Der Jurist und Geschäftsleiter der Mutuo AG, Dr. Rocco Aresta, beleuchtet in seinem Artikel Crowdlending als Trend und untersucht, inwieweit Crowdlending das Geschäft von Banken und Kreditvermittlern beeinflusst.
Trend Crowdlending im Schweizer Kreditmarkt:
Eine Konkurrenz für Banken und Kreditvermittler?
Seit der Gründung der ersten Crowdlending-Plattform Cashare 2008 haben stetig mehr solcher Unternehmen den Schweizer Markt betreten, so dass bis Ende April 2017 vierzehn dieser Plattformen mit Sitz in der Schweiz tätig waren. Da Crowdlending-Unternehmen sich vor allem in den letzten Jahren eines starken Wachstums erfreuten, nämlich um 597% von einem Gesamtvolumen an neu abgeschlossenen Krediten von CHF 7.9 Millionen in 2015 auf CHF 55.1 Millionen im Jahr darauf, stellt sich nun die Frage, inwieweit diese Entwicklung für den Markt der Kreditvermittlung in der Schweiz einflussreich sein könnte. Zu diesem Zweck sollen im Folgenden die Kundenzielgruppen und Konditionen der vermittelten Kredite verglichen werden, um zu betrachten, inwiefern bei diesen eine Überschneidung besteht, welche auf eine mögliche Konkurrenz zwischen den beiden Branchen hindeuten würde.
Während Kreditvermittler in der Schweiz ausschliesslich Konsumkredite an private Kunden offerieren, werden über Crowdlending-Plattformen mittlerweile drei Arten von Kreditvermittlungen angeboten. Mit Consumer Crowdlending werden Kredite an Privatpersonen vergeben, beim Business Crowdlending seit 2015 KMU-Kredite an Unternehmen und über das Real Estate Crowdlending seit Kurzem auch Kredite in Form von Hypotheken. Somit können sowohl Private als auch Unternehmen von einer solchen Finanzierung profitieren. Jedoch sind bei Crowdlending-Plattformen die Voraussetzungen, um einen Kredit zu erhalten, oftmals noch strenger als bei Kreditvermittlern, so dass 80-90% der Anträge direkt wegen Ausfallrisiko abgelehnt werden. Hingegen können Kunden mit einer etwas schlechteren Bonität durch die Hilfe eines Kreditvermittlers wie zum Beispiel die Mutuo AG ihren Antrag bei der Kreditbank verbessern und dadurch ihre Annahmechance erhöhen.
Von 2015 auf 2016 liess sich laut der Studie «Crowdfunding Monitoring Schweiz 2017» ein starkes Wachstum beim Volumen und der Anzahl an vermittelten Krediten über Crowdlending-Plattformen feststellen. Letztere stiegen von 266 auf 840, während das Gesamtvolumen sich von CHF 7.9 Millionen auf CHF 55.1 Millionen und somit um 597% erhöhte. Das starke Wachstum lässt sich dabei vor allem den KMU-Krediten zuschreiben, welche seit 2015 neu über den Crowdlending-Markt vermittelt werden und von einem kleinen Anteil im Vorjahr schon auf ein Volumen von CHF 28.1 Millionen gestiegen sind. Von den CHF 55.1 Millionen stammen aber nur CHF 2.9 Millionen von Immobilienkrediten und CHF 24.1 Millionen von privaten Konsumkrediten.
Was einzig die Kreditvermittlung betrifft, gibt es keine Daten, welche einen direkten Vergleich erlauben würden, weswegen zur Referenz nur die Anzahl und das Volumen der schweizweit im Jahr 2016 vermittelten Krediten herbeigezogen werden können. So lag 2016 mit 136'155 die Anzahl an neu vergebenen Konsumkrediten etwas tiefer als Im Vorjahr und das Gesamtvolumen verzeichnete einen leichten Anstieg mit CHF 3'923 Millionen, so dass diese Werte allgemein relativ stabil blieben. Da bei diesen Beträgen aber unbekannt ist, wie viele davon wirklich nur über Kreditvermittler verliefen, lassen sie keinen repräsentativen Vergleich zu. Wenn jedoch die Anzahl an neu vergebenen Konsumkrediten von 136'155 mit den 840, die 2016 über Crowdlending-Plattformen vermittelt wurden, verglichen werden, bleibt deren denkbarer Einfluss mit einem prozentualen Anteil von 0.6% eher klein.
In beiden Branchen wird der Kreditzins ähnlich aufgrund einer Betrachtung von Bonität, Laufzeit sowie Risiko bestimmt. Vor allem im Vorjahr galt der tiefere Zins beim Crowdlending als wichtiger Vorteil für dessen Kredite, als zum Beispiel bei Cashare ein Mindestzinssatz von 4.8% galt und die Zinssätze im Durchschnitt zwischen 8.47-11.11% lagen, während Letzterer beispielsweise bei der Cembra Money Bank 11.33% betrug. Doch seit 2016 der Höchstzinssatz für Konsumkredite neu bei 10% festgelegt wurde und das Crowdlending-Unternehmen Lend zum Beispiel Zinssätze von 4.5-9.8% anbietet, besteht zwischen den Zinssätzen bei Kreditvermittlern und dem Crowdlending keine so grosse Differenz mehr, so dass Crowdlending-Kredite in diesem Bezug weniger vorteilhaft sind.
Durch den Vergleich der jeweiligen Kreditangebote stellt sich heraus, dass nur zu einem kleinen Teil die gleiche Kundengruppe sowohl für Kreditvermittler als auch Crowdlending-Unternehmen von Bedeutung ist. Da Crowdlending-Plattformen nebst Konsumkrediten nun auch KMU- und Immobilienkredite anbieten, welche von Kreditvermittlern nicht abgedeckt werden, besteht nur ein Wettbewerb sofern private Kunden betroffen sind. Von diesen haben aufgrund der strengeren Annahmeprüfung beim Crowdlending viele gar keine Chance diese Plattform zu nutzen, so dass dieses Angebot auch trotz der besonders im Vorjahr niedrigeren Zinsen nur für Kunden mit einer guten Bonität wirklich eine Option ist. Hingegen können sich Kunden mit einer etwas schlechteren Bonität bei Kreditvermittlern doch auch einen positiven Kreditentscheid erhoffen. Zudem ist ebenfalls von Bedeutung, dass beim Crowdlending grundsätzlich eine Internetgebundenheit besteht. Aus diesem Grund wären auch eher nur Kreditvermittler von einer möglichen Konkurrenz betroffen, die zur Kundengewinnung auf ihren Internetauftritt setzen.
Somit sollte das Crowdlending trotz seines starken Wachstums, dessen Anzahl an neu vermittelten Krediten aber noch relativ klein ist, und aufgrund der Überschneidung nur einer bestimmten Kundengruppe in naher Zukunft keine grosse Konkurrenz für Kreditvermittler darstellen, und folglich eine längerfristige Koexistenz zwischen den beiden Branchen möglich sein.
Autor: Dr. Rocco Aresta, Jurist und Geschäftsleiter
Mutuo AG
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Website: www.mutuo.ch