Seit Dezember 2023 ist der Berliner Neo-Broker Trade Republic im Besitz einer Vollbanklizenz. Mit dieser Lizenz ist nach Aussagen des FinTechs auch die Absicht verbunden, "eines der wichtigsten Finanzinstitute Europas aufzubauen".
Wo steht Trade Republic heute?
Das Unternehmen ist generell zurückhaltend mit Zahlen, hat nun aber fünf Jahre nach Gründung die bisher eher tief gestapelten Kennziffern aktualisiert.
Trade Republic hat heute 4 Millionen Kundinnen und Kunden in 17 Ländern, die ihr Geld beim Neo-Broker anlegen. 2.5 Millionen dieser Kunden sind im Heimmarkt Deutschland zu Hause. Das FinTech funktioniert nicht als reine Handelsplattform, sondern stellt vor allem Sparpläne in den Vordergrund. Das Unternehmen positioniert sich denn auch selbst als grössten Broker und als die führende Sparplattform in Europa.
Hinter dieser Etikette steht die erklärte Mission "den einfachen und günstigen Vermögensaufbau für jeden" zu ermöglichen. Das FinTech sieht sich in der Rolle als "Innovationsmotor der Finanzbranche" und nimmt für sich in Anspruch, nicht nur als erster Anbieter in Deutschland den günstigen Handel angeboten, sondern auch ETF-Sparpläne als neue Form des Sparbuches etabliert zu haben.
Die Kombination von Anlegen und Sparen scheint anzukommen, Trade Republic verwaltet aktuell ein Vermögen von rund 35 Milliarden Euro. Auf nicht investierte Cash-Bestände gewährt das FinTech seinen Kundinnen und Kunden den bemerkenswerten Zins von 4 Prozent. Diesen Rekordzinssatz bezeichnet Trade Republic als "die höchsten Zinsen ohne Sternchen" und meint damit, dass auf kleingedruckte Ausschlüsse und verklausulierte Einschränkungen verzichtet wird.
Das Geschäftsjahr 2023 hat Trade Republic profitabel abgeschlossen – trotz Weitergabe der Zinsen an ihre Kunden, wie die Bank schreibt. Der Gewinn soll sich im zweistelligen Millionenbereich bewegen.
Mit der aktuellen Produktinnovation wird der Neo-Broker auch zur Neo-Bank
Die Vollbanklizenz öffnet dem FinTech alle Türen für Angebote, die verstärkt auch klassische und Neo-Banken konkurrenzieren. Trade Republic überrascht zum Start des Jahres mit der Einführung seiner Karte, die in Sachen Leistungen und Konditionen bestehende Player offensiv angreift.
Die neue Debitkarte verbindet das Bezahlen mit dem Sparen. Das ist nicht erstaunlich, weil Spar-Angebote in allen erdenklichen Formen zur DNA des Unternehmens gehören. Das Spar-Modell mit der Karte funktioniert für Kundinnen und Kunden so schmerzlos wie effizient: für alle Kartenzahlungen gibt's 1 Prozent des gezahlten Betrages nicht als Cashback-, sondern folgerichtig als Saveback-Prämie. Diese Beträge werden laufend in frei wählbare Sparpläne investiert. Zudem können Kunden Beträge automatisch aufrunden, um den Spareffekt zu forcieren.
Dieses Angebot ist insofern spannend, als auch Menschen mit geringen Einkommen in ihrem ganz normalen Zahlungsalltag Sparpläne bewirtschaften und Vermögen aufbauen können. Nebenbei und automatisch, ohne aktiv sparen oder nicht vorhandenes Geld investieren zu müssen. Das Kapital kommt durch alltägliche Ausgaben, die ohnehin anfallen.
Was kann die neue Karte?
Neben dem automatischen Sparen mit 1 Prozent Saveback fällt die neue Karte durch einige weitere kostensparende Eigenschaften auf.
Konto und Kartennutzung bleiben kostenlos, monatliche Gebühren fallen nicht an. Nutzerinnen und Nutzer können weltweit unbegrenzt kostenlos Geld abheben – einzig für Geldbezüge unter 100 Euro wird eine Gebühr von 1 Euro belastet.
Für Online- und Offline-Zahlungen verspricht Trade Republic Währungswechselkurse ohne Aufschläge. Zudem werden die Cash-Bestände auf dem Konto ebenfalls mit 4 Prozent Zinsen verwöhnt.
Die Karte selbst gibt's wählbar als virtuelle Karte kostenlos oder als physische Classic-Karte für eine einmalige Ausgabegebühr von 5 Euro. Wer's etwas exklusiver mag und sich selbst auch unterwegs spiegeln möchte: die auffällige und schön ausgeführte Mirror-Karte für einmalig 50 Euro setzt die gewünschten Akzente und bringt ein zusätzliches Lifestyle-Element in die Brieftasche.
Wird Trade Republic anderen Neo-Banken gefährlich?
Bisher war Trade Republic ein Neo-Broker und eine Sparplattform mit einem sehr breiten Angebot an Investitions- und Spar-Möglichkeiten. Nun setzt das FinTech auch als Neo-Bank sichtbare Zeichen.
Revolut, N26 und andere Neos sind nicht grundsätzlich anders aufgestellt, sie haben ihr Geschäft lediglich in einer anderen Reihenfolge aufgebaut. Zuerst gab's die Leistungen einer Bank, erst später nach und nach kamen Spar- und Investitions-Angebote dazu.
Bei Trade Republic läuft das umgekehrt, das FinTech hat in den letzten fünf Jahren ein extrem breites Angebot an Invest-Möglichkeiten aufgebaut und wird nun verstärkt zur Neo-Bank. Im Bereich des Sparens operiert Trade Republic breiter, kreativer und konsequenter als andere Neo-Banken. Zudem haben die Bank-Ambitionen mit dem aktuellen Angebot von Konto und Karte mit Sicherheit noch nicht den Gipfel des Erwartbaren erreicht. Ein starker Anfang ist es allemal.
Das neue Kartenangebot glänzt mit einigen Besonderheiten – es ist in Ausprägung und in den Konditionen nicht nur konkurrenzfähig, es ist sehr attraktiv. Das Zinsangebot von 4 Prozent auf Cash-Beständen ist mutig und hat das Unternehmen seit der Einführung Zinseinnahmen gekostet. Es hat aber auf der anderen Seite als Magnet funktioniert und dazu beigetragen, die Zahl der Kundinnen und Kunden innerhalb eines Jahres zu verdoppeln.
Das Unternehmen scheint den Markt verstanden und einige Dinge in den letzten fünf Jahren sehr richtig gemacht zu haben. Mit Angeboten, Benefits, Zinsen, Gebühren oder besser Nicht-Gebühren folgt Trade Republic einer Strategie, um nach eigenen Aussagen "eine der wichtigsten Banken im Leben für eine neue Generation von jungen Sparern" zu werden. Das kann gelingen, weil das FinTech Wünsche, Ziele, Möglichkeiten und auch Einschränkungen dieser neuen Generation von jungen Sparern ins Zentrum seiner Strategien stellt – auf glaubwürdige Weise und in überprüfbarer Form.
Trade Republic ist gut finanziert und verfügt nach eigenen Aussagen über genügend finanzielle Reserven für die nächsten Jahre. Das ist insofern wichtig, als weitere Angebote auch in Zukunft mit Investitionen verbunden sein werden. Dabei wird dem FinTech aller Voraussicht nach der Schnauf nicht ausgehen, was nicht jedes FinTech und nicht jede Neo-Bank von sich behaupten kann.
Etablierte Neo-Banken werden nun nicht zittern, aber sie haben mit Trade Republic einen starken und ernstzunehmenden Konkurrenten mit im Spiel. Ein Unternehmen, das ziemlich konsequent das Ziel verfolgt, "eines der wichtigsten Finanzinstitute Europas aufzubauen".