In einer Welt, in der sich die Krisen zunehmend zu überlappen scheinen, wird der öffentliche Blick umso mehr auf jene Branchen gerückt, die über eine ganz besondere Steuerwirkung verfügen – und die Finanzbranche ist definitiv eine der Wichtigsten davon. Die finanziellen Mittel, die hier täglich fliessen, entscheiden letzten Endes darüber, welche Bereiche gefördert werden und welche nicht.
Das Thema ESG ist aus dieser Gleichung nicht mehr wegzudenken. Das Kürzel steht für die Begriffe "Environmental", "Social" und "Governance" und bietet einen strategischen Rahmen, um Unternehmensziele einzuordnen. Das ESG-Konzept erstreckt sich von der CO2-Bilanz bis hin zu Inklusionsbemühungen, wobei nicht nur Regierungen zunehmend Druck auf Finanzeinrichtungen wie Banken ausüben. Auch Kundinnen und Kunden erwarten, dass ESG-Strategien priorisiert und die gesetzten Ziele ambitioniert umgesetzt werden.
Eine Umfrage der Deutschen Bank belegt: die Mehrheit der Anlegerinnen und Anleger in Deutschland wünscht sich, dass ihre Investitionen einen positiven Einfluss auf die Umwelt haben – und die Tendenz scheint weiter zu steigen. Denn während 2021 noch 75 Prozent der Befragten ganz oder zumindest teilweise dieser Aussage zustimmten, waren es im vergangenen Jahr bereits 78 Prozent. Zwar belegt ein Report der Global Sustainable Investment Alliance, dass mit rund 35.3 Billionen US-Dollar bereits mehr als ein Drittel des weltweiten Vermögens nach ESG-Prinzipien investiert werden, gleichzeitig kämpfen Banken aber noch immer häufig mit technologischen Herausforderungen, die ihnen eine zielgerichtetere Umsetzung ihrer ESG-Strategien erschweren.
Wo Wunsch und Wirklichkeit auseinanderklaffen
Die Festlegung eines ESG-Rahmenwerks und entsprechender ESG-Ziele ist der erste Schritt. Im nächsten ist es an den Banken, zu entscheiden, welche Daten sie für die Bewertung einbeziehen wollen – und schon hier ist der Punkt erreicht, an dem viele Probleme beginnen. Allein die Beschaffung der ESG-Daten stellt sich für viele als schwierig heraus. Manche der Daten sind intern vorhanden, dazu gehören zum Beispiel Informationen über Gehälter und Diversität. Andere müssen wiederum extern beschafft werden, wenn sich diese auf Benchmarks innerhalb der Branche oder Vorschriften von Drittanbietern beziehen. Aufgrund der diversen und teilweise äusserst dynamischen Datenquellen liegen die Informationen in unterschiedlichen Formaten vor und umfassen sowohl strukturierte als auch unstrukturierte Datentypen.
Um eine möglichst diverse Perspektive im Hinblick auf Umwelt, Soziales und Unternehmensführung zu erlangen, sammeln Banken grosse Datensätze aus dem öffentlichen Sektor, die neben der Privatwirtschaft auch Berichte der Regierung oder von wissenschaftlichen Einrichtungen einbeziehen. Dabei bemühen sie sich in der Regel mit Nachdruck darum, robuste Datensätze zu ESG-Kriterien und Nachhaltigkeitsindikatoren zu gewinnen, die für die Bewertung der Auswirkungen und die Erfüllung ihrer eigenen Verpflichtungen erforderlich sind. Die Bereiche, in denen die Daten dann zum Einsatz kommen können, sind vielfältig:
Banken untersuchen zum Beispiel die ESG-Risiken von Unternehmensportfolios, um die Auswirkungen auf deren Rating zu verstehen. Dienstleistungsunternehmen aus der Versicherungsbranche verwenden ESG-Daten, um Klimarisiken bei der Evaluierung von Versicherungspolicen miteinzubeziehen. Und Portfoliomanager nehmen Daten aus verschiedenen Quellen auf, um die Performance von Anlagen zu bewerten und dabei jeden einzelnen Fall hinsichtlich der relevanten ESG-Faktoren zu analysieren.
Eine Umfrage der Unternehmensberatung EY ergab, dass globale Vermögensverwalterinnen und Vermögensverwalter im Schnitt die Services von zwei bis fünf verschiedenen ESG-Drittanbieter-Unternehmen nutzen – bei einigen sind es sogar bis zu zehn.
Fehlende Standards erschweren die ESG-Datenerfassung
Um in der Praxis einen Mehrwert aus den gesammelten ESG-Daten ziehen zu können, ist es zunächst erforderlich, riesige Datenmengen zu normalisieren. Doch noch stehen Banken und andere Finanzdienstleister vor der Frage, wie sie dies dauerhaft umsetzen wollen. Macht es zum Beispiel Sinn, ein gemeinsames Datenmodell zur Verfügung zu stellen, an das sich alle Datenlieferanten halten müssen? Wie kann die Qualität der Daten überprüft werden, die in dieses Modell eingehen? Und auf welche Weise sollen sie übermittelt werden? Typische Vorgehensweisen sind beispielsweise die Übertragung via E-Mail, Programmierschnittstellen (API) oder über Secure File Transfer Protocol (SFTP). Angesichts der heutigen Anforderungen kommen diese Methoden allerdings schnell an ihre Grenzen. Einerseits können sie nicht unbegrenzt skaliert werden, andererseits sind die Sicherheitsmerkmale oftmals nicht ausreichend.
Doch nicht nur die Datenerfassung, auch deren Integration und Weiterverarbeitung gestaltet sich aufgrund der Vielzahl an Quellen und Formaten häufig als langwieriger Prozess. Dabei gilt es zunächst, alle Daten in einer Datenbank zusammenzuführen – unabhängig davon, ob sie intern gesammelt oder von externen Anbietern hinzugewonnen wurden. Sofern sie in dateibasierter Form vorliegen, werden die Daten unter Verwendung herkömmlicher Methoden an einem Ort bereitgestellt, entpackt und gelesen. Um die Daten in der Datenbank zu verknüpfen und schliesslich eine ganzheitliche Sicht auf die ESG-Situation des Unternehmens zu ermöglichen, greifen Finanzeinrichtungen wie Banken traditionell unter anderem auf die VLOOKUP-Funktion in Excel oder auf Fuzzy-Matching über RegEx-Anweisungen zurück. Im Prinzip werden bei beiden Methoden anhand vorgegebener Kriterien Daten gesucht und ausgegeben. In Zukunft ist dieser Ansatz jedoch nicht mehr tragbar, da es aufgrund der schieren Datenmenge zu grossen Verzögerungen kommen wird, die nicht nur kostspielig sind, sondern auch nicht genügend Kontrolle bieten.
Die moderne Cloud hilft von der Theorie zur Praxis
Banken haben längst verstanden, welch grosse Rolle Themen wie Klimawandel, Unternehmensethik und Corporate Governance für ihren zukünftigen Erfolg spielen. Die Erkenntnis allein reicht allerdings nicht aus. Mindestens ebenso wichtig ist es, die zahlreichen technologischen Herausforderungen, mit denen sie sich aktuell bei der Beschaffung und Weiterverarbeitung von ESG-Daten konfrontiert sehen, nachhaltig aufzulösen. In einer Umfrage von Deloitte gaben 35 Prozent der Führungskräfte an, die Offenlegung der ESG-Daten immer noch als die grösste Hürde zu empfinden, während ein weiteres Viertel den schwierigen Zugang zu qualitativ hochwertigen Daten beklagte. Banken und andere Finanzdienstleister, die hier durch die Lasten starrer Altsysteme bei der Umsetzung ihrer ESG-Strategie behindert werden, könnten auf lange Sicht nicht nur hinterherhinken, sondern gänzlich den Anschluss zur Konkurrenz verlieren, weil es ihnen schlichtweg nicht gelingen wird, den neuen Anforderungen gerecht zu werden.
Data-Plattformen bieten eine moderne Lösung, um an dieser Stelle Abhilfe zu schaffen. Sie erlauben einen nahtlosen Zugriff auf alle intern und extern gewonnenen ESG-Daten, die sich dadurch in alle Arbeitsprozesse integrieren lassen. Sie können Banken die Chance auf eine Single Source of Truth geben, in der alle Informationen nahezu in Echtzeit zentral zusammenfliessen und deshalb auch für eigene ESG-Analysen, -Workloads und -Tools genutzt werden können. Dadurch wird es endlich möglich, ESG-Daten nicht nur besser zu verstehen, sondern die Investition nachhaltiger und sozialer Projekte zusätzlich voranzutreiben, um dem Bedarf von Regierungen sowie von Kundinnen und Kunden endlich besser entsprechen zu können.