Die Zürcher Neo-Bank Relio startet als Vertical und bezeichnet ihr Online-Business-Konto mutig als "die neue Business Class" für Freelancer, Startups und KMU. Das Startup ist die erste Neo-Bank in der Schweiz, die sich mit einem digitalen Geschäftskonto ausschliesslich auf die Anforderungen und Besonderheiten von kleineren und grösseren Unternehmen konzentriert.
Relio hat nach zwei Jahren Vorbereitung und Entwicklungsarbeit im März 2023 die FinTech-Lizenz von der FINMA erhalten. Jetzt ist die Neo-Bank gestartet und nimmt KMU unterschiedlicher Ausrichtungen an Bord. Die Zeit zwischen FinTech-Lizenz und Oktober 2023 hat Relio damit verbracht, das selbst entwickelte Frontend fertigzustellen. Dieses setzt auf die Kernbanken-Engine von SaaScada auf und soll sämtliche Funktionen und Leistungen möglich machen, die Relio für Firmenkunden erbringen will.
Finanziert ist das FinTech mit insgesamt 3.7 Millionen Franken aus zwei Finanzierungsrunden, 2021 und 2023, für die TX Ventures (TX Group), SIX Fintech Ventures (SIX Group) und der High-Tech Gründerfonds stehen.
Das flexible Pricing
Das Pricing ist flexibel und trotzdem fix. In der neuen Business Class dürfen KMU mitfliegen, die monatlich eine Fixgebühr ab CHF 19 bezahlen. Das "ab" hängt damit zusammen, dass Relio die effektive Monatsgebühr pro Kunde individuell für den jeweiligen Business Case berechnet, abhängig von der Komplexität der Geschäftstätigkeit, Branche, Business Modell, Eigentümerstruktur und anderen Faktoren.
Die individuell festgelegte Fee soll laut Relio allerdings keine bösen Überraschungen liefern, sondern ohne versteckte Zusatzkosten als gleichbleibende monatliche Fixgebühr Kostensicherheit bieten, unabhängig von der Anzahl an Transaktionen, Debitkarten oder sonstiger Kontonutzung.
Wie will Relio sich von klassischen und anderen Neo-Banken abgrenzen?
Klassische Banken bieten seit jeher Leistungen und Services für KMU. Und zahlreiche Neo-Banken wie Revolut, Wise, N26, Yapeal und andere haben schon länger Business-Konten im Angebot. Für Selbstständige und für KMU, mit den Services, die kleinere und mittelgrosse Unternehmen brauchen und deshalb erwarten.
Ohne deutlich erkennbare Unterschiede könnte es für ein Startup schwierig werden, auf diesem bereits breit beackerten Feld zu landen. Warum rechnet sich Relio dennoch grosse Chancen im KMU-Markt aus? Relio-Co-Gründer, Milos Stokic, hat für uns die aus seiner Sicht markanten Unterschiede formuliert.
Womit die Neo-Bank Relio Unterschiede schaffen will
Zum einen, sind die Gründer überzeugt, bespielt Relio ein sehr grosses Feld: 99 Prozent aller Unternehmen in der Schweiz sind KMU, also mehr als 600'000 Firmen. Dazu kommen laufende Neugründungen. Im einen wie im anderen Fall erkennen die Gründer Hürden und Probleme, die in ihrer Betrachtung von anderen Banken bisher nicht gelöst worden sind.
Zum anderen gibt's in der Schweiz keine digitale Bank, die sich ausschliesslich und zu hundert Prozent auf KMU konzentriert und deshalb in der Lage ist, diese Kunden mit spezifischen Leistungen ausgerichtet auf deren Bedürfnisse zu bedienen.
Zum Dritten, und damit ziehen die Gründer die in ihrer Betrachtung stärkste Karte: ein KMU, das nicht dem gängigen Standard entspricht, bleibt früher oder später in den Maschen der Compliance hängen. Bei Relio nicht, sagen die Gründer, weil die Neo-Bank genau auf solche Unternehmen ausgerichtet ist.
Früher hängenbleiben heisst: die Kontoeröffnung kann für KMU, die nicht ins Standard-Compliance-Verfahren passen, Wochen oder Monate dauern. Mit Abklärungen, Rückfragen, Dokumenten-Austausch und Bergen von Papier, um sämtlichen regulatorischen Anforderungen an KYC und Geldwäsche zu genügen.
Später hängenbleiben heisst: veränderte Geldflüsse, Zahlungen aus neuen Ländern oder andere Faktoren können bei klassischen Banken wie auch bei Neo-Banken zur temporären Kontosperrung führen, im schlimmsten Fall zum Rauswurf des KMU, weil es einfach anders tickt und eben nicht wie ein Standard-KMU geschäftet.
Wann entspricht ein KMU dem gängigen Standard – und wann eben nicht?
Eine Schweizer Bäckerei mit einigen Angestellten und regelmässigen Lohnzahlungen, welche die Rechnungen ihrer Schweizer Lieferanten in Schweizer Franken bezahlt und auch sonst durch keine exotischen Besonderheiten auffällt, ist das Musterbeispiel eines KMU, dem die Etikette "Standard" verliehen werden darf.
Relio geht davon aus, dass mit geschätzten 80 Prozent der Grossteil der KMU diesem Standard-Lager zugeordnet werden kann. Diese können ihr Konto online eröffnen und praktisch im Handumdrehen damit arbeiten. Und, ist die Neo-Bank überzeugt, weil Relio Konto und Leistungen für KMU nicht als zweite Schiene, sondern ausschliesslich und exklusiv für diese Kundengruppe anbietet, sollen Firmenkunden von Funktionen und Services profitieren können, die nicht "ein bisschen passen", sondern punktgenau das liefern, was ein KMU braucht. Das soll auch für das "K" im KMU gelten, also für Selbstständige, Freelancer und junge Startups.
Zur anderen Kategorie ausserhalb des gängigen Standards gehört zum Beispiel ein Handelsbetrieb mit Holding-Struktur, mehreren Inhabern, zwei davon mit ausländischem Pass, zahlreichen Lieferanten und Kunden in der Schweiz, in Osteuropa und in Portugal, mit Geldflüssen in verschiedene Richtungen und in mehreren Währungen. Kommen durch Expansion und weitere Geschäfte neue Finanzströme plötzlich auch aus Brasilien, schrillen bei klassischen Banken und Neos sämtliche Compliance-Glocken und der Kunde läuft Gefahr, dass Zahlungen vorübergehend blockiert werden oder sogar sein Konto gesperrt wird.
Komplexe KMU, so das Versprechen von Relio, kommen sehr viel schneller zu ihrem Konto als bei jeder anderen klassischen oder Neo-Bank. Ein bisschen komplex soll in 24 Stunden zu schaffen sein, ziemlich komplex kann zwei Tage in Anspruch nehmen, sehr komplex soll nicht Wochen, sondern wenige Tage dauern.
Eine automatisierte Compliance-Plattform soll das stemmen
Die Neo-Bank hat ihr Geschäftsmodell mit einem Algorithmus unterlegt, der die Compliance weitgehend automatisiert und intelligent durchprozessiert. Ein Algorithmus, der nach Aussagen des FinTechs alles in den Schatten stellen soll, was bei klassischen und bei Neo-Banken im Einsatz ist. Keine Frage, dass dabei sämtliche regulatorischen Anforderungen eingehalten werden.
Dieser schlaue Algorithmus soll bereits bei der Kontoeröffnung greifen und auch später im Tagesgeschäft – zum Beispiel bei registrierten Abweichungen vom gewohnten Kunden-, Konto- und Zahlungsfluss-Verhalten. Zusätzliche Abklärungen und "Handarbeit" sollen so auf ein Minimum reduziert werden. Das entlastet Kunden wie auch die Neo-Bank und soll Zahlungs-Stopps oder Kontosperrungen verhindern.
In einem Satz: Relio will als Vertical mit ausgebauten Leistungen und einem USP das erste Schweizer Digital-Konto für KMU mit automatisierter Compliance-Plattform anbieten.
Welche Funktionen bietet Relio zum Start?
KMU können ab sofort bei der Neo-Bank onboarden und ihr digitales Firmenkonto nutzen. Zum Start bietet das Konto die gängigen Basisfunktionen, notwendige Erweiterungen sollen jedoch bald folgen. Zum Beispiel der Geldwechsel zu fairen Kursen und das Halten mehrerer Währungen in separaten Wallets. Oder, wichtig für das Kernversprechen von Relio, internationale Transaktionen ohne Zusatzgebühren. Zudem sollen KMU selbstständig physische und virtuelle Debitkarten an Teams und Mitarbeiter mit individuellen Budget-Limits vergeben können. Ebenfalls in Planung sind Software-Integrationen, damit bestehende Business- und Buchhaltungs-Tools mit der Relio-Oberfläche kommunizieren können und dieselbe Sprache sprechen.
Was im weiteren Ausbau erwartet werden darf, ist von heute aus gesehen noch ein bisschen Wundertüte, die von der Neo-Bank nach und nach geöffnet wird. Relio ist online und wird beweisen, ob die jüngste Neo-Bank ihr Versprechen "Compliance without Complications" einlösen kann und ob das etwas andere Online-Geschäftskonto Freelancer, Startups und KMU – einfache und komplexe – in grosser Zahl begeistern wird.