Bargeld ist in der Schweiz nach wie vor ein beliebtes Zahlungsmittel. Scheine und Münzen haben jedoch ihre Dominanz verloren. Laut dem letzten Swiss Payment Monitor belegen mobile Zahlungen und Debitkarten inzwischen die Spitzenplätze bei allen durchgeführten Transaktionen.
Nur 25.7 Prozent der Transaktionen werden als Barzahlungen durchgeführt. Im Laden ist der Anteil mit 29.9 Prozent noch etwas höher.
Schweizerinnen und Schweizer wollen auf Bargeld nicht verzichten, nutzen und schätzen aber zunehmend den Komfort von digitalen Zahlungsmöglichkeiten.
Das hat Auswirkungen auf die Dichte des Geldautomaten-Netzes. Das ATM-Netz wird dünner, weil Banken und Betreiber von Geldautomaten Kosten und Nutzen ihrer Automaten in die Waagschale werden. Dasselbe gilt für kostenintensive Bankfilialen mit Besucherschwund.
Studie Swiss Money Map 2024: Wird die Schweiz zur Bargeldwüste?
Vorerst wird die Schweiz nicht zur Bargeldwüste, aber die neuste Ausgabe der HSG-Studie "Swiss Money Map 2024" zeigt, dass die Infrastruktur für den Bargeldbezug zurückgeht.
Das Projekt "Swiss Money Map" analysiert die räumliche Verteilung von Geldautomaten, Bankfilialen und neu auch Postfilialen in der Schweiz im Zeitverlauf. Wie die aktuelle Auswertung zeigt, gibt es trotz der insgesamt guten Versorgung regionale Unterschiede, insbesondere zwischen städtischen und ländlichen Gebieten.
Seit 2021 hat sich die Anzahl der Geldautomaten um 443 (-7%) und die der Bankfilialen um 164 (-7%) verringert. In kleinen, ländlichen Gemeinden verschlechterte sich die Erreichbarkeit zunehmend: 936 Gemeinden (45.1%) verfügten im Jahr 2023 über keinen Geldautomaten, ein Anstieg um 10.8 Prozent seit 2021.
Ebenso verfügten 1'239 Gemeinden über keine Bankfiliale, ein Zuwachs von 10.6% seit der letzten Erhebung. Viele ländliche Gemeinden laufen Gefahr, ihren letzten Bargeldzugang zu verlieren. So haben 94 Gemeinden seit 2021 ihren letzten Geldautomaten eingebüsst, während 119 Gemeinden neu keine Bankfiliale mehr aufweisen.
Guter Zugang zu Bargeld, doch die Erreichbarkeit nimmt ab
Die Erreichbarkeit ist ein wichtiger Punkt, deshalb werden in der Studie die Reisezeiten mit öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln berücksichtigt, um ein umfassendes Bild des Zugangs zu Bargeld-Dienstleistungen zu zeichnen. Die Autoren berechnen auf der Grundlage des Schweizer Strassennetzes die tatsächlichen Distanzen und Fahrtzeiten zur nächstgelegenen Bargeldbezugsstelle.
Personen in der Schweiz sind im Durchschnitt 1.2 Kilometer vom nächsten Geldautomaten entfernt, 1.8 Kilometer von der nächsten Bankfiliale und 1.1 Kilometer von der nächsten Postfiliale.
Mit dem Auto erreicht man einen Bargeldbezugspunkt in durchschnittlich 3 Minuten. Die Fahrzeit zum nächsten Geldautomaten beträgt im Durchschnitt 3.7 Minuten, zur Bankfiliale 4.3 Minuten und zur Postfiliale ebenfalls 3.7 Minuten.
Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln benötigen die Menschen im Durchschnitt 8.5 Minuten zum nächstgelegenen Bargeldzugangspunkt.
Trotz der insgesamt guten Versorgung nahm die Erreichbarkeit zu Bargelddienstleistungen schweizweit ab. Seit 2021 ist die durchschnittliche Distanz zum nächstgelegenen Geldautomaten um rund 100 Meter angestiegen und die Reisezeit hat sich um etwa 6 Sekunden verlängert. Für Bankfilialen erhöhte sich die Entfernung um 200 Meter und die Fahrtzeit stieg um 12 Sekunden.
Die leicht längeren Distanzen oder der minimale Zeitverlust wirken auf uns nicht alarmierend, die Autoren allerdings warnen vor einem Trend, der sich fortsetzen und verstärken könnte.
Fazit der Studie
Der Zugang zu Bargeld bleibt trotz der abnehmenden Dichte von Geldautomaten, Bank- und Postfilialen in der Schweiz zufriedenstellend.
Die Erreichbarkeit zu Bargelddienstleistungen hat jedoch schweizweit abgenommen. Die Autoren der Studie erkennen in diesem Trend eine Entwicklung, die sich weiterhin verschlechtern könnte.
Unser Kommentar zur Bargeldversorgung in der Schweiz
Waren Anfang 2020 nach Statistiken der Schweizerischen Nationalbank noch 7'300 Geldautomaten in Betrieb, waren es im Frühling 2024 noch gut 6'300. Diese Zahl schwindet weiterhin, jeden Monat werden ATMs ausser Betrieb genommen.
Dieser Schwund ist allerdings nicht beunruhigend, sondern eine Folge der sinkenden Nutzung. Dazu kommt: Das Netz der Automaten ist nicht unbedingt optimal ausgestaltet, weil die Dichte der ATMs nicht durchwegs auf Nutzerzahlen, Frequenzen und Bedürfnisse abgestimmt ist. Das will sagen: Stehen an bestimmten Punkten zu viele "konkurrierende" Automaten dicht beieinander, sind andere Orte schlecht oder gar nicht bedient.
Hier ist die SIX am Ball, welche in Kooperation mit Banken das Netz der Geldautomaten optimieren und harmonisieren will. Das ist sinnvoll, weil ein optimiertes Netz mit weniger Automaten an den richtigen Orten dennoch mehr Menschen mit Bargeld versorgen kann.
Nicht jede Bank muss bedingungslos ihre eigenen Automaten betreiben. Kundinnen und Kunden verschiedener Banken wünschen sich gut erreichbare ATMs, die nicht das Logo ihrer Bank tragen müssen, sondern einfach Bargeld liefern sollen. Kooperationen liegen hier als Problemlösung auf der Hand.
Zudem: Die Möglichkeiten des Bargeldbezugs haben sich stark erweitert
Die Zeiten sind vorbei, als Bargeld nur in Bankfilialen, auf der Post und an Geldautomaten zu haben war. Heute kann über FinTech-Apps oder durch Kooperationen von Finanzinstituten untereinander Bargeld nahezu überall bezogen werden. Zum Beispiel an den Kassen in der Migros, im Coop, im Volg, an Tankstellen und an zahlreichen weiteren Verkaufspunkten. Also punktgenau dort, wo Konsumentinnen und Konsumenten täglich unterwegs sind und sich ohnehin aufhalten.
Das ist komfortabel und diese Art des universellen Bargeldbezugs wird laufend ausgebaut. Deshalb ist der Abbau von Geldautomaten oder auch von Bankfilialen – zumindest was die Bezugsmöglichkeiten von Bargeld angeht – nicht beunruhigend und reisst auch keine Servicelücken. Das Gegenteil ist der Fall, die Möglichkeiten zum Bargeldbezug haben sich in den letzten Jahren starkt erweitert. Und sie werden weiterhin ausgebaut.
Die Zahl der physischen Geldautomaten hat sich seit 2020 tatsächlich reduziert. Die Zahl der "virtuellen Geldautomaten" mit Bezugsmöglichkeiten überall im Handel hat sich im selben Zeitraum jedoch massiv erhöht.