere Details zu SwissWallet sind noch nicht bekannt, der Mitbewerber ist jedoch nicht zu unterschätzen. Mit Aduno, Swisscard und Netcetera stehen Unternehmen hinter der Applikation, die aller Voraussicht nach kräftig Schub geben werden, um SwissWallet zum Durchbruch zu verhelfen.
Migros App in Kooperationslaune
Die Migros App bleibt autonom im Markt, integriert jedoch bis 2017 zusätzlich TWINT als universelle Bezahllösung. Die Anmerkung, dass man sich die Integration weiterer Zahlungslösungen offen lassen würde, lässt darauf schliessen, dass die Migros generell noch einiges vor hat mit ihrer App.
Gemeinsam stark oder allein erfolgreich?
Aktuelle Statements zum Thema vom Round Table an der Swiss Digital Finance Conference 2016 in Luzern. Unter anderen Teilnehmern am Tisch: Thierry Kneissler von TWINT und Veronica Lange von UBS für Paymit.
Die oft diskutierte Überlegung, ob eine gemeinsame Schweizer-Lösung nicht sinnvoller wäre, kurz und knapp auf den Punkt gebracht:
«Warum schliesst ihr euch nicht zusammen?»
Christian Vetsch, CMO Abrantix
Thierry Kneissler (CEO von TWINT) entgegnet, dass man ohne die bestehende Konkurrenzsituation und den damit verbundenen Wettlauf nicht dasselbe erreicht hätte und so weit gekommen wäre. Zudem kündigt Kneissler die baldige Einführung zusätzlicher Mehrwertleistungen an und meint:
«Eine reine Bezahllösung bringt nichts. Ab zweitem Quartal 2016 wird TWINT sehr viel mehr sein als nur ein Zahlungsmittel.»
Veronica Lange (Head of Innovation, UBS) reagiert auf das Argument, dass TWINT inzwischen doch einen ziemlichen Vorsprung hätte, eher gelassen:
«Wir sehen uns das an und schauen, was funktioniert.»
Stichworte zum Thema im Lexikon: Mobile Payment | P2P Payment | Schweizer Lösungen im Markt