Wohnen & Leben

Die Mobiliar zieht Wohneigentums-Plattform Liiva den Stecker

Illustration einer Frau in ihrer Eigentumswohnung
Quelle: Liiva

"Erfolgversprechende Positionierung" ist offenbar nicht gelungen, Geld für geplante Neuausrichtung wird nicht gesprochen.

Wohneigentümerinnen und Hausbauer sind für Banken und Versicherer interessante Zielgruppen. Deshalb haben Raiffeisen und Mobiliar im Rahmen eines Joint Ventures im Sommer 2021 die digitale Wohneigentums-Plattform Liiva in den Markt gestellt. Zwischen Kauf, Besitz und Verkauf einer Liegenschaft war die Plattform über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie mit Rat, Tat und konkreten Leistungen zur Stelle.

Liiva hat Wohneigentümern und Hausbesitzerinnen dabei geholfen, ihre Immobilie zu managen. Mit zahlreichen Online-Services und praktischen Tools hat Liiva Nutzerinnen und Nutzer bei Finanzierung, Unterhalt und Modernisierung ihrer Immobilie unterstützt.

Mit zu den Services gehörten zum Beispiel die laufende Wertentwicklung der eigenen Immobilie, individuelle Renovationsvorschläge, Kostenberechnungen, Handwerkersuche, Unterhaltsplaner und mehr. Mit an Bord ein Blog mit Informationen rund um Hauskauf, Unterhalt und Renovationen.

Liiva wurde betrieben als vielseitige und smarte Plattform, deren Leistungen mehr als 14'000 Nutzerinnen und Nutzer in Anspruch nehmen.

Rückzug von Raiffeisen

Bereits ein Jahr nach der Gründung hat sich der Bankpartner aus dem Joint Venture zurückgezogen, die Raiffeisen-Anteile wurden von der Mobiliar übernommen.

Raiffeisen wollte sich nach einer Medienmitteilung auf eigene Kanäle konzentrieren, die Mobiliar war damit Alleinbesitzerin der Plattform.

Nun wirft auch die Mobiliar das Handtuch

Zwei Jahre später wirft auch die Mobiliar das Handtuch und stellt den Betrieb von Liiva ein. Der Versicherer kommuniziert das Aus für Liiva nicht offensiv, lediglich als Mitteilung auf der Website für direkt betroffene User:

"Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass die Liiva-Plattform am 25. Juli 2024 ihren Dienst einstellen wird. Trotz grossem Engagement des gesamten Liiva-Teams ist es uns nicht gelungen, eine Wohneigentumsplattform mit einer erfolgversprechenden Positionierung aufzubauen. Aus diesem Grund haben wir in den letzten Monaten eine umfassende Neuausrichtung vorangetrieben und die Idee eines digitalen Finanzassistenten für konkrete Lebensereignisse getestet. Trotz vielversprechender Ergebnisse der Product-Market-Fit-Tests konnten die notwendigen Investitionen für den zukünftigen Betrieb von Liiva als Finanzassistent leider nicht gesichert werden. Daher wird die Plattform Liiva am 25. Juli 2024 ihre Dienste einstellen."

Nach dieser Lesart ist die Weiterführung offenbar an den Finanzen gescheitert. Die Mobiliar ist die alleinige Besitzerin der Plattform, folglich dürfte die Unlust zu den notwendigen Investitionen primär im eigenen Hause zu orten sein.

Nutzerinnen und Nutzer haben nun die Möglichkeit, die individuellen Daten ihrer Liegenschaft und Projekte zu exportieren. Ende Juli zieht die Mobiliar der Plattform den Stecker. Wie das Leben für das 16-köpfige Team von Liiva weitergeht, ist bisher nicht kommuniziert worden.

 Die UBS arbeitet mit Key4 in diese Richtung, die Helvetia mit Moneypark.  Am Mittwoch ist nun ein weiteres sogenanntes «Ökosystem rund ums Thema Wohnen» live gegangen. 

Ist die Zeit von Okösystemen für Wohnen und Leben vorbei?

Wohnen, Leben und Wohneigentum sind vitale Themen, die Raum für Plattformen und Ökosysteme mit einer breiten Palette an Services bieten. Verschiedene Banken und Versicherer sind in der Schweiz mit Plattformen im Markt, die mit Liiva mehr oder weniger vergleichbar sind. Aus naheliegenden Gründen. Die Themen Wohnen und Leben mit Fokus auf das eigene Haus oder die eigene Wohnung stehen im Zentrum zahlreicher Menschen. Diese Themen kommen auch nicht aus der Mode.

Zum Beispiel mit Houzy ist bereits seit 2017 eine Plattform aktiv, die in ihren umfassenden Leistungen und Services dem Konzept von Liiva sehr nahe kommt. Mit vier Jahren Vorspung auf Liiva hat Houzy heute nach eigenen Angaben mehr als 150'000 Nutzerinnen und Nutzer, also zehn Mal mehr als Liiva. Diese Nutzer haben insgesamt 235'000 Liegenschaften digital auf der Plattform erfasst.

Hinter Houzy stehen unter anderen die auch finanziell beteiligten Partner UBS (mit Key4) und Baloise. Also eine Bank und ein Versicherer, wie zu Beginn bei Liiva. Kam Liiva zu spät? Schöpfen UBS und Baloise ihre Immo- und Hypo-Kunden-Potenziale besser aus als Raiffeisen und Mobiliar? Oder fehlte der Mobiliar, nach dem Absprung der Raiffeisen, die Entschlossenheit und die finanzielle Kraft, ihre Startup-Tochter zur Blüte zu bringen?

Das schnelle Wachstum von Houzy lässt zumindest darauf schliessen, dass die Grösse des Marktes Potenzial für mehrere Plattformen bietet.